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Dienstag, 9. April 2013

Reisebericht Thailand 2013 - Chiang Mai Teil 1

Eine neue Reise. Mit welcher Selbstverständlichkeit wir so was antreten. Jedes Jahr den Katalog aufschlagen oder im I-Net surfen und sich ein neues Ziel aussuchen. Dann steigt man in einen Bomber ans andere Ende der Welt und einige Stunden später ist man am Ziel, um sich zu vergnügen, ein "Abenteuer" mit Fangseil und doppeltem Boden zu erleben oder sich einfach nur zu erholen.
Aber wie ist es, wenn man nur noch wieder in die Heimat möchte, fragte ich mich im Flugzeug, während ich Argo sah. Damals, Ende der 70er, war es noch ein reelles Abenteuer einen Flieger zu besteigen und um die halbe Welt zu jetten. Die Angehörigen der U.S. Botschaft im Iran erlebten ihr blaues Wunder als das Regime gestürzt wurde und sie das Land nicht verlassen konnten und sogar untertauchen mussten. Auch sie hatten Wünsche und Hoffnungen als sie anreisten und am Ende ist ihnen die Flucht nur knapp gelungen.
Heutzutage ist es sehr normal geworden alles von zu hause aus erledigen zu können und wenn wir dann in die Freiheit entlassen werden, fangen Probleme auch schon oft sehr schnell an. Das fängt schon beim Wetter an, geht über das Essen bis hin zur Pünktlichkeit.
Ein wenig Rückbesinnung auf die eigentlichen Gründe des Reisens, nämlich das Kennenlernen fremder Kulturen und das Erleben von etwas Neuem und Andersartigem, stünde uns nicht schlecht zu Gesicht.
Also auf in unser "Abenteuer light"!
Wir haben wieder einmal Thailand als unser Ziel gewählt, weil es einfach schön ist und wir auch noch einige Ecken nicht kennen. Und genau an solche sollte es gehen. Unser erstes Ziel war Chiang Mai, die Rose des Nordens. Den Titel können wir zwar nicht bestätigen, aber dazu später mehr. Allerdings erfüllten wir uns mit der Reise einen langgehegten Wunsch.


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Nach dem, zugegebenermaßen kurzweiligen Flug nach Bangkok mit dem A380 und dem Anschlußflug in die zweitgrößte thailändische Stadt, waren wir morgens in unserer Bleibe, dem Ratilanna, angekommen. Ein schönes Hotel nicht weit von der Altstadt, direkt am Fluß Ping gelegen. Wichtig war erstmal nicht tagsüber schon einzuschlafen, weswegen wir erstmal am Pool entspannten.

 Lobby des Ratilanna

Abends, es war Samstag, sollte es auf den Nachtmarkt gehen. Dabei ist zu bemerken, dass es neben dem täglichen Nachtmarkt, auch eine sog. Saturday Walking Street gibt. Beides ist ziemlich groß, aber der S.W.S. scheint mehr für Einheimische gemacht zu sein, während der Andere etwas touristischer ist. Ausser Lebensmitteln und Garküchen gibt es dort auch den üblichen Nippes, aber auch schöne Handwerkskunst als Souvenirs. Auffällig waren die vielen Musikanten, die fast ausnahmslos entweder körperlich versehrt oder Kinder waren. Irgendwie wurden wir aber das Gefühl nicht los, dass dies irgendwie organisiert war.


 Saturday Walking Street

Nach einer langen Nachtruhe stand am folgenden Tag Sightseeing an. Wir ließen uns in die Altstadt bringen, die dadurch zu erkennen ist, dass sie teilweise noch von einer Stadtmauer und vollkommen von einem Wassergraben umgeben ist. Das erste Bauwerk war der Wat Chedi Luang, ein Tempel aus dem 14. Jh, der allerdings nicht begehbar ist aber dafür der Tempel im Vordergrund, der (wie fast alle Tempel) reichhaltig dekoriert ist und wirklich lohnt.



 

 
 Wat Chedi Luang

Auf der Suche nach dem Wat Phra Singh haben wir uns irgendwie verlaufen, und kamen stattdessen am Wat Saen Muang Ma Luang raus, der sich aber keineswegs verstecken musste, denn auch dieser war toll dekoriert und auch wenn er wegen Renovierungsarbeiten nur eigenschränkt zu besichtigen war, jede Minute wert.

 

 Wat Saen Muang Ma Luang

Nachdem wir uns neu orientiert hatten ging es dann wirklich zum Wat Prah Singh, dessen Chedi schon Mitte des 14Jh. erbaut wurde. Das Gelände ist groß und überall stehen Bäume und kleinere Gebäude, die zum Entdecken einladen. Was mir auffiel waren die vielen Händler auf dem Gelände, die mich an eine Geschichte aus der Bibel erinnerte, als Jesus die ganzen Händler innerhalb des Tempelgeländes hochkant hinauswarf. Sehen wir Christen solche Dinge vielleicht doch zu eng?




 Wat Prah Singh

Das Highlight war aber zum Ende des Nachmittags, der Wat Phra Doi Suteph, der ausserhalb der Stadt auf einem Berg liegt und die wichtigste Glaubensstätte in Thailand ist. Uns erinnerte es etwas an eine kleinere Ausgabe der Shwedagon Pagode in Yangoon. Dementsprechend ist das Besucheraufkommen, das sich die über 300 Stufen hinaufquält, vorbei an lieblichen kleinen Kindern in schönen Trachten, die sofort die Hand aufhalten und "Money" rufen wenn man sie knipst.

Schau her, ich hab dein Geld...

Ein wirklich schöner Ort wenn man die ganzen Horden wildgewordener Touris ausblendet, die, nicht selten, jeden gebührenden Anstand vermissen lassen. Aber da wir auch ein Teil davon waren, haben wir wenigstens versucht uns halbwegs respektvoll zu verhalten. Am schönsten ist dieser Ort wirklich in den späten Nachmittagsstunden, wenn die Sonne nicht mehr so brennt und das Licht wärmer wird. Die goldenen Buddhas und der Chedi leuchten förmlich im Glanz der untergehenden Sonne und verleihen dem Ort etwas Magisches.



Wat Prah Doi Suteph

Abends waren wir auf dem eigentlichen Nachtmarkt, der noch etwas größer ist als die S.W.S. ist. Wir haben die Gelegenheit zum Essen genutzt und ein wirklich nettes Restaurant gefunden, das zuerst eher wie eine Bar wirkte, aber durch leckere Küche überzeugte. Das Hot Chili hat sehr feine Gerichte und einen guten Service.
Der nächste Tag stand im Zeichen der Elefanten. Wenn man in Chiang Mai Elefanten sehen will, ist es wie wenn man in Rom Kirchen sehen will: Es mangelt nicht an Angeboten! Jedoch sollte man recht genau schauen was man zu sehen bekommt. Neben "Zirkuscamps" oder Elefantenreiten, gibt es auch etwas wie Elefantenheime, die sich um die misshandelte Tiere kümmen. In Thailand ist es nämlich so, dass Elefanten nicht mehr zum Arbeiten, insbesondere für den Holzeinschlag im Urwald, gebraucht werden dürfen, seitdem sie unter Schutz gestellt wurden. Dies führte allerdings dazu, dass die Mahouts genannten Elefantenführer, nicht mehr genug verdienten, um die Tiere zu ernähren und somit nach anderen Einnahmequellen suchen mussten. Nun werden viele der Tiere erniedrigt und für absurde Dinge missbraucht.
Somit war unsere Wahl recht klar, nämlich ein Elefantenheim zu besuchen und einen Tag mit Füttern, Waschen und Spielen verbringen. Das Camp von Lek liegt etwa eine Std von Chiang Mai entfernt und heisst Elephant Nature Park, wo die dort untergebrachten Tiere ihr Gnadenbrot bekommen. Schon bei der Ankunft konnten wir uns davon überzeugen, dass einige schlimme Schicksale erfahren mussten. Von geblendeten Tieren über schwerverletze mit Hüftschäden, und einigen weiteren, gut dokumentierten Leidensgeschichten, wurde uns berichtet und es trieb uns die Tränen in die Augen. Als wir sie jedoch erlebten und interagieren konnten, haben wir den traurigen Anlass ihrer Anwesenheit erstmals vergessen können, denn wir spürten wie wohl sie sich fühlten. Dabei wurden uns die komplizierten sozialen Geflechte zwischen den Tieren erklärt, die sehr doch stark an uns Menschen erinnerten. So gab es bestimmte Reihenfolgen beim Essen, jeder Elefant hatte einen bestimmten Gefährten usw.


Beste Freunde

Nach einem üppigen Mittagessen, bei dem die Tagesgäste auch mit den Freiwillgen speisten, die teilweise mehrere Tage dort verbringen, ging es zum Baden im Fluss. Was soll ich sagen: Es war überwältigend und die Tiere hatten ähnlichen Spass wie wir. Überhaupt war es ein bewegendes Gefühl zu sehen, dass diese Tiere einen Ort gefunden haben, der ihnen Frieden und Freiheit garantiert, bis an ihr Lebensende.


Badespass

Kurz vor Schluß bekamen wir einen verstörenden Film gezeigt, der das Leben der Elefanten in Thailand zeigt und auch auf eine traditionelle Zähmungspraxis einging, dem Kraal, was mich derart wütend machte, das ich es kaum beschreiben kann.

Ein kurzer Moment der Ruhe vor den Gästen

Was den Elefanten größtenteils angetan wurde, ist kein Spass und uns ist dort aufgegangen, dass die ganze Urlaubsbespassung, die so oft angeboten wird, meist eine traurige Vorgeschichte hat. Ist ja auch klar, oder warum sollte ein Elefant einen Handstand auf einem Eimer machen oder ein Tiger durch einen Feuerreifen springen? Bis sie an einem solchen Punkt angelangt sind, haben sie Höllenqualen durchlitten und sind nur noch eine Kopie der stolzen Tiere, die sie mal waren. Sie sind gebrochen und haben mit den Tieren in Freiheit wenig gemein.
Worin liegt denn die Faszination so was zu sehen? Warum sollte ein wildes Tier sich zum Idiot machen und etwas tun, das keineswegs in seiner Natur liegt? Leider ist solch ein "Unterhaltungsangebot" weit verbreitet und es obliegt der Verantwortung eines Jeden selbst auch im Urlaub eine gewisse Sensibilität walten zu lassen und so was nicht zu unterstützen. Daheim regen wir uns ja auch über den Pferdefleischskandal auf. Warum also nicht auch im Urlaub ein gewisses Verantwortungsbewusstsein an den Tag legen?
In Familienurlauben hat man, in der heutigen, schnelllebigen Zeit, wieder einmal Gelegenheit, als Familie viel Zeit miteinander zu verbringen. Das dies nicht immer einfach ist, dürfte kein Geheimnis sein, vor allem wenn man pubertierende Kinder dabei hat. Wir blieben von größeren Streitigkeiten verschont, es gab aber immer wieder mal Diskussionsbedarf. So z.B. das Thema Internet, das nun leider auch im Urlaub Einzug hält, jetzt wo WiFi und Smartphones überall dabei sind. Leider Gottes ist man nicht mehr 2 Wochen weg, sondern man hat jeden Tag immernoch die Möglichkeit mit daheim zu chatten. Uns war das ein Dorn im Auge und jeder Versuch einer konstruktiven Diskussion wurde abgeschmettert. Im nächsten Urlaub müssen wir somit zusehen, dass wir wieder back to the roots finden.
Zum Frühstück gibt es im Rattilana Hotel einen netten Brauch. Um 7.30h kommt täglich ein Mönch vorbei, der per Ruderboot um Almosen für sich und seine Brüder im Kloster bittet. Als Gast kann man die Übergabe vornehmen mit Gaben, die das Hotel bereitstellt. Dies war natürlich eine Aufgabe, die wir gern übernahmen. Es war schön wie der Mönch im Morgennebel auf dem Fluss hochkam und die Gaben entgegennahm. Zum Abschluss sprach er noch ein Gebet für uns und zog weiter seines Weges.

Leb wohl!

Chiang Mai ist das Einfallstor in den Norden des Landes. Ein typischer Moloch, der sich wie ein Geschwür ausbreitet. Von der Altstadt abgesehen, ist die Stadt nicht sonderlich schön, hat aber sicher auch schöne Ecken. Irgendwie hatten wir uns die Stadt etwas "ländlicher" vorgestellt, aber um das rurale Nordthailand zu erleben, muss man weit aus der Stadt rausfahren um den diversen Aktivitäten in freier Natur nachgehen zu können. So, wie wir. Wir wollten im Urwald durch die Gipfel der Giganten schweben wie die Gibbons, die der Attraktion den Namen gaben: Flight of the Gibbon. Dabei wird der Kunde über Stahlseile von Baum zu Baum befördert. Ein wirklicher Spass in einer tollen Landschaft, um Baan Mae Kampong, im Mae Thakrai Nationalpark. Hier war sie, die traumhafte Berglandschaft, an die man denkt wenn man von C.M. redet.
Die Seilbahnen waren sehr spassig, die längste war 800m lang, allerdings sind etwa 30 Bahnen etwas zu einseitig und ich würde eher einen Hochseilgarten empfehlen, bei dem es sicher abwechslungsreicher zugeht. Hinterher gab es noch ein Mittagessen und im Anschluß einen Besuch bei einem nahgelegenen Wasserfall, bevor es wieder ins Hotel ging.

 
 
 Flight of the Gibbon

Unsere Gesellschaft macht es den Kindern nicht einfach auf Statussymbole zu verzichten. Iphones, Pads und, wie in diesem Urlaub auch oft gesehen, e-reader, sind schwere Trends bei Hipstern. Mir wurde von unserer Tochter vorgehalten wie mir denn in den Sinn käme, Wandersandalen zu tragen. Absolut unhip und ein no go! Klar, sie sind keine Schuhe mit denen man einen Schönheitspreis gewinnt, aber da ich Thailändische Sicherheitsschuhe (aka Flip-Flops) hasse und mir, in meinen geliebten Sneakern meine Füsse abgefault wären, sind diese Sandalen in Punkto Bequemlichkeit und Stabilität kaum zu schlagen.
Nach unseren Erlebnissen mit den Elefanten und im Urwald, bei gefühlten 40°C, fragte ich unsere Tochter wie denn das Fussklima in ihren Sneakern sei, denn die Flip Flops waren dafür völlig ungeeignet. Darauf erntete ich nur ein verschmitztes Lächeln.
Nach sportlicher Betätigung ist Entspannung angesagt. Das Spa im Hotel war der willkommene Ort um sich nach einem ereignisreichen Tag zu erholen. Wir machen es zwar nicht oft, jedoch sehr gerne, denn es ist irgendwie eine wirkliche Wohlfühloase von geübten Händen durchgeknetet und wiederbelebt zu werden.

 Morgenstimmung am Pool

Vier Tage hatten wir in C.M., was für einen kurzen Überblick reicht, aber wo wir auch noch länger hätten bleiben können. Es gibt, gerade im Bereich Aktivurlaub, sicherlich noch etliche mehr Möglichkeiten die Zeit dort gut zu verbringen. Uns hat es sehr gut gefallen und wir hoffen wiederkehren zu können.

Freitag, 14. Dezember 2012

Panoramen weltweit

Einen Besuch auf der folgenden Seite möchten wir euch gern ans Herz legen. Auf dieser Seite kann man sich viele interessante Orte auf dieser Welt besuchen.
Alles wird als Panorama bzw 360° Luftaufnahmen gezeigt. Erinnert ein wenig an Street View bzw Google Earth, und ist auch von der Bedienung aehnlich, aber die Qualität ist beeindruckend. Lasst euch überraschen und auf eine Reise mitnehmen.

Airpano.com

Sonntag, 28. Oktober 2012

Reisebericht Lissabon 2012

Lissabon ist für mich immer ein stückweit wie heimkommen. Es leben einige Familienmitglieder dort und dementsprechend habe ich/wir immer einen Grund wieder dorthin zurückzukehren.
Dieses Jahr war es mal wieder soweit und die Vorfreude stellte sich zeitig ein. Für Unterkunft zu sorgen war, dank o.g. Umstände, recht einfach und somit konnte ich mir Gedanken über meine Vorhaben für die Woche machen. Wenn man, wie ich, schon etliche male an einem Ort war, ertappt man sich gern dabei immer wieder die Plätze aufzusuchen, die man kennt und einem gefallen. Die anfängliche Entdeckungslust flaut etwas ab und irgendwie wiederholt sich das meiste. Sicherlich sind diese schön und es gibt bestimmt einen Grund dorthin zurückzukehren, aber nach der Heimkehr festzustellen, dass man eben kaum etwas neues gesehen hat, empfinde ich immer als etwas schade. Spätestens dann ist es an der Zeit sich einen Ruck zu geben, der Neugier nachzugeben und wieder auf Entdeckungstour zu gehen. Das war auch mein Vorhaben in diesem Jahr. Die Stadt kenne ich schon recht gut, aber o.g. Problem führte mich diesmal in Viertel und Ecken, die ich entweder noch nicht kannte, oder schon sehr lange nicht besucht hatte.
Wer Lissabon kennt wird wissen, dass diese Stadt ein besonderes Flair versprüht. Klar, das tut jede Stadt, aber vielleicht gelingt es mir etwas von dem rüberzubringen, was diese Stadt für mich so einzigartig macht.


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Wer die Stadt am Tejo in diesen Wochen und Monaten besucht, wird eins feststellen. Die Stadt hat sich verändert! Diese Veränderungen laufen nicht wie gewöhnlich ab, in dem beispielsweise etwas Altes abgerissen, und etwas Neues hingestellt wird. Derzeit greift die Rezession in einem Maße um sich wie man es sicherlich nicht mehr seit der Nelkenrevolution 1974 erlebt hat. Geschäfte schließen, der Leerstand nimmt zu und alte Gebäude werden oft dem Verfall überlassen. Die Melancholie und Sehnsucht, die sog. Saudade, ist fühlbar, denn den Menschen in dieser Stadt (und nicht nur dort) ist etwas abhanden gekommen: die Gelassenheit und die Gewissheit, dass das Leben gut ist. An deren Stelle tritt nun häufig die Not und Verzweiflung, die dem aufmerksamen Beobachter immer wieder auffallen. Mal ist es die alte Dame vor der Kirche, der ihre Rente nicht zum überleben reicht, mal sind es die Schlangen vor den Arbeitsämtern, die Nachtschwärmer, die ihre Getränke nicht in der Kneipe kaufen sondern im Supermarkt oder einfach nur das Verhalten der Menschen daheim, die anfangen ihre Ausgaben zu drosseln und zu kontrollieren. Dies wird den meisten Touristen verborgen bleiben, aber wenn man die Möglichkeit hat mit Menschen vor Ort zu sprechen und genau hinhört was sie sagen, läuft alles auf einen Punkt hinaus: Zukunftsängste!




Historie und Moderne

Auf der anderen Seite ist aber zu beobachten, dass der Zusammenhalt deutlich stärker ist als wir ihn kennen. Die Gesellschaft in Portugal hat einen ausgeprägten Sinn für Zusammengehörigkeit und ein feines Gespür dafür wenn sie enger zusammenrücken muß. Dies fängt natürlich schon in den Familien an, wo die Kinder noch mit Ende 20 bei den Eltern leben, aber auch mit Nachbarschaftshilfe, die sofort greift wenn jemand in Not gerät. Dabei haben viele selbst kaum genug um selbst in Wohlstand zu leben.

Auf meinen Streifzügen durch die Stadt konnte ich mir zumindest teilweise ein Bild davon machen wie herzlich die Menschen dieser Stadt doch sind. Immer bereit einem Fremden weiterzuhelfen oder für einen kurzen Plausch zu haben.
Wie ich eingangs schon erwähnte, wollte ich dieses Jahr eher mal Ecken sehen, die ich entweder nicht kannte, oder schon lange nicht mehr gesehen hatte. Davon erzählte ich auch meinen Cousin, der mir gleich mit Kartenmaterial helfen konnte, das sich als recht nützlich herausstellte. Lisbonwalker, eine Agentur für Stadtführungen, hat ein Kartenset herausgebracht in dem 52 Spaziergänge durch die Stadt vorgestellt werden, die oft abseits der Touristenpfade verlaufen, aber dennoch viele, auch weniger bekannte, Sehenswürdigkeiten ansteuern. Damit bewaffnet konnte ich mich auf den Weg machen, wobei ich jedoch nicht nur die Strecken ablief sondern mich einfach treiben ließ und auch mal woanders abbog als es empfohlen war.

 

Von außen unscheinbar, von innen toll: S. Roque

 

Rathaus

Hinter dem Hauptbahnhof Sta. Apolonia begann für mich der Erkundungstrip, der mich in den nächsten Tagen bis nach Belem, am westlichen Ende der Stadt bringen sollte. Während der Bahnhof sich noch auf NN befindet, geht es schon 20m dahinter auf die Hügel der Stadt. Lissabon wurde auf 7 dieser Hügel erbaut und steht Rom somit in nichts nach. Schon nach wenigen Metern erreicht man die Igreja de Sta. Engracia, auch als Pantheon bekannt. Dort werden all die portugiesischen Berühmtheiten beigesetzt. So liegen dort neben Präsidenten wie Teófilo de Braga und Oscar Carmona auch Schriftsteller wie Almeida Garrett und die Sängerin Amália Rodrigues.


Sta Engracia

Weiter bewegte ich mich durch immer engere Gassen in westlicher Richtung, die mich an Kirchen wie der Sao Miguel und später der Sé (Kathedrale der Stadt) vorbeibrachten. Auf dem Weg zur Burg, die ich dieses mal aus bekannten Gründen aussparte, kommt man in der Rua Saudade vorbei, die doppelseitig Sackgasse ist, weil man in der Mitte dieser Straße, bei Bauarbeiten, auf Fundamente aus der Römerzeit stieß, und sie nun archäologische Grabungsstätte ist. Allerdings kann man als Fußgänger daran vorbeilaufen und einen Blick auf die Säulen und Mauern werfen.



In der Alfama


Casa dos Bicos

Ein nettes Café mit guten Snacks kann ich empfehlen, wenn man in der Nähe der Sé ist: das CruzesCredo, das nicht nur optisch was hermacht, sondern auch ordentliches auf den Tisch zaubert.

 

Cruzes Credo

Die Tram 28 ist ein weltbekanntes Touristenziel für Lissabon. Sie hat aber auch für die Einheimischen einen sehr praktischen Sinn: Sie verbindet nämlich den die Stadtteile Campo Ourique im Westen mit den östlich gelegenen Stadtteilen Graca und Alfama und erspart somit den beschwerlichen Weg bergauf. Das habe ich natürlich auch genutzt um allerdings die Baixa (Unterstadt) zu durchqueren und zu einem anderen Hingucker zu kommen.

 

In der Tram 28

Lissabon ist, wie bereits erwähnt, auf Hügeln gebaut worden und wird von diversen Straßenbahnen und Bussen befahren. Allerdings gibt es ein paar Ecken, die weder von dem einen noch dem anderen Verkehrsmittel erreicht werden können. Dafür gibt es in der Stadt dann insgesamt drei sog. "Ascensores" bzw. "Elevadores"; auf deutsch: Aufzüge, die aber mehr eine Kabelbahn sind die auf direktem Weg den Hügel erklimmen. Alle drei, Elevador da Bica, do Lavra und da Glória sind inzwischen Nationale Denkmäler und bleiben somit noch hoffentlich lange erhalten. Den Elevador da Bica wollte ich mal in Aktion sehen und stieg aus der Tram 28 an der Haltestelle Calhariz aus. Dort oben kann man gleich den steilen Hang sehen, an dem sich das betagte Gefährt jeden Tag mehrfach abkämpfen muß. Allerdings ist es auch ein sehr schönes Fotomotiv, das unbedingt lohnt.

 

Elevador da Bica

Eine weitere Besonderheit, und Ziel meinerseits, sind die vielen Miradouros, die sich in der Stadt verteilen. Immer offenbaren sie eine tolle Aussicht auf Teile der Stadt und des Tejo. Sie liegen oft versteckt und von den üblichen Reiseführern werden meist nur 2-3 erwähnt, die um die Burg liegen, weswegen ich hier nicht auf diese eingehe. Als Tip sei erwähnt, dass sie am besten wirken wenn man sie zu Sonnenuntergang aufsucht bzw. abends hingeht wenn auch die Einheimischen dort anzutreffen sind. Einer dieser Orte ist der Miradouro Santa Cataria, der um die Ecke des Elevadors da Bica liegt. Dort hat man einen wirklich schönen Blick über den Fluss und die Brücke und kann bei einem Café den Tag ausklingen lassen.

 

Miradouro Sta Catarina

Auf meinem Weg zurück in den Bairro Alto, Lissabons Ausgeh- und Kneipenviertel, wollte ich gern ein etwas anderes "Museum" besichtigen, was sich allerdings etwas schwer gestaltete, da man die Infos nur im Netz bekommt und die "Ausstellungen" auch recht kurzlebig sind. Das Museu Efemero ist ein Projekt bei dem talentierte Grafitti Künstler die Wände des Viertels verschönern. Das Verschönerung dabei im Auge des Betrachters liegt, zeigt das "Kunstwerke" immer wieder übermalt werden und somit von der Bildfläche verschwinden. Die aktuellen "Lagepläne" kann man sich auf dem o.g. Link auf sein Smartphone runterladen und dann ansehen. Ausgangspunkt ist dabei die zweite Kabelbahn, nämlich der Elevador da Glória.

 

  

Grafitti und Museu Efemero

Direkt daneben befindet sich ein weiterer Miradouro, der gleichzeitig auch mein Favorit ist. Der Miradouro Sao Pedro de Alcântara bietet einen wunderbaren Blick über die Unterstadt und auf die Burg und dürfte die beste Möglichkeit sein selbige am Abend zu fotografieren.


 

 

Miradouro S. Pedro de Alcântara

Wer lieber in loungiger Atmosphäre den Sonnenuntergang über der Stadt genießen möchte, dem empfehle ich die Dachterasse des Hotel Mundial am Platz Martim Moniz. Ab 18.30h bietet sie mit ruhigen Beats und einer gut sortierten Bar einen anderen Ausblick auf beide Seiten der Baixa.

 

  

Hotel Mundial

Ja, fotografieren wird in Lissabon eine nimmer endende Aufgabe. Es bieten sich Motive an allen Ecken und das Licht in dieser Stadt ist ein extrem warmes und freundliches. Ob es an den hell gepflasterten Wegen liegt oder ob andere Faktoren eine Rolle spielen, da mögen die Meinungen auseinander gehen, aber eines bleibt klar: die Verhältnisse sind für Fotografen klasse.

 

 

Baixa mit Castelo S. Jorge

Der Bairro Alto ist nicht nur Abends ein Besuch wert. Auch tagsüber sind die engen Gassen zwischen Rua S. Pedro Alcântara und Rua Século lebendig, wenn auch etwas ruhiger als abends. Tagsüber erwischt man eher mal die Hausfrau, wie sie vom Einkaufen kommt oder die Fenster putzt, sowie die Lieferanten für Restaurants und Bars. Jedoch sollte man einen Blick auf die teilweise reichhaltig mit Azulejos, den portugiesischen Kacheln, verzierten Hausfronten werfen. Die Azulejos sind portugiesisches Nationalgut, obwohl die Technik und die Kunst sie zu brennen eigentlich aus dem maurischen Kulturbereich stammt, aber in der Blütezeit des portugiesischen Imperiums wurden sie zu Status symbolen und die Technik der Herstellung perfektioniert. Inzwischen hat sich schon ein Sammlermarkt gefunden, der für Originale aus dem Mittelalter kleine Vermögen zahlt. Überhaupt finden sich in der ganzen Stadt Azulejos. Viele Hausfronten sind damit verziert aber meist handelt es sich um modernere Stücke, die mit den alten nichts gemein haben. Originale findet man meist nur noch an öffentlichen Gebäuden, Kirchen und Museen, und erkennt sie oft daran, dass Alltagsszenen von damals abgebildet sind.
Einen kleinen Essenstipp habe ich für das Bairro Alto. Auf der Rua da Rosa befindet sich das Japanische Restaurant "Novo Bonsai", das einen sehr ordentlichen Mittagstisch für 10€ serviert.
Am Ende der Rua da Rosa gelangt man auf die Rua Dom Pedro V und in deren Verlängerung die Rua da Escola Politécnica. Diese haben sich, für mich, als durchaus interessante Shoppingmeilen herausgestellt, die mit vielen kleinen Boutiquen und interessanten Läden aufwarten. Man findet an der Straße auch den Parque do Principe Real und gegenüber den Botanischen Garten, der, im Gegensatz zur Estufa Fria, die ein riesiges Gewächshaus ist, open air ist und auch über einen kleinen Schmetterlingspavillion verfügt.



Botanischer Garten

Sao Bento ist ein Stadtteil, der wenig von Touristen besucht wird. Er schließt sich westlich an den Bairro Alto und wird von Osten her vom Stadtteil Estrela abgegrenzt. Im wesentlichen ist es ein gutbürgerliches und beliebtes Wohnviertel, das viele gut erhaltene Immobilien hat. Das bekannteste Gebäude dürfte der Regierungspalast sein, der in letzter Zeit öfter Schauplatz von Demonstrationen war.

 

In Sao Bento mit Regierungspalast im Hintergrund

Der Stadtteil Estrela wird durch seinen großen Dom überragt. Ein imposantes Bauwerk, dass auch gut als Orientierungspunkt dient und von der Tram 28 angefahren wird, die ja, wie bereits erwähnt auf einer Ost-West Achse diverse Sehenswürdigkeiten verbindet. Ein beliebter Ort, der für mich persönlich zu meinen Lieblingsplätzen gehört, und deshalb nicht ausgelassen wurde, ist der Park vor dem Dom. Eine relativ weitläufige Grünanlage in der sich viele Einheimische erholen und die sonnigen Tage genießen,weshalb ich auch immer wieder gerne dorthin zurückkehre.


Estrela Dom

Wenn man Lissabon besucht und sich mit echten Lisboaetas unterhält fällt das Gespräch fast zwangsläufig auf Fußball. Es dürfte wenige Städte geben, die so Fußballverrückt sind wie Lissabon. Geteilt werden die Bewohner durch ihre Vorliebe für einen der Clubs Benfica oder Sporting. Der dritte, größere Club Belenenses spielt leider keine besondere Rolle mehr. Aber die Rivalität zwischen den Roten und den Grünen ist legendär und schon historisch. Benfica als Club der Arbeiterbevölkerung geründet, hatte schon immer die Ablehnung des Aristorkatenclubs Sporting ertragen müssen. Während in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts diese gesellschaftlichen Unterschiede eine Rolle spielten, ist dies in den letzten Jahrzehnten immer unbedeutender geworden. Meist wird einem der "richtige" Verein schon mit in die Wiege gelegt und die Mitgliedschaft in selbigem gleich dazu. Benfica ist heutzutage mit etwa 220.000 Mitgliedern der größte Verein der Welt und auch ich bekenne mich dazu Benfiquista zu sein. Dementsprechend ist es auch immer Pflicht ein Spiel im Stadion zu sehen. Diesmal hatte ich das Glück, wobei es eigentlich kein Glück war, da wir verloren, das CL Spiel gegen Barcelona zu sehen.


Der Einflug von Vitória

 

Lissabons Prachtstraße ist die Avenida da Liberdade, die den Rossioplatz (offiziell: Praca dos Restauradores) mit dem Parque Eduardo VII verbindet. Auf etwa 2km Länge kann man unter Bäumen flanieren oder einfach der totalen Kaufwut verfallen, die einen an den Rand des Ruins bringen kann, wenn man die ganzen High-End Läden beglücken will. Ich empfehle hier einen Spaziergang vom Marquês de Pombal am unteren Ende des Parque Eduardo VII runter zum Rossio und dann über eine der Prachtstraßen der Baixa zur Praca do Comercio, die für viele Touren usw. als Ausgangspunkt dient.

 

 

 

 

Parque Eduardo VII, Marquês de Pombal 
und Avenida da Liberdade


Rossio



Praca do Comercio

Westlich der Brücke, direkt an Alcântara angrenzend, liegt der Stadtteil Santo Amaro. Eigentlich auch eher ein Wohnviertel, verfügt dieses auch über einen kaum bekannten Miradouro, der wieder eine andere Perspektive der Stadt offenbart. Direkt an einer kleinen Kapelle gelegen kann man sicher sein diesen Ort fast für sich allein zu haben.

  

Santo Amaro

Weiter westlich begibt man sich ins Ajuda Viertel, das zwar einen großen Palast mit ansehnlicher Kunstsammlung beherbergt, aber auch ein Viertel für sozial schwächere Familien und Menschen ist. Auf meinem Streifzug dort habe ich doch einige Armut gesehen, aber dafür auch sehr hilfsbereite und freundliche Menschen getroffen.

 

 

Ajuda

Der Palast selbst war von Mitte des 19. JH bis 1910 Königssitz und ist heute Museum.

 

Blick vom Ajudapalast


Blick auf den Ajudapalast

Ein Ort, der fast schon in Vergessenheit geraten ist, aber eigentlich zum Palast gehörte, sind die Gärten, die auf der Rückseite liegen. Durch ein etwas heruntergekommenes Tor gelangt man hinein und wird mit einem Anblick belohnt, der mich sehr überrascht hat. Der Kontrast zwischen Verfall und liebevoller Arbeit, die hinter den Mauern verrichtet wird, ist beachtlich und was man dort zu sehen bekommt ist wirklich wunderschön. Es gibt auch eine kleine Forschungseinrichtung, die den Studenten der Lissaboner Uni die Möglichkeit gibt Studien zu betreiben. Dies ist ein Ort, für den es sich aus meiner Sicht schon gelohnt hat auf Entdeckungstour zu gehen.

 



 

Ajuda Gärten

Der Stadtteil Ajuda liegt oberhalb von Belem, einem der schönsten und geschichtsträchtigsten Stadtteile Lissabons. Über die Calacada da Ajuda gelangt man praktisch direkt vom Palast bis hinunter nach Belem zum Präsidentenpalast. Danach ist es ein einfaches sich diverse Bauwerke und Sehenswürdigkeiten anzusehen. Doch zuerst sollte man sich in der bekannteste Konditorei der Stadt, der Antiga Confeitaria de Belem, die die weltbekannten Pasteis de Belem produziert, stärken. Man sagt, man wäre nicht in Lissabon gewesen, wenn man diese kleinen Köstlichkeiten nicht probiert hätte. In unmittelbarer Nähe befindet sich der Jardim do Ultramar, ein weiterer sehenswerter Park u.a. auch mit vielen Tieren aus den ehemaligen portugiesischen Kolonien.

 

 

 

Belem

Der Blickfang in Belem aber dürften das Hieronymuskloster, Mosteiro dos Jerónimos, sein. Dieses Meisterwerk manuelinischer Baukunst gehört zum UNESCO Weltkulturerbe und wer es einmal gesehen hat, weiß auch warum. Es ist eines von zwei Weltkulturerben in Lissabon und offenbart die Pracht des einstigen Weltreichs in seiner vollen Schönheit.
Wenn man den Jardim da Praca do Império mit seiner riesigen Fontäne durchquert hat und die Unterführung unter der Stadtautobahn genommen hat, gelangt man direkt zum Entdeckerdenkmal, das 1960, zum 500 jährigen Jubiläum des Todestags Heinrichs des Seefahrers, errichtet wurde. Unweit davon, befindet sich das zweite UNESCO Weltkulturerbe, die Torre de Belem. Dies, denke ich, zeigt in etwa warum man Belem bei einem Lissabonbesuch nicht auslassen sollte. Auch der Blick von der Uferpromenade auf den Fluß und die tolle Sicht auf die Brücke ist ein weiterer Grund dorthin zu fahren. Nicht vergessen sollte man das CCB, das Centro Cultural de Belem. Wenn es mal grade keine Ausstellung gibt, ist es dennoch einen Besuch wert, weil man oben im Garten ein Café trinken kann und von der erhöhten Position nochmal einen besseren Blick hat.

 

 

 

Mosteiro dos Jerónimos und Torre de Belem

Bislang hatte ich den Stadtteil Alcântara ausgelassen. Dieses Jahr konnte ich das Viertel wieder etwas besser kennenlernen. Ich hatte das Glück mit einem meiner Cousins eine Open Air Konzert zu besuchen, das vor einer Kulisse stattfand, die irgendwie auch nur in Lissabon geht. Im Rahmen des MEO outjazz, fand in einem weiteren Park (ja, es gibt viele davon, und einer ist schöner als der andere), der Tapada das Necessidades (auch dort gibt es einen wundervollen Miradouro), ein Happening statt, das unzählige Leute dorthin lockte. Der Park ist wunderschön verwinkelt mit einer großen Wiese, die die Bühne beherbergte. Die Laune war gut und es war schön zu sehen, dass im beschwerlichen Leben der Menschen dort, wenigstens für ein paar Stunden die Ausgelassenheit regierte und nicht die Sparpläne der Regierung das vorherrschende Gesprächsthema waren.

 

Miradouro Tapada das Necessidades

Dies rückte am 5. Oktober wieder ins Rampenlicht, als der Nationalfeiertag begangen wurde. Zum letzten mal, wie mir erklärt wurde. Im Rahmen der Sparmaßnahmen fiel auch dieser Feiertag dem Rotstift zum Opfer. Die Festlichkeiten, die bisher immer in aller Öffentlichkeit abgehalten wurden, sind dieses Jahr erstmalig hinter verschlossenen Türen begangen worden. Aus Sicherheitsgründen, wie es hinter vorgehaltener Hand hieß. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung konnte man jeden Tag erleben. Die Nachverkehrszüge wurden die ganze Woche bestreikt in der ich dort war. Die Metro fiel auch mehrmals aus und in öffentlichen Betrieben gab es auch immer wieder Streiks. Der Mindestlohn im Land liegt bei etwa 420€ im Monat und ich habe einige Menschen kennengelernt, die dafür arbeiten und dennoch fürchten müssen nicht mehr lange dieses Geld zu verdienen, weil ihre Zeitverträge u.U. nicht verlängert werden. Ich frage mich seither immer wieder ob wir nicht ein wenig selbstgefällig reagieren wenn wir über die Menschen in den sog. PIGS Staaten urteilen und allgemein über die faulen Südländer diskutieren. Die Nachrichten über Sparpläne, die Troika usw. bekamen für mich in diesen Tagen Gesichter. Es waren persönliche Schicksale von denen ich hörte und die mir zeigten, dass auch völlig normale Menschen, die sich nie etwas zu schulden kommen ließen, ernsthafte Sorgen haben können weil sie vielleicht für ein Unternehmen gearbeitet haben, dass Personal abbauen musste. Imponiert hat mir aber, dass die wenigsten gejammert haben. Zwar wird über die Regierung geflucht, aber jeder war sich bewußt, dass er selbst dafür sorgen muß um etwas zu erreichen. Etwas mehr Rücksicht und Verständnis ist alles worum gebeten wurde.
Ein weiteres Highlight der Stadt befindet sich unter der Erdoberfläche. Diverse Haltestellen der Metro, insbesondere der roten Linie, sind von Künstlern gestaltet worden und wirkliche Hingucker. Die Stationen, die in den letzten 15 Jahren in Betrieb genommen wurden haben alle etwas, das das U-Bahn fahren etwas schöner macht. Sie sind hell und freundlich und oft ertappt man Menschen dabei wie sie sich die Wände ansehen und die Details begutachten, von denen es viele zu entdecken gibt.






Metro Stationen

Wo ich grade bei der roten Linie bin, fahren wir doch bis nach Oriente, der Haltestelle des ehemaligen EXPO-Geländes. Es wurde nach dem Ereignis weiterhin genutzt und ist heutzutage ein Vergnügungs- und Naherholungsviertel wo man Ausgehen, Essen und Spaß haben kann.

 

 

 

Oriente und mehrere bekannte Bauwerke
des modernen Lissabon 

Neben vielen Restaurants und Bars gibt es aber auch hier wieder Gärten und eine große Multifunktionshalle für Konzerte und andere Großveranstaltungen, sowie das Messegelände und das Ozeanarium. Es handelt sich dabei um das größte Aquarium Europas und ist ein Ort den ich auch jedes Mal besuche, weil mir das Leben im Meer sehr am Herzen liegt. Dieses mal gab es eine Sonderausstellung zu Meeresschildkröten, die die prekäre Lage, dieser wundervollen Meeresbewohner erklärte und zeigte.



 

Im Ozeanarium

Lissabon hatte ich dann schon einigermaßen ausführlich besucht, und wenn man Zeit hat, lege ich neben einen Besuch in Sintra bzw. entlang der Küste dorthin, auch einen weniger langen Trip, der mit der Fähre einfach auf die andere Seite des Tejo führt, ans Herz. Vom Terminal am Cais do Sodré geht es nach Cacilhas. Dieses Stadt war einst komplett vom größten Arbeitgeber Lisnave, einer großen Werft, abhängig, bis dann in den 90ern die Pleite kam und schlagartig tausende ihren Job verloren. Das ehemalige Gelände gibt es noch immer und es ist am  enormen Kran weithin zu erkennen.
Heute ist Cacilhas ein verschlafenes Städtchen, das seine besten Zeiten hinter sich hat, und in dem noch viele Bauten Zeugnis darüber ablegen, dass diese Stadt mal sehr lebendig war. Neben der tollen Sicht auf Lissabon, kann man von Cacilhas aus zur Christusstatue Cristo Rei und nach Costa da Caparica, dem Badeort der Lisboetas gelangen. Einfach am Busbahnhof fragen welchen Bus man nehmen soll.



 
 


Cacilhas

Das Aqueduto das Águas Livres ist ein weiterer Meilenstein in der Geschichte Lissabons. Vor bald 300 Jahren wurde es erbaut und diente einst der Wasserversorgung der Stadt. Es überstand das große Erdbeben von 1755 und verrichtete seinen Dienst bis 1967. Seitdem ist es einfach ein weiteres Bauwerk, das sich in die lange Liste der Sehenswürdigkeiten einreiht. Ich hatte es schon häufig gesehen, jedoch meist aus einem Auto, das unter den großen Bögen auf den Schnellstraßen fuhr. Somit hatte ich mir für den letzten Abend vorgenommen es endlich mal abzulichten. Wie schon gesagt unterqueren so einige Schnellstraßen das Bauwerk und es ist nicht wirklich etwas für Fußgänger. Allerdings habe ich doch die ein oder andere Ecke gefunden von der aus ich ein Bild machen konnte. Aber urteilen Sie selbst ob es sich gelohnt hat.