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Dienstag, 15. Juli 2025

Seoul 2025 - Goethe in Südkorea

Im vorangegangenen Bericht habe ich ja etwas darüber erzählt, dass Stockholm ein Umweg war, und dass unser eigentliches Ziel ganz woanders lag. Über einen speziellen Tarif hatten wir uns eine Reise nach Seoul geschossen. Seoul schwebte uns schon eine ganze Weile vor und als sich die Gelegenheit bot, ergriffen wir sie mit beiden Händen. Der Weg über Stockholm hatte den Nachteil, dass es natürlich mit einigen Flügen (irgendeinen Haken musste die Sache ja haben) verbunden war. 
Als wir am Abreisetag vom Hotel zum Check-in liefen hiess es schon, der Flug nach München hätte eine Std Verspätung. Ok, erstmal kein Problem, weil wir in MUC über zwei Std Aufenthalt gehabt hätten. Während des Wartens verspätete er sich nochmal und es wurde eng mit dem Anschlußflug. Als wir am Gate ankamen erfuhren wir, dass der Flug ausfallen würde, und kurz darauf hatten wir schon eine Benachrichtigung mit einer Umbuchung. Ich will nicht zu sehr in die Details gehen, aber es war am Ende so, dass wir nur eine Möglichkeit hatten an diesem Tag wegzukommen und sie auch angenommen haben. Das wir fast nicht mitgeflogen wären, weil die Buchung nicht im System des neuen Carriers war, setzte dem Ganzen noch die Krone auf. Aber dank des sehr freundlichen und engagierten Personals am Schalter von Aviators (die wickeln die Buchungen und auch Gepäck für LH in Stockholm ab), saßen wir mehr als 10 Std später als ursprünglich geplant in einem Flieger von Air China auf dem Weg nach Peking. Der Flieger war vom Komfort ähnlich wie ein LH Flieger und auch die Verpflegung war in Ordnung. Leider konnten die zuvor bestellten Sonderwünsche aber nicht berücksichtigt werden. Geschlafen habe ich nicht viel, weil der Flug über russischem Luftraum ging und mit 7.30 Std recht kurz war. 
 
 
 
Der Flughafen Peking ist mächtig. Allerdings hatte ich das Gefühl es sei nicht wirklich viel los. Ob es an der Uhrzeit gelegen hat, oder dem Terminal, weiß ich nicht. Dennoch war die schiere Größe des Terminals beeindruckend. Man merkt man auch gleich wo man ist. Soviele Kameras habe ich noch nie gesehen. Auf den Pavillions im Terminal waren Dutzende, und das auf einer Strecke von vielleicht 100m. Dafür gibt es hier ordentlich Personal. Kaum Wartezeiten und eine schnelle Abwicklung. Der Airport ist ja in Rekordtempo entstanden. Im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 ist das Terminal 3, das als größtes Flughafengebäude der Welt gilt, in vier Jahren entstanden und wickelt etwa 100Mio Gäste im Jahr ab. Wenn man aber genauer hinschaut erkennt man  auch warum es so schnell ging. Hinter den Kulissen bröckelt es und die Baumängel werden sichtbar. Die Klotür z.b. sah aus wie aus einer Westernbar. Schonmal aus den Angeln gerissen und notdürftig wieder drangeflickt. Aber egal, zumindest funktionieren die Abläufe und wir kamen zwar später los, aber haben am Ende alles aufgeholt und sind 20min vor Plan in Seoul gelandet. Schon beim Aussteigen wussten wir unser Gepäckband und sage und schreibe 30min nach der Landung hatten wir schon unsere Koffer. Weitere 10min später saßen wir im Taxi zu unserem ersten Abendessen. Ja, eigentlich wären wir etwa sechs Std vorher angekommen und hätten bequem im Hotel einchecken und schonmal die Gegend erkunden können, aber so mussten wir uns beeilen, denn das Restaurant hatte Verständnis für unser Problem, und wollte uns die Reservierung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt aufrecht erhalten. Dazu stand ich immer wieder mit ihnen in Verbindung. Wir konnten uns weder frisch machen noch umziehen, und auch das Gepäck haben wir grade mitgenommen. Aber solange wir nicht in Badelatschen ankämen, wollte man uns die Tür öffnen.
Und was soll ich sagen? Wir hätten was verpasst. Das Légume, das einzige besternte vegane Restaurant des Landes, hat voll abgeliefert. So lecker, innovativ und geschmacksintensiv, und dazu ein lockeres und freundliches Team. Top! Endlich waren wir angekommen und zwei/drei Stunden in denen wir nicht unter Spannung standen, sondern verwöhnt wurden. So durfte es weitergehen.
 
 
 
Légume 
 
Den check-in im Conrad hatte ich schon für spät angekündigt und als wir gegen 22h dort eintrafen war es auch ruck-zuck erledigt. Das Zimmer war schön groß und geschmackvoll. 
Nächster Morgen... Ich wachte erst nach 10 Std Schlaf auf. Konnte mich gar nicht mehr erinnern wann ich das letzte mal so lange geschlafen hatte. Jedenfalls sind wir runter zum Frühstück wo wir erstmal warten mussten. Ich war doch erstaunt wieviele Leute (und vor allem junge Leute) sich so ein Hotel leisten. Aber in Asien ist man halt sehr statusbewusst und gönnt sich gerne so einiges. Da passt das Conrad dann auch gut rein. Aber auch hier merkte man wieder wie effizient und motiviert die Leute arbeiten. Obwohl es rappelvoll war, lief alles wie am Schnürchen. Hinterher sind wir dann losgezogen. Erstmal zum Nordpalast. Ich erspare mal die Koreanischen Namen, weil ich sie mir auch kaum merken kann. Ohnehin ist das Koreanische echt nicht einfach. Selbst die einfachsten Wörter wollten noch nicht so recht flutschen. Unser selbstgestecktes Ziel schon "Danke" und "Guten Tag" am ersten Tag zu können, konnten wir getrost als gescheitert bezeichnen. Was bei uns knappe, zweisilbige Wörter sind, und auch in anderen Sprachen oft so ist, sind im Koreanischen gerne 5 oder mehr. 
 
Blick auf den Gwanghwamun Platz 
 
Sonntags war an so einem Spot natürlich gut was los. Ob es eher viel oder wenig war, kann ich nicht beurteilen, aber da wir grade zum Wachwechsel ankamen standen einige Besucher vor dem mächtigen Haupttor rum. Der Palast selbst ist, obwohl prinzipiell sehr alt (14.Jh), neueren Datums, weil viel während der japanischen Besatzung Mitte des 20.Jh zerstört worden war. Der Versuch der Assimilation scheiterte aber und so wurde vieles hinterher wieder anhand von alten Bauplänen neu aufgebaut. Das ist nicht minder beeindruckend und dementsprechend gut besucht, vor allem die Haupthallen. Dafür war in den seitlichen Bereichen wenig los, so dass wir teilweise auch allein dort waren. Aber die Anlage ist schon beeindruckend und mit über 5.4Mio m² kaum zu erfassen. 
 
 
 
 
 Der Nordpalast
 
Beeindruckend war auch die Anzahl an Menschen die in Hanbok, den traditionellen Trachten, rumliefen. Aber die Erklärung ist einfach: Es gibt viele Verleihe davon und wenn man darin gekleidet an einen kulturellen Ort kommt, zahlt man keinen Eintritt. Das aber der Eintritt meist weniger kostet als die Leihe, bedenken manche nicht. 
 
 
Instagram ist überall 
 
Wir sind im Anschluß noch nach Bukchon, einem traditionellen Viertel mit seinen alten Häusern gelaufen. Diese Viertel bzw Gebäude heissen Hanok. Die Häuser sind denkmalgeschützt und sehr schön, wenn man sie denn findet, denn manchmal stehen nur einzelne noch rum. Allerdings gibt es in Bukchon auch ein paar Straßen, die die heissgeliebten Influencer anziehen wie Mist die Fliegen. Wir jedenfalls haben nicht nach diesen Straßen gesucht und uns an den Holzhäusern erfreut, die wir zu Gesicht bekamen. In einem dieser Häuser lasen wir im Schaufenster einer Karikaturistin, dass sie innerhalb von einer Minute porträtieren würde. Soviel Ziet musste sein, und auch wenn wir am Ende fast 10 Minuten drin waren, war die meiste Zeit für einem kleinen Plausch draufgegangen.
 
 
Wenn es jemand interessiert: Das sind die beiden 
Reisenden, die euch hier von ihren Reisen erzählen
 
Stattdessen besuchten wir das Künstlerviertel Insa-Dong und ließen uns durch die geschäftige Fußgängerzone treiben bevor wir noch den Jogyesa Tempel besuchten, einen alten buddhistischen Tempel mit einem schönen Schnurbaum im Hof, der bunt geschmückt wird. 
 
 
 
Jogyesa Tempel 
 
Leider hatten aber auch nicht mehr viel Zeit, weil wir viel Zeit im Palast verbracht hatten und es schon später Nachmittag war. Das heisst, Ihr werdet es ahnen: Essen gehen. Eine Sache, die wir etwas schade fanden, weil sie uns immer etwas Zeit raubte, war, dass man Abendessen eher früh einnimmt. Dinner ab 17h ist eher die Regel als die Ausnahme, zumindest für die gehobene Gastronomie. Für unsere täglichen Erkundungstouren war das etwas schade, aber es heisst ja auch so schön: Andere Länder, andere Sitten. Wir waren jedenfalls im Ryunique, einem Resto, dessen Konzept mich an das Shinmonzen Yonnemura (s. Kyoto Blogpost) erinnert hat. Koreanischer Chef, mit Ausbildung in Australien und London, aber mit einem Faible für die japanische und französische Küche. So kam ein sehr internationales Menü auf den Tisch, bei dem auch die koreanischen Wurzeln nicht zu kurz kamen. Der Service war dabei perfekt und wir haben einen tollen Abend verbracht, bei dem wir vollends von der koreanischen Gastfreundschaft überzeugt wurden.
Es ging sogar soweit, dass ich mich erdreistete zu fragen, ob ich ein Trinkgeld dalassen dürfte. In Ostasien eigentlich unüblich, aber da wir rausgehört hatten, dass unser Kellner im Ausland gelebt haben musste, sprach ich hin mit allem Respekt an und machte ihm auch klar, dass ich mit jeglicher Antwort klar käme. Er meinte daraufhin nur, dass er selbst es nicht so eng sehen würde, weil er es aus seiner Zeit im Ausland anders kenne, aber trotzdem den Chef fragen würde. Am Ende war es ok und wir waren froh uns erkenntlich gezeigt zu haben, ohne jemanden vor den Kopf zu stoßen. 
 
 
 
Ryunique
 
Das Transportwesen hier ist auch eine tolle Sache. Die Bahnen sind so innovativ, wie wir es schon aus Japan kennen. Anzeigen im Zug und auf dem Bahnsteig informieren über die nächsten Ausgänge und den eigenen Standort usw. Gezahlt wir mit einer prepaid Karte, T-money genannt, die man allerdings immer mit Bargeld aufladen muß. Die kann man auch für Taxifahrten und zum Bezahlen von Eintrittsgeldern verwenden. 
 
 
 
 
Auf alles vorbereitet 
 
Und was die Navigation angeht, so musste ich Google bzw Naver auch mal zeigen wie's funtioniert. Ich hätte einen ganz anderen Weg gewählt, mit einmal Bahnumsteigen. Etwas, das die beiden Apps nicht vorgeschlagen hatten. Auf dem Hinweg zum Restaurant wollte ich das nicht probieren wegen Zeitdruck, aber auf dem Rückweg haben wir das gemacht und ich hatte recht. Hat prima geklappt. Aprops Google: Maps funktioniert in SK nicht wirklich. Wegbeschreibungen holt man sich anhand von der bereits erwähnten Naver oder aber Kakao App. Woran das liegt, dass Google hier nicht angesagt ist? Es wird gesetzlich verlangt, dass die Daten auf koreanischen Servern liegen. Aber für die Datenkrake Google ist das wohl nix, und so ist der Markt fest in koreanischer Hand. Die beiden Unternehmen sind nicht nur die Platzhirsche, sie bieten auch, Suchmaschine, Wörterbuch und andere Dienste an. 
 
 
Gangnam dürfte, nach dem Hit von Psy, inzwischen vielen ein Begriff sein. Er wollte mit dem Song ein wenig die ganze Gangnam Community auf die Schippe nehmen. Unter dem luxuriösen und verschwenderischen Lebensstil der Menschen dort konnte ich mir nicht viel vorstellen, aber der Sache wollten wir etwas auf den Grund gehen. Wir landeten im Zentrum des Stadtteils und Mitten in der Welt der südkoreanischen Elektronikkonzerne. Samsung hat gleich mehrere Türme an der Kreuzung, und entlang der Straßen reiht sich ein Hochhaus ans andere. Wir wollten das Kikkiwon besuchen, das die Weltzentrale des Teakwon-do ist. Wir versprachen uns vielleicht ein Museum oder irgendwelche Trainingsanlagen etc, aber es war doch eher enttäuschend nüchtern. Ein Bau, der natürlich ein paar Hinweise gab auf das was dort liegt, aber am Ende doch eher ein Bürogebäude war, als ein Sportzentrum. 
 
 
 
Gangnam 
 
Montag ist Kinotag, so hieß es früher in den Lichtspielhäusern. Das hätten wir vielleicht auch besser an jenem Montag gemacht, denn als wir an die Königsgräber Seonjeongneung wollten, die Teil der vierzig "Grabstätten der Joseon Dynastie" und Weltkulturerbe sind, mussten wir feststellen, dass der Park montags geschlossen hat, so wie übrigens auch viele Museen. Aber so ganz vergeudet war die Zeit dann doch nicht, denn während wir an den Hauptstraßen natürlich die prachtvollen Hochhäuser bestaunten, aber ansonsten alles eher steril und nicht unbedingt zugänglich war, entdeckten wir in den Seitenstraßen dann doch das, was uns am Ende eher interessierte, nämlich interessante Shops, Cafés und das Leben abseits der Ameisen, die morgens zur Arbeit in die Büros verschwinden. 
 
 
Die Wahl am Abend war auf das Alla Prima gefallen. Auch ein optisch wie kulinarisch sehr gelungenes Restaurant. Die Küche basierte auch auf koreanischen Zutaten mit internationalen Techniken. Wir saßen mal wieder am Tresen, was wir immer mehr zu schätzen lernen, denn so bekommen wir, als interessierte Hobbyköche, einen Einblick in die Welt der Profiküchen und deren Arbeitsweisen. 
 
 
 
Alla Prima 
 
Die Altstadt bzw all das was innerhalb der alten Stadtmauer liegt, ist eigentlich gar nicht so alt. Es ist vielmehr der Bereich, der mit dem Aufstieg der Joseon Dynastie von deren Macht und somit Ausbau profitierte. Mit der Machtübernahme durch die Japaner im Jahr 1910 setzte eine über dreißigjährige Zeit der Unterdrückung ein, unter der nicht nur die koreanische Kultur litt, sondern auch die historischen Stätten. So fiel der Nordpalast, wie bereits erwähnt, auch dem Treiben der Japaner zum Opfer. Eine Ausnahme ist der Ostpalast, der in der japanischen Periode zwar stark beschädigt wurde, aber noch zu einem bedeutenden Teil erhalten blieb und nur teilweise rekonstruiert wurde. Dies reichte jedenfalls um ihn auf Weltkulturerbestatus zu heben. Ein Grund ihm einen Besuch abzustatten. 
 
 
Ostpalast 
 
Changdeokgung, wie der Ostpalast auf koreanisch heisst, war für viele Herrscher der Joseon Dynastie der Lieblingspalast. Während der Nordpalast lange Zeit unbewohnt geblieben war und erst Mitte des 19Jh. wieder genutzt wurde, wurde der Ostpalast, trotz bewegter Geschichte und vieler Beschädigungen, immer wieder aufgebaut und originalgetreu beibehalten. Wir verstanden auch relativ schnell warum, denn er passt sich sehr schön in eine an sich schon beeindruckende Topografie ein und die vielen Ecken und verwinkelten Wege erzeugen einen tollen Charme. Dazu tragen auch die weitläufigen Gärten und Parks bei. So gibt es z.b. die "Geheimen Gärten", die wir leider nicht besuchen konnten, weil nur eine begrenzte Anzahl an Besuchern täglich hinein dürfen und wir zu spät waren. Aber auch ohne sie erlebt zu haben, war der Besuch absolut lohnen und beeindruckend.
 
 
 
Das Land hat, nach den Jahrzehnten der Besatzung durch die Japaner, und dem kurz darauf folgenden Koreakrieg, einen steilen Aufstieg erlebt. Durch Disziplin, eine weise Politik und beachtlicher Innovationskraft, ist aus einem Arbeiter- und Bauernstaat, eine Technologiemacht geworden. Anders in Nordkorea, die den alten Weg beibehalten haben. Eigentlich hatten wir vor, an die Grenze zu Nordkorea zu fahren. Es war etwas, dass uns beide sehr interessierte mal in den UN-Barracken, die schon so manches historische Ereignis erlebt hatten, zu stehen und die Stimmung zu erleben. Dazu muß ich sagen, dass es zwei Arten von Touren gibt. Einmal eine DMZ (Demilitarised Zone) Tour, bei der man ein paar Orte entlang der DMZ besucht, und zum anderen eine JSA Tour, die zusätzlich noch die Joint Security Area, beinhaltet. Wir wollten gerne die letztere mitmachen, weil man dabei in den Bereich kommt, der es einem ermöglicht der innerkoreanischen Grenze am nächsten zu kommen. Aber diese Tour wird, nach einem Vorfall bei dem ein US Soldat nach Nord Korea überlief, derzeit nicht angeboten. Somit war dieser Programmpunkt leider ausgefallen, und wir blieben in Seoul. Langeweile sollte aber dennoch nicht aufkommen. Aber um nochmal auf die Entwicklung des Landes zurückzukommen: Während der Wirtschaftswunderjahre wurden auch Fehler begangen, die in jener Zeit vielleicht unumgänglich bzw zu verzeihen waren, aber später doch wieder gut gemacht werden mussten. Einer dieser Fehler, der korrigiert wurde ist der Cheonggye Bach. Er verläuft ab dem Gwanghwamun Platz (Ok, nun habe ich den Namen des Nordpalastes doch rausgesucht) über mehrere Kilomenter in östlicher Richtung. Er war einst zubetoniert worden und mehr ein Teil der Kanalisation als etwas anderes, aber ist inzwischen, nach ausgiebiger Renaturierung, eine wundervolle Flaniermeile am Wasser, die einerseits Abkühlung anheissen Tagen verschafft, und dandererseits Lebensraum für viele tierische Bewohner geworden ist. Wir fanden diese grüne Oase jedenfalls sehr gelungen.
 
 
  
Im Cheonggye gibt es sogar wieder Fische
 
In Südkorea fand zur Zeit unseres Aufenthalts der präsidiale Wahlkampf statt. Mehrere Kandidaten rangen um den Posten, der nach Absetzung des Präsidenten Yoon Suk-yeol, vakant geworden war. Während unseres Streifzugs durch die Stadt ließen wir uns ein paar Leckereien im Gwangjang Markt schmecken, als es auf einmal unruhig wurde und wir jemanden mit mehreren Kameraleuten sahen, der auch etwas an einem Stand kaufte. Zuerst dachten wir an einen bekannten Influencer, aber schon bald war klar, dass es sich um Lee Jun-Seok, einen der Kandidaten, handelte, der versuchte sich volksnah, und offen zu zeigen. Wir hatten schon an mehreren Stellen in der Stadt verschiedene Kandidatenteams gesehen, die entweder im Marsch Aufmerksamkeit erregen wollten, oder aber mit Lautsprechern an bestimmten Stellen standen um die potentiellen Wähler zu überzeugen. 
 
 
 
 
All die Volksnähe hat am Ende nichts gebracht.
Gewonnen hat ein anderer Kandidat 
 
Einer der Orte war ein Ort der Erinnerung. Tapgol Park, mitten in der Stadt, wo wir relativ schnell merkten, dass er etwas Besonderes ist. Zunächst einmal waren dort unheimlich viele Senioren und wir fragten uns warum dort, und nicht woanders, denn der Park war weder groß noch sonderlich grün und einladend? Das klärte sich, als wir uns etwas umschauten und mehrere scheinbar alte Relikte und Bauwerke standen. Es gibt dort drei Bauten, die hervorstechen: Der Palgakjeong Pavillion. Dort wurde 1919 die koreanische Unabhängigkeit von der japanischen Besatzung erklärt. Dies hatte jedoch Repressalien gegenüber den Aktivisten zur Folge und forderte viele Todesopfer, denn die Japaner ließen sich nicht aus "ihrem" neuen Haus vertreiben. Direkt daneben steht ein großer Glaskasten, und mit groß meine ich groß. Er dient als Schutz für eines der wichtigsten Bauwerke, die die Jahrhunderte überdauert haben: die Wongaksa Pagode. Sie wurde 1467 errichtet und ist eines der letzten Überbleibsel des Tempels, der mal an dieser Stelle stand. Sie ist zwölf Meter hoch hat zehn Etagen und ist eines der Nationalheiligtümer. Die dritte "Attraktion" ist eine große Tafel, die der Opfer der Niederschlagung der Unabhängigkeitsbestrebungen von 1919 gewidmet ist. Und hier erklärte sich dann auch warum soviele Senioren da sind. Sie waren noch erste oder zweite Generation, die unter den Japanern zu leiden hatten und ihre Anwesenheit ist ein stilles Gedenken, vielleicht auch ein Schwelgen in Erinnerungen und das Teilen selbiger mit den Menschen, die das Gleiche erlebt haben. Die Tradition des Gedenkens, die hier von der älteren Bevölkerung täglich gelebt wird, erfährt an jedem 1.März auch eine landesweite Aufmerksamkeit, wenn sich der Tag der Unabhängigkeitserklärung jährt. 
 
 
 
 
Tapgol Park 
 
Traditionell ging es auch im Mingles zu, eines der Restaurants, die wir besucht haben. Schon seit vielen Jahren eines der besten Restaurants des Landes, fokussiert es sich auf zeitgemäße koreanische Küche, gerne mit Spezialitäten wie fermentierten Zutaten und Techniken aus der Heimat, die Mingoo Kang u.a. auch in der Klosterküche gelernt hat. Ja, in Klöstern und Tempeln gibt es relativ strenge Vorgaben was die Zutaten angeht. Eine Nonne, die es zu Berühmtheit gebracht hat ist Jeong Kwan, die es sogar in den Michelin Führer geschafft hat. Ihr Prinzip von veganer, verschwendungsarmer und saisonaler Küche ist Vorbild für viele Köche in Korea, und so auch Mingoo Kang, der das Konzept als Inspiration nimmt, achtsamer und traditionell zu kochen. Das im Mingles nicht alles vegan ist, ist fast schon etwas schade, denn es wäre mal eine Abwechslung gewesen. 
 
 
 
Mingles 
 
Ja, um noch kurz beim Essen zu bleiben: Vielleicht stellt sich die Frage wie man in Korea Tische reserviert. Das geht sogar relativ einfach, zumindest einfacher als in vielen Restaurants in Japan, wo Beziehungen und japanisch Kenntnisse von Vorteil sind. Die Seite Catchtable hat eigentlich alle Restaurants unter Vertrag. Das heisst, man kann relativ unkompliziert auch von Deutschland aus reservieren ohne den Umweg über Concierges oder umständliche Anrufe dorthin tätigen zu müssen. Einzig muss man bei manchen schnell sein, weil Tische, sobald sie freigegeben werden, mitunter auch im Handumdrehen weg sind. 
 
 
 Dongdaemun Design Plaza
 
In Seoul City gibt es vier königliche Paläste, die meist in unterschiedlichen Epochen ihre Blütezeit hatten. Der Deoksugung Palast war der Hauptsitz nachdem 1592 alle anderen Paläste durch die Japaner beschädigt oder zerstört worden waren. Nach dem Wiederaufbau der anderen Paläste, wurde er wieder zu einem Palast zweiten Ranges und erst 1897 durch den aus dem Exil wiedergehrten Kaiser Gojong, als Hauptwohnsitz bzw auch Sitz der Gerichte, wieder genutzt. Er zeichnet sich dadurch aus, dass dort westliche und koreanische Architektur zu finden ist und, obwohl nicht mehr so weitläufig wie zur Blütezeit (die japanische Besatzungsmacht verordnete dem Palast eine Schrumpfkur), doch einen luftigen Eindruck vermittelt mit viel Platz zum Umherlaufen. Die erwähnte Schrumpfkur ist auch etwas, das uns durch den Kopf ging als wir uns umsahen und durmherum eigentlich nur Bauten neueren Datums fanden, die bestimmt noch auf ehemaligem Palastgrund stehen. 
 
 
 
 
 
Deoksugung Palast 
 
Das Südtor Namdaemun ist eines von vier großen existierenden Toren, die einst Zutritt in die Bereiche innerhalb der Stadtmauer gewährten. Daneben gibt es noch vier weniger Bedeutsame, aber zu damaliger Zeit nicht weniger wichtige Zugänge. Das Namdaemun nimmt in der Liste der Nationalschätze des Landes Platz eins ein. Ihr erinnert euch an die Wongaksa Pagode? Sie steht auf der Liste an zweiter Stelle. 
 
 
Namdaemun Tor 
 
Das Südtor war 2008 einem Feuer zum Opfer gefallen und wurde wenige Jahre später wieder aufgebaut. Zu den großen Toren muß man auch sagen, dass sie wirklich mächtig sind. Massiv in der Bauweise und von beeindruckender Größe. Wenn man von Nord nach Süd hindurchläuft, schaut man direkt auf den Hauptbahnhof, von wo aus die KTX (Schnellzüge) abfahren. Direkt davor befindet sich die Seoullo 7017, eine alte Hochstraße, die heutztage ein wenig an die New Yorker High Line erinnert. Leider fanden wir relativ wenig von dem vor, was versprochen wird, nämlich Cafés, Infostände usw. Dafür ist aber die Vegetation sehr gut gepflegt und man hat auch einen anderen Blick auf die Stadt.  
 
 
Die Märkte der Stadt haben auch einen besonderen Stellenwert. Einerseits findet man dort Dinge des täglichen Lebens, allen voran Nahrungsmittel wie Gemüse, Obst, aber auch Streetfood bzw bereits vorbereitete Zutaten. Eine der bekanntesten ist auch bei uns inzwischen nicht mehr fremd, nämlich Kimchi. Grundlage dafür ist die Fermentation, eine Art Haltbarmachung. Inzwischen gibt es viele Arten Kimchis, die bekanntesten aber basieren auf Rettich oder Chinakohl. Ein Gericht, dass aber auch immer beliebter wird, und das ich mir fast jeden morgen zum Frühstück gegönnt habe, ist Bibimbap. Der Name steht für "umgerührter Reis". Auf einer Basis aus Reis, kommt allerlei Gemüse, Fleisch, Tofu, Ei usw. 
In den Märkten bekommt man einen sehr guten Eindruck von der Vielfalt der koreanischen Küche. Die Imbissstände sind meist gut besucht, und die Märkte sind auch ein perfekter Ort zum Socializing, wie auch der bereits erwähnte Präsidentschaftskandidat erkannt hatte.  
 
 
 
 
 
 
 
 Oben: Bindaetteok
Unten: Bibimbap 
 
Wer sich in Seoul fortbewegt, egal ob mit Bus oder Bahn, wird feststellen, dass die Wege lang sind. Fahrten von einer halben Std oder mehr sind keine Seltenheit gewesen. Das ist aber auch eine gute Gelegenheit Menschen zu beobachten, denn in den Öffis sind alle irgendwie gleich. Zwar gibt es Leute in teuren Klamotten, aber auch sie müssen mitunter stehen oder sich anstellen wie alle anderen auch. Am Verhalten der Menschen jedoch erkennt man schon ein wenig wie sie ticken und so mache Dinge springen einfach ins Auge. Ähnlich wie in Japan, spielt eine gewisse Etikette oder Rücksicht auf Mitmenschen eine große Rolle im Leben der Koreaner. Das fängt dabei an, dass in der Metro Sitze für Senioren nicht genutzt werden, auch wenn sie frei sind. Auch die "pinkseats", für Schwangere sind tabu für andere. 
Ich habe eines Abends in der Metro eine Szene beobachtet, die mich sehr beeindruckt hat: Wir kamen grade von einem Essen, es war vielleicht 22h, und eine Dame stand, wie fast alle anderen, und tippte auf ihrem Handy rum. An einer Haltestelle setzte sie sich in Bewegung um zur Tür zu laufen, jedoch nicht um auszusteigen, sondern um ihre Tochter in Empfang zu nehmen. Überschwänglich begrüßte sie ihre Teenietochter, die es scheinbar etwas übertrieben fand, sich jedoch auch freute. Man sah der Kleinen an, dass es ein anstrengender Tag gewesen war, und ich vermute mal, dass auch die Mutter in ihrem Businessoutfit nicht von der Yogastunde kam. Jedenfalls fanden beide einen Platz uns gegenüber und nachdem die Mutter ihr einiges erzählt hatte und dabei immer ihre Hand ergriffen hatte oder übers Gesicht gestreichelt hatte, legte die Tochter ihren Kopf auf die Schulter der Mutter und schien zufrieden und erleichtert. Für mich war die Szene ein wenig sinnbildlich für diese Mentalität der Rücksichtnahme und des gegenseitigen Respekts, die eigentlich selbstverständlich sein sollte, aber gefühlt immer mehr verloren geht.
Auf der anderen Seite steht eine ausgesprochene Konsumwut, die uns vorkam wie ein krasser Gegensatz. Die Koreaner sind sehr Qualitäts- bzw Markenbewusst. Alles was teuer ist, ist grade gut genug. Ich habe noch nie in so kurzer Zeit soviele Maybachs gesehen, um mal ein Beispiel rauszupicken. In der Woche, die wir da waren, haben wir locker über 30 gesehen, zusätzlich zu all den anderen Luxuskarrossen, die man sich so vorstellen kann. Wir erlebten den totalen Luxus entlang der Apgujeong Staße, auf der alles vertreten ist, was Rang und Namen hat. Dabei sind es nicht einfach kleine Läden von Designern, nein. Hier sind die Läden mehrere Stockwerke hoch und neben Luxusdesigneren reihen sich Uhrenhersteller und Juweliere und versuchen sich mit auffälliger Architektur die Schau zu stehlen. 
 
 
 
 
 
Seoul Rodeo Drive 
 
Auffällig war auch die Altersstruktur. Rich kids haben wir überdurchschnittlich viele erlebt. In den Restaurants, die wir besucht haben, die auch allesamt nicht billig waren, kreuzten unheimlich viele U30 Kids auf, die auch die Kleiderordnung der jeweiligen Restos nicht kümmerte. Löchrige Jeans, T-Shirts, Kappen... All das haben wir gesehen. Ganz abgesehen von den Kosten eines solchen Besuchs. 
Als wir in den Speiseraum des Soigné geleitet wurden, dachte ich zuerst wir wären in der Schulmensa. Nicht wegen des Ambientes, das war top, sondern wegen der Gäste. Wir zwei dürften den Altersschnitt deutlich gehoben haben. Es waren 5 Gäste da, von denen der Älteste vielleicht mitte 20 war. Ansonsten kam es mir vor als wären die Kids grade aus der Schule und zum Lunch dorthin gekommen. Schulmädchenreport in MiuMiu Ballerinas... Gangnam Style eben. Das Essen war jedenfalls top und endlich mal etwas für die internationale Klientel, denn das pad am Tisch hatte genau die Gänge und Zutaten erklärt. Das war die vorangegangenen Tage immer etwas unter den Tisch gefallen, weil sie entweder zu leise präsentiert worden waren oder wir einfach mit bestimmten Begriffen nichts anfangen konnten. Hier hatten wir es mal schwarz auf weiß und recht ausführlich beschrieben.  
 
 
 
Soigné 
 
Yeohido ist eine Insel auf dem Hangang Fluss. Nicht klein, aber auch nicht sonderlich groß. Dafür ist sie umso wichtiger. Nicht, weil wir dort unser Lager aufgeschlagen hatten, sondern weil dort u.a. das Parlament liegt und dazu noch diverse Fernseh- und Radiosender. Wenn man sich ein wenig dort umschaut, und ans Ufer geht, kann man etwas finden, das man woanders her kennt. Die Kleine Meerjungfrau ist ja eine bekannte Sehenswürdigkeit in Kopenhagen. In Seoul steht eine etwas kleinere, aber originalgetreue Kopie, die 2016 an dieser Stelle von dänischen und koreanischen Offiziellen eingeweiht wurde, als Zeichen für eine Vertiefung der beiderseitigen Verbindungen. 
 
 
Auf Yeohido 
 
Auf dem Weg fielen uns immer wieder Plakate auf, die die Seoul Garden Show anpriesen. Bei genauerem hinsehen stellten wir fest, dass die Eröffnung genau in den Zeitraum unseres Aufenthalts fiel. Also nichts wie hin, denn wir konnten sie per Bus und wenigen Stationen vom Hotel aus erreichen. Wer die Bundesgartenschauen kennt, ist vielleicht etwas voreingenommen, aber eigentlich war es ein öffentlicher Park , der einer Auffrischungskur unterzogen worden war. Das war aber sehr gut gelungen. In einzelnen, kleinen Abschnitten wurde die Vegetation verschiedener Regionen des Landes gezeigt, aber auch wie nützlich eine intakte Natur für uns ist. Als wir so umherliefen und einzelne der Stationen anschauten und uns dabei unterhielten bzw fotografierten, kamen zwei Koreaner auf uns zu und fragen wo wir herkämen. Deutschland war unsere Antwort, nachdem wir endlich auch die Grußformel hinbekommen hatten. Beide lächelten, und fragten ob es uns in Korea gefalle, was wir bejahten und dann drückte einer uns jeweils zwei Bonbons in die Hand. Dazu ein kleines Blatt mit etwas koreanischem draufstehend, verabschiedete sich und ging. Es handelte sich um ein kleines Gebet. Es war nicht aufdringlich und er überließ es uns was wir damit machen. Ein schöner Moment, der einfach wertschätzend war und auch nicht vieler Worte bedurfte. 
 
  
 
 
 
Seoul Garden Show 2025 
 
Der Hangang Fluß wird von zig Brücken überspannt, die für die verschiedensten Verkehrsteilnehmer vorgesehen sind. Eine bekannte Brücke, die auch für Fußgänger zugänglich ist, ist die Banpo Brücke. Sie ist auch touristisch ganz schön anzusehen und da wir nicht nur Abendessen geplant hatten, konnten wir sie auch zur besten Zeit besuchen. Am Abend wird ab 19.30h im halbstundentakt eine Lichtshow geboten.
 
 
 
Banpo Brücke 
 
Seoul wird von einer Hügelkette (Bergkette kann man es nicht wirklich nennen) nach Norden hin begrenzt. Wir hatten gesehen, dass man von den Hügeln einen schönen Sonnenuntergang erleben kann, und da wir an diesem Tag Mittags essen gewesen waren, und das Wetter mitspielte, entschieden wir uns auf den Inwangsan zu laufen. Dazu hatten wir uns eine Route ausgesucht, die nicht sonderlich kompliziert war und auch ein paar schöne Ausblicke bieten sollte. Am Bahnhof angekommen, versuchten wir uns erstmal auf einer Karte zurecht zu finden, und wurden umgehend von einem Herren angesprochen, der auch recht gut englisch sprach. Wir erklärten ihm unser Vorhaben, woraufhin er uns eine andere Route empfahl. Das bekam auch eine Dame mit, die sich einmischte und erklärte, dass sie gestern den Hike gemacht hätte. Es war ein wenig ein hin und her aber trotzdem nicht unfreundlich, bis der Mann meinte, wir sollen ihrem Tipp folgen und ging. Sie bot sich an uns ein Stück zu begleiten, und so liefen wir los. Wir erzählten ein wenig von dem was wir so erlebt hatten und auch sie erzählte ein wenig, während wir eine völlig andere Route einschlugen. An Kathrins ständigem Blick auf das Handy um den Weg nachzuvollziehen, merkte ich schon, dass sie nicht ganz locker war mit dem ganzen Ablauf. Aber Josy führte uns an ein paar interessanten Ecken vorbei, wie dem Gefängnismuseum oder dem Unabhängigkeits Tor, zum Fuß eines Hügels, der ein paar Trails hatte. 
 
 
 
Sie erklärte uns auf einer Karte am Anfang des Trails den Weg und bis wohin sie uns begleiten wollte, weil sie auch zum Wandern gekommen war. So stiefelten wir los und uns gefiel dieser Waldweg wirklich sehr gut. Eine tolle Oase mitten in der Stadt. Es sollte aber noch besser kommen, denn irgendwann boten sich tolle Ausblicke auf die City. An einer Brücke trennten sich unsere Wege und wir liefen allein weiter. Wieder unter uns tauschten wir uns aus, dass wir erst ein seltsames Gefühl gehabt hatten und uns schon bei einer Sektenanwerbung gesehen hatten. Aber wir haben falsch gelegen und sie war wirklich einfach nur sehr nett gewesen. 
 
Links oben ist unser Ziel zu sehen 
 
Während wir so aufstiegen, meist auf ordentlichen Wegen, boten sich immer bessere Ausblicke, und wir waren wirklich "off the beaten track" unterwegs. Kaum eine Menschenseele, geschweige denn ein Touri. Der Inwangsan ist 338m hoch aber an einigen Stellen sind die Aufstiege felsig und steil. Jedenfalls brauchten wir etwa eine Std von der Brücke ab um oben anzukommen. Dort wurden wir aber auch mit einem atemberaubenden Blick belohnt, den wir erstmal genossen. 
 
 
 
Inwangsan 
 
Der Abstieg später erfolgte über die offizielle Route, die etwas einfacher und besucherfreundlicher war. Es war schon fast dunkel als wir wieder in der Stadt waren und auf dem Weg runter liefen wir durch eine Hochhaussiedlung, wie es sie oft in Seoul gibt. Diese war von Hyundai und vermutlich waren es Werkswohnungen. Insgesamt 15 Türme mit ca 20 Etagen und gefühlt doch sehr beengt. Keine Ahnung wie die Wohnungen waren, aber vermutlich keine Raumwunder. Aber hier wurde uns auch eines klar: Wie sonst willste 10mio Einwohner unterbringen? In der Breite kaum möglich, also muss man in die Höhe ausweichen. Und wenn man bedenkt, dass Seoul vor 100 Jahren noch nichtmal eine Millionenstadt war... Wir fuhren nach Meyondong, einem weiteren Vergnügungs- und Geschäftszentrum. Ziel waren die Neonreklame und ein wenig Abendstimmung aufzuschnappen. Aber so richtig hat es uns nicht begeistert, weil es doch der übliche seichte Tourikram war mit billigen Läden, viel Nippes und alles bunt und laut. Auch die Imbissbuden haben uns überwiegend nicht angesprochen. 
 
 
Meyondong Neon Lights 
 
Da haben wir an einigen anderen Stellen besseres Streetfood gehabt. So z.B. an unserer Bahnhaltestelle, wo wir jeden Tag an einem Stand vorbeiliefen, der immer gut besucht war. An jenem Abend verspürte ich noch Hunger und der Laden war schon im Begriff zu schließen. Nach kurzer Orientierung entschied ich mich für etwas, dass ich noch nicht gehabt hatte, nämlich Fishcake mit Gemüse. Das sind Rollen, aus Meeresfrüchten mit Gemüse, die dann ausfrittiert werden. Nichts gesundes, aber durchaus lecker.
 
 Fishcake
 
Wer kann sich noch an Seoul 1988 erinnern? Olympische Spiele? Unser Ziel an einem Tag war das Olympiagelände. Obwohl schon fast 40 Jahre her, muss ich sagen, war das Ambiente noch präsent. Ich konnte mir gut vorstellen wie damals alles voller Leben und Stimmung war, vielleicht nicht grade bei Jürgen Hingsen oder Ben Johnson, aber ansonsten muß es toll gewesen sein. Toll ist das Areal heute noch, obwohl es relativ leer war. Als erstes kamen wir zum Weltfriedenstor. Ein mächtiges Konstrukt am Eingang des Geländes, reihte es sich in Sachen "Wow-Effekt" ganz in eine Reihe mit den anderen Toren in der Stadt ein. Dort brennt auch die ewige Olympische Flamme, die den Geist von damals in die Gegenwart transportiert und quasi als lebendiger Teil weiterexistiert. 
 
 
Olympic Park 
 
Wir holten uns einen kleinen Pass ab, bei dem es galt bestimmte Stationen zu finden, abzustempeln und am Ende wieder an der Information abzugeben um ein kleines Präsent zu erhalten. Also machten wir uns auf das Gelände zu erkunden. Auf ihm befinden sich Dutzende Skulpturen von Künstlern aus den Teilnehmerländern. Sie sind mal mehr mal weniger schön bzw interessant, aber zeigen auch, dass man sich damals Gedanken über eine spätere Nutzung gemacht hat. Auf dem Gelände wurde, noch bevor es dem späteren Zweck zugeführt wurde, eine alte Festung gefunden. Gegraben wird dort schon seit vielen Jahren, aber ein Teil auf dem wir uns bewegten ist idealerweise zugänglich, nämlich der Wall, der die Anlage mal umringt hat. Von dort oben aus hat man tolle Blicke auf die Skyline und verschiedene Ecken des weitläufigen Geländes. Heute ist es ein großer Park mit vielen Rasenflächen, und Waldabschnitten, die auch Tieren ein Zuhause bieten. So haben wir dort beispielsweise viele Elstern und Spechte gesehen. 
  
 
Die Hallen von damals werden noch heute genutzt, gerne für K-Pop Konzerte, wie wir uns überzeugen konnten. An jenem Wochenende fanden gleich drei Konzerte von verschiedenen Bands statt und der Devotionalienverkauf lief schon lange vorher auf Hochtouren. 
 
Konzertvorbereitung vor der ehemaligen Turnarena 
 
An den Tenniscourts schien die Zeit stehengeblieben zu sein. Die Setztafeln waren noch mit allen Spielpaarungen von damals bestückt gewesen und etwas weiter weg konnten wir eine Ehrentafel für Steffi Graf finden, die man ihr nach dem "Golden Slam" 1988 gewidmet hat. In jenem Jahr hatte sie alle vier Grand Slams und die Olympischen Spiele gewonnen. Wahrlich ein Meilenstein der Sportgeschichte.
 
Lebendige Geschichte 
 
Einen Teil von damals hat man in einen schönen Rosengarten umgewandelt, allerdings waren schon viele der Blumen am verbühen, aber uns erfreut sowas immer wieder.
 
 
 
Na, wer bist du denn? 
 
Am Ende zeigten wur unser gestempeltes Blatt und jeder konnte sich einen Magneten mit einem Motiv des Olympiaparks aussuchen.
Ich bin ja noch eine Erklärung wegen der Überschrift schuldig. In Südkorea sind während der bereits angesprochenen Wirtschaftswunderjahre einige Konglomerate entstanden, die in vielerlei Branchen mitmischen. Samsung und Hyunday sind auch bei uns bekannt, aber es gibt andere, die uns weniger geläufig sind. Einer dieser Konzerne ist Lotte. Das Unternehmen ist hauptsächlich im Handel und der Nahrungsmittelbranche tätig, mischt aber auch u.a. im Tourismus, Chemie und Finanzdiensleistungen mit. Der Name, den der Gründer Shin Kyuk-ho seinem Unternehmen gab, entstand aus seiner Bewunderung für Goethe. Sein Lieblingsbuch soll "Die Leiden des jungen Werthers" gewesen sein und die weibliche Hauptrolle Charlotte, ist in deren Kurzform "Lotte". Der Lotte World Tower ist mit 555m das höchste Gebäude des Landes. 
 
Lotte überragt sie alle 
 
Wir besuchten es nicht, da uns einerseits die Zeit fehlte, und andererseits wir schon den letzten Tag hatten, aber wir besuchten etwas anderes, das auf dem Weg lag, nämlich die COEX Mall mit ihrem Zuschauermagneten: die Starfield Library... Ein Buchladen erobert die Welt. Ein kompletter Irrsinn, der sich dort abspielt. Hunderte von Leuten laufen dort mit Handys oder Kameras rum, fotografieren sich vor riesigen Bücherwänden oder schlagen koreanische Bücher auf, die sie gar nicht lesen können. Gerne auch mal ein verträumter Blick in die Ferne oder das beliebte Duckface. Dass sie sich dabei teilweise ziemlich lächerlich machen, merken sie dabei gar nicht. Aber ich muß zugeben, auch wir haben uns davon etwas anstecken lassen und ein paar Bilder gemacht, wie Du hier sehen kannst.
 
 
Starfield Library 
 
Das letzte Abendmahl fand im Evett statt. In einer schönen Ecke von Gangnam liegt das schicke Restaurant von Joseph Lidgerwood, einem australischen Chef, der in Seoul seine Liebe gefunden hat und dort geblieben ist. Das Team war vielleicht das Alleinstellungsmerkmal im Vergleich zu den anderen Restaurants, denn es war international und bestens aufgelegt. Alle waren sehr offen und förmlich zum Plausch aufgelegt. Vor allem Sommelier Yanis wusste mit seinen Geschichten zu unterhalten. Das Essen war kreativ, aber viele der Hauptzutaten kannten wir schon, wie die Abalone, Hanwoo Rind oder Torpedobarsch. Dennoch schaffte er es, mit seinen westlichen Einflüssen uns auch neue Interpretationen zu liefern. Es war ohnehin erstaunlich was man mit den gleichen Zutaten für verschiedene Resultate erzielem konnte. Aber auch die Überraschung am Schluß, bei der wir in die Küche durften und den letzten Gang selbst "zubereiteten" sowie mit diversen Leuten (inkl. Joseph) sprechen konnten, rundete das Erlebnis, und das gute Gefühl, dass wir über die vergangenen Tage gewonnen hatten, perfekt ab.
 
 
 
Evett 
 
Ein Fazit... Südkorea und Seoul ist zwar immer mehr im Kommen, aber noch lange nicht soweit wie Japan, was den Tourismus angeht. Das merkt man in den Straßen, wo einem nicht viele Westler begegnen, wenn man mal von den Instaspots absieht. Wir haben eine hochinteressante Stadt und Land kennenlernen dürfen, das kulturell auf diversen Ebenen begeistert. Sei es die Geschichte, die bewahrt wird, und trotz mehrfacher Versuche von außen sie auszulöschen (Japan-Korea Krieg Anfang 20Jh oder Koreakrieg 50er Jahre), die Identität, die wohl auch aufgrund der Geschichte sehr ausgeprägt ist, aber auch die Kulinarik, die uns zwar nicht fremd war, aber viele neue Eindrücke hinterließ. Uns haben die reibungslosen Abläufe gefallen. Wir konnten uns immer auf die pünktlichen Bahnen verlassen aber auch auf die effizienten Mitarbeiter in Geschäften, öffentlichen Anlagen usw. Beeindruckt waren wir wieder einmal von dem Respekt vor den Mitmenschen. Im Gegenteil zu dem was man in unserer Gesellschaft immer mehr erlebt, nämlich das sich das Individuum immer wichtiger nimmt, hat man in Korea verinnerlicht, dass das Kollektiv besser funktioniert. Wir würden gerne wiederkehren, aber dann auch mal andere Ecken, für die Seoul sicherlich nicht representativ ist, kennenlernen.