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Sonntag, 6. April 2014

Reisebericht Berlin 2014

Ok, ich sag´s gleich: Diese Reise war eigentlich eine Geschäftsreise, bei der wir ein Wochenende in der deutschen Hauptstadt verbracht haben. Wir hatten also nicht die ganze Zeit zu unserer freien Verfügung, aber im Rahmen des Kongress' an dem ich teilgenommen habe, wurde auch das ein oder andere an kulturellem geboten und den Sonntag hatten wir dann doch wieder für uns.



Die Anreise erfolgte bereits am Freitag und um allen Teilnehmern etwas zu bieten wurde eine Stadtrundfahrt organisiert, die unter dem Motto: "Berlin, 25 Jahre nach dem Mauerfall", hatte. Bei dieser Fahrt durch die Vergangenheit und Gegenwart bekamen wir von unserem hervorragenden Guide auch vieles aus der Zeit der Mauer erzählt, und mit Anekdoten aus seinem Leben machte er die Geschichte der Stadt noch lebendiger als er sie so schon schilderte. So fuhren wir durch das Diplomatenviertel, mit all seinen Botschaften, und er erzählte uns warum es sich am Tiergarten befindet und wie wichtige Gespräche teilweise aus den Mauern der hochgesicherten Anwesen ins Freie verlegt wurden. Der Kalte Krieg kam einen in den Sinn wenn man sich vorstellte wie Diplomaten und sonstige Politiker durch den Park schlenderten und dabei wichtige Entscheidungen trafen.
Kurz darauf erlebten wir das "heute und hier" als Polizeiwagen den Weg sperrten um den chinesischen Präsidenten sicheres Geleit zu gewährleisten.
Der Ku'damm erinnerte ihn an seine Kindheit und die Schaufensterbummel am Wochenende, weil die Familie sich vieles nicht leisten konnte, und an gelegentliche Restaurantbesuche, die man sich gönnte.


Ku'damm und Verkehrskanzel am Joachimstaler Platz

Im Regierungsviertel wird noch immer viel gebaut und erweitert, wie eigentlich in der ganzen Stadt. Überall stehen Kräne und seit unserem letzten Besuch vor ein paar Jahren (s. auch unseren Bericht darüber) hat sich teilweise einiges verändert, während an anderen Stellen noch immer gegraben und verändert wird.
Der obligatorische Stopp am Pariser Platz durfte natürlich nicht fehlen. Das Brandenburger Tor, das Hotel Adlon, sowie die Akademie der Künste und die Botschaften Frankreichs und der USA liegen dort in Bestlage der Stadt.




Brandenburger Tor und Hotel Adlon

Die Fahrt führte natürlich auch in den Ostteil der Stadt und an einigen Stellen war der sozialistische Einheitsbau so offensichtlich, das wir uns anschauten und sagten, das sähe wie in St. Petersburg aus. Mit Sicherheit ließe sich das auch für diverse andere Metropolen des Warschauer Pakts sagen wenn man dort wäre.

 Eastside Gallery

Die Bernauer Straße sagt vielleicht nicht jedem etwas, aber das Bild des Ostdeutschen Soldaten, der in voller Montur über den Stacheldraht springt, dürfte den meisten geläufig sein. Dies geschah an der Bernauer Straße, wo direkt an die Hausfronten die Mauer hingestellt wurde. Wo man also "gestern" noch durch die Haustüre hinaustreten konnte, war es am folgenden Tag nicht mehr möglich, schlicht und einfach weil die Tür zugemauert worden war. Solche Szenen haben sich überall im Berlin der frühen 60er abgespielt.
Heute steht an der Bernauer Straße ein Mahnmal, bei dem ein Stück "Todesstreifen" inkl. Mauer erhalten wurde, das man von einem gegenüberliegenden Aussichtsturm ansehen kann.
Ein beklemmendes Gefühl, das sich einstellte, wenn man daran denkt wieviele Familien und Freundschaften dadurch getrennt wurden. Aber wie wir auch erfuhren, war das bis 1961, dem Jahr des Mauerbaus, auch nicht immer so gewesen. Lange Zeit wurden, auf Wunsch, Ausreisevisa ausgestellt und im Prinzip konnte fast jeder in den Westen, der wollte. Das Problem war nur, dass innerhalb weniger Jahre 2,5Mio. Menschen ausgereist waren und das einen erheblichen Teil der Bevölkerung ausmachte.

 Mahnmal Bernauer Str.

Weiter ging es dann im Feierabendverkehr zum Hotel, wobei wir noch an ein paar Sehenswürdigkeiten vorbeikamen, auf die ich aber später noch zurückkomme.
Am Abend hatten wir eine Veranstaltung an einem ungewöhnlichen Ort, die ich nicht unerwähnt lassen möchte. Im U3-Tunnel, einer Eventlocation unter dem Potsdamer Platz, gab es ein großes Happening wo alle Teilnehmer zusammenkamen. Mir persönlich gefallen solche "rauen"Orte, die entweder alte Industrieanlagen sind, oder einfach unbearbeitet gelassen wurden. Ohne Schnörkel und sonstigem Brimborium beschränkt man sich auf das Wesentliche.

Nach der Konferenz hatten wir noch einen halben Tag bis der Flieger ging und den nutzen wir auch zu einem ausgedehnten Spaziergang. Von unserer Bleibe, dem empfehlenswerten Scandic am Potsdamer Platz, liefen wir zu selbigem, wo gerade die Teilnehmer der Halbmarathons unseren Weg kreuzten.

Die U2 führt durch das Scandic

 Potsdamer Platz

Vorbei an einigen Botschaften und Repräsentanzen der Bundesländer, liefen wir über die Voß- und Mohrenstrße zum Gendarmenmarkt. Im Gegensatz zum Vortag, war in Mitte fast gar nichts los, was uns natürlich sehr freute. Was uns schon bei der Rundfahrt aufgefallen war, ist die enorme Bautätigkeit in der Stadt. Seien es öffentliche Gebäude, exklusive Wohnanlagen oder Restaurationen... überall bekommt man vor Augen geführt, dass die Stadt nicht stillsteht.
Der Gendarmenmarkt ist wunderschön. An den Enden des Platzes finden sich zwei Dome, die die Konzerthalle in der Mitte flankieren. Dadurch, dass beide recht ähnlich aussehen, entsteht ein symmetrischer Eindruck, was dem Ganzen Ort etwas Erhabenes verleiht.


Steht ja da was ihr seht...

Die nahe gelegene Spree erreichten wir kurz darauf und auch hier wieder ein Blick auf rege Bautätigkeit. Vor allem die Rohrkonstruktionen fallen auf. Sie haben den Zweck das hohe Grundwasser Berlins aus den Baugruben abzutransportieren. Man findet sie praktisch an jeder Baustelle, denn das Grundwasser in der Stadt beginnt bei etwa 6m Tiefe.


Rege Bautätigkeit

Bei schönstem Wetter war nicht soviel los wie befürchtet und wie wir es am Vortag erlebt hatten. Aber um den Dom und den Alex, unseren nächsten Ziele, ist eigentlich immer rege Betriebsamkeit.

Der Dom

Zuerst einen Schlenker über den Dom und die Museumsinsel und dann wollten wir uns die Urania Weltzeituhr anschauen und mussten erstmal suchen, denn der Alex wird vom Bahnhof zweigeteilt und das muss man wissen. Mit einer langen Geschichte ist dieser Platz schon immer sehr bedeutsam für die Stadt gewesen. Vor der Wiedervereinigung im sowjetischen Sektor gelegen, wurden auf ihm Kundgebungen und Paraden abgehalten. Um ihn herum entstanden sozialistische Einheitsbauten und erst jetzt werden nach und nach bauliche Veränderungen durchgeführt.

Die Urania Weltzeituhr

Die Urania Uhr ist ein interessantes Werk. Von weitem recht gut zu erkennen, wegen stilisierten Darstellung unseres Sonnensystems. Darunter drehen sich die verschiedenen Zeitzonen, insgesamt 24, einmal am Tag um 360°.
Am Roten Rathaus vorbei machten wir uns schon auf dem Weg zum Hotel. Die letzten Langstreckenläufer torkelten noch an uns vorbei, auf ihrem letzten Kilometer und wir begegneten sogar dem Krümmelmonster aus der Sesamstraße, der in voller Montur angeschlichen kam.


Das Krümmelmonster auf den letzten Kilometern
 
Wir kamen am Axel Springer Haus vorbei, das direkt an der damaligen Zonengrenze stand. Dieser Ort war von Herrn Springer auch als symbolischer Akt zu Verstehen gegeben worden um ein Zeichen für ein gemeinsames Deutschland zu setzen. Auf dem Grundstück des Axel Springer Hauses stand vorher die Ruine der Jerusalemkirche, die im 2. WK zerstört worden war. Noch heute zeugt eine Hinweistafel mit einem Stück aus der Kirche auf den einstigen Standort.
Checkpoint Charlie war unser nächstes Ziel. So wichtig es damals für das politische Gleichgewicht der Ost- und Westmächte war, so wichtig ist es heute für den Tourismus. Leider ist es hauptsächlich ein Touristennepp wo man sich mit irgendwelchen Kostümierten ablichten lassen kann. Eher zu empfehlen ist das Museum in unmittelbarer Nähe.

Checkpoint C.

Einige Meter weiter, und das ist normalerweise eher nicht zwingend zu empfehlen, befindet sich ein kleines Restaurant/Bar, Johnny's Bar, das uns gleich ansprach. Die Karte ist klein, aber es findet sich für jeden etwas und ist sehr lecker. Auch preislich war es wirklich moderat.

Die Welt geht unter...

Direkt gegenüber befindet sich das Hi-Flyer, wo man in einem Fesselballon über Berlin Mitte den Blick auf die Stadt genießen kann. Etwas weiter, auf der Niederkirchner Straße, befindet sich die Ausstellung "Topografie des Terrors". Dies ist ein Ort an dem noch Reste der Mauer stehen, die direkt auf den Fundamenten des ehemaligen Gestapo Hauptquartiers errichtet wurde.

Topografie des Terrors mit den Grundmauern des Gestapo HQ

Mir persönlich jagte der Gedanke, das vor 70 Jahren dort eine der größten Quellen des Bösen stand, einen Schauer über den Rücken. Ich wollte mir nicht ausmalen was in den Kellern dieses Ortes alles passiert war. Es war ein bedrückendes Gefühl, sich Wohlstand und vermeintliche Freiheit mit dem Verzicht auf Meinungsfreiheit und Gehorsam gegenüber der Führungsriege erkauft zu haben. Die Angst vor Repressalien muss doch einen Schleier der Furcht über das Leben in der Stadt gelegt haben. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass alle total Verblendet waren. Diese düstere Vergangenheit wurde mit dem Mauerbau nochmal "wiederbelebt". Zwar war der politische Hintergrund dann sozialistischer Natur, aber was ist schon der große Unterschied, wenn im Grunde genommen alles auf Unterdrückung und Einschüchterung basiert? Somit finde ich den Namen der Ausstellung mehr als treffend gewählt und hoffe beim nächsten man mehr Zeit zu haben mir das en Detail anzuschauen.
Nach ca 4 Std. war unser Spaziergang zuende und wir mussten uns auf dem Weg zum Flughafen machen.
Wir haben, bei diesem zweiten Besuch auch sehr genossen, wenn auch nur sehr kurz. Aber der Einblick, den wir bekommen haben, hat wieder Lust auf mehr gemacht, und schon ein paar to-do´s für das nächste mal gebracht.