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Sonntag, 19. Juni 2016

Reisebericht Helsinki 2016

Nachdem wir vor drei Jahren die Leningrad Cowboys vergeblich in St Petersburg gesucht haben, versuchten wir es dieses Jahr mal mit Helsinki, wo sie eigentlich herkommen sollen.

Uspenski Kathedrale

Das war sicherlich nicht der Grund in das Land der 1000 Seen (eigentlich sind es ca 180.000) zu fahren, aber Helsinki liegt nicht nur geographisch am Rande Europas, sondern fristet touristisch, verglichen mit anderen europäischen Hauptstädten, auch eher ein Schattendasein. Das dies völlig unberechtigt ist, möchten wir euch hiermit gern zeigen.



Vor einer Reise bricht jedoch meist Hektik aus. Sind die Haustiere versorgt, die Blumen gegossen oder der Müll rausgestellt?
Auch die Sprößlinge müssen natürlich versorgt sein bzw in der Lage dazu es selbst zu tun, und darüber entbrandete bei uns diesmal eine lebhafte Diskussion. Ich fand 50€ auf dem Tisch und als ich fragte wozu die seien, hiess es, dass es ein backup sei und das Kind müsse ja, für die vier Tage unserer Abwesenheit, auch etwas essen. Ich rechnete kurz nach: Pizza, Döner, Thai, Burger... jeden Tag auswärts essen bzw Lieferservice... Darauf entgegnete ich, dass wir auch einen Kühlschrank hätten, und der zur freien Bedienung sei... "Ja, aber..." usw und so fort... Ich möchte euch an dieser Stelle nicht mit den Details langweilen, aber vertrete den Standpunkt, dass ein bald volljähriger Teen durchaus in der Lage sein dürfte, sich mit vorhandenen Mitteln selbst zu versorgen. Ein backup wären für mich 10eur, wenn es mal wirklich nicht kochen will oder sich mal etwas gönnen möchte. Oder wie siehst du das?
Die technischen Möglichkeiten heutzutage sind ja schon toll. Man kann von zuhause einchecken und sich bequem die Sitzplätze aussuchen usw. Allerding kann der Schuß auch mal nach hinten losgehen, denn wenn man schon vor der Reise abgetörnt wird, sind die ganzen Annehmlichkeiten des modernen Lebens nichts wert. Warum erzähle ich das? Nunja, wir machten besagten online Check-in und mussten feststellen, dass wir nicht zusammen saßen und außerdem beide einen unbeliebten Mittelplatz zugewiesen bekamen. Ich frage mich daher ob  nicht Kalkül dahinter steckt, denn im Vorfeld hatte ich schon versucht Plätze auszusuchen, es jedoch bleiben lassen weil ein Platztausch mit einer Gebühr verbunden war. Warum jedoch gemeinsam Reisende, die zusammen gebucht haben, nicht beieinander sitzen, ist mir ein Rätsel. Ich kann deshalb nur vermuten, dass diese moderne Welt ausschließlich auf Effizienz und Profit getrimmt ist und weniger nach gesundem Menschenverstand geht. Leider nicht so geil, Finnair!
Aber wie das Leben so spielt, lernt man auch dazu und manchmal ist es nicht notwendig sich vorher aufzuregen. Die Mittelplätze sind zwar immernoch doof, aber dafür hat Finnair eine ordentliche Beinfreiheit, die es gar nicht so unbequem werden ließ.

Blick auf den Marktplatz und Dom vom Meer aus

Die Reise verlief problemlos und in Helsinki lachte die Sonne vom blauen Himmel. Wir nahmen den Finnair Expressbus, der uns in ca 30 Min vom Flughafen in die Innenstadt, an den Hauptbahnhof brachte. Für 11€ hin und zurück deutlich lohnender als ca 50€ für ein Taxi. Auf der Fahrt konnten wir schon sehen (wie übrigens schon aus dem Flugzeug), dass dieses Land unheimlich grün ist und über enorme Waldflächen verfügt. Insgesamt sind ca 2/3 der Staatsfläche Wälder, und weitere 10% Wasser. Das dürfte weltweit ziemlich weit vorne sein. Der Reichtum an diesen natürlichen Schätzen führt auch zu Privilegien, die man andernorts nicht hat. So darf man überall im Land schwimmen, zelten oder angeln, solange es kein Privatbesitz ist.
Vom Hbf hatten wir es nicht mehr weit zu unserem Hotel, das wir 10 Min später erreichten. Das GLO Kluuvi liegt in unmittelbarer Nähe der Esplanadi, einem kleinen Park im Stadtzentrum. Die Formalitäten waren auch schnell erledigt und so konnten wir bald das Zimmer beziehen und uns für einen ersten Erkundungsspaziergang fertig machen.



Dom

Wir gingen über den Domplatz, der Hauptattraktion der Stadt, zum nahegelegenen Marktplatz am Hafen und schlenderten in der Sonne herum. Dabei ließen wir einfach die Atmposphäre auf uns wirken und schauten uns die Menschen an, die meist gut gelaunt, das Wochenende einläuteten. Die Cafés und Kneipen füllten sich langsam und für uns wurde es Zeit umzukehren, denn für 20h hatten wir einen Tisch zum Abendessen gebucht. Als wir also gegen 19h zum Hotel gingen, stand die Sonne noch "fast im Zenit" und es fiel schwer ein Zeitgefühl zu entwickeln. Im Juni geht die Sonne in Helsinki nämlich um 4h auf und um 23h unter. Davor und danach ist jeweils noch über eine Std. Dämmerung zu bemerken, so dass es vielleicht 3 Std wirklich dunkel ist. Im Winter ist es genau umgekehrt und viele Menschen leiden sehr unter den langen, dunklen Wintern.



Eindrücke aus Helsinki

Unser Ziel war später wieder der Markplatz, an dem sich das Ravintola OLO befindet. Doch bevor ich darauf zu sprechen komme, kurz noch etwas, das sich zwischenzeitlich auf dem Marktplatz abspielte: In der Stunde, die wir im Hotel waren, hatte sich der Marktplatz in ein Oldtimertreffen verwandelt. Dutzende alter Autos, vornehmlich amerikanischer Bauart bevölkerten den Platz vor dem Restaurant und waren ein echter Zuschauermagnet.



Oldtimer

Wir bekamen so erstmals eine kleine Kostprobe von "Die spinnen, die Finnen" mit. Allerdings war es ein sehr positiver Eindruck, denn nicht nur die Autos waren oft perfekt in Szene gesetzt, sondern auch die Insassen, die sich teilweise in zeitgemäßes Outfit geworfen hatten. Auch sonst zeichnet sich der Finne an sich durch seltsame Vorlieben aus, bei denen sie sich im Sommer austoben. Es gibt Weltmeisterschaften im Frauentragen, Handy- sowie Gummistiefelweitwurf oder Sumpf-Fußball. Sicherlich hat auch der oben beschriebene Umstand, mit den langen Tagen im Sommer, etwas damit zu tun, dass in dieser Jahreszeit versucht wird soviel wie möglich von dem nachzuholen, was lange Zeit im Jahr eben nicht möglich ist.


Wenn es keine Sauna am Zielort gibt, bringt man sie einfach mit. Drei Jungs mit ihrer Sauna im Truck

Bevor ich aber zu sehr abdrifte: Wir hatten ja einen Termin und so traten wir ein, in einen Ort, der uns auf eine Reise mitnehmen sollte. Der Empfang war herzlich und nachdem wir saßen und einen Apperitiv genommen hatten, ging es auch bald los. Das Dinner sollte aus diversen Gängen bestehen und die ersten drei Gänge waren Fingerfood. Zunächst einmal Miniradieschen mit Dill und einem Dip, die schonmal den Appetit anregten. Um nur einige Gerichte zu nennen: eine Lachsemulsion in gefrorener Hülle, ein Mosaik aus zweierlei Fisch oder Saibling mit grünem Spargel und Rentierschinken. Dazu wurden immer frische Kräuter aus der Region serviert. Diese waren so schmackhaft und intensiv, dass man gar nicht glauben mag, dass deren Wachstumszeit so kurz ist, wegen der kurzen Frühjahr-/Sommerperiode.

Lachs/Weissfisch Mosaik

Etwas aber stellte so einiges in den Hintergrund. Eine Kartoffel! Ja, eine Kartoffel! So eine hatten wir noch nicht geschmeckt. Derart fein und zugleich kräftig... Ich kann es gar nicht beschreiben. Da wir beide nicht sonderlich dem Alkohol zugetan sind, bot man uns eine antialkoholische Getränkebegleitung an. Sie bestand überwiegend aus Traubensäften der Weine, die sonst verköstigt worden wären. Ein wahres Erlebnis das uns zuteil wurde.
Nach ca drei Stunden waren wir am Ende der Reise, und auch am Ende unserer Kapazitäten, angekommen und schlenderten durch die dämmerige Nacht, vorbei am Dom, zum Hotel.




Abends in der Stadt (ca. 0h)

Am nächsten Morgen frühstückten wir und zogen los um eine Tour in einem "Hop on-Hop off" Bus zu machen. Diese Sightseeingbusse gehören inzwischen zu unserem Standardrepertoire, denn so bekommt man einen guten Überblick über das Wichtigste und kann sich entweder sofort oder an einem anderen Tag die Sehenswürdigkeiten ansehen. Vom Dom aus ging es am Hafen entlang zum beliebten Kaivopuisto Park, wo wir unseren ersten Stopp einlegten. Uns war danach einfach am Wasser spazieren zu gehen und so stiegen wir aus und liefen ein Stück durch und entlang des Parks, um bei schönem Wetter alles besser genießen zu können. Am Parkrand befinden sich einige Botschaften, so auch die U.S.-amerikanische, sowie die russische. In Zeiten des Kalten Kriegs war die Nähe beider Niederlassungen zueinander oft Schauplatz politischer Ränkespiele.



In und um Kaivopuisto Park

Auf den gegenüberliegenden Inseln Valkosaari und Luoto befindet sich der älteste Yachtclub des Landes, doch die eigentlichen Eyecatcher sind die beiden alten Herrenhäuser aus dem späten 19.JH, die im Jugendstil gebaut wurden. Der Spaziergang dehnte sich am Ende auf über zwei Stunden aus und wir liefen zwei Stationen ab, bevor wir wieder in den Bus stiegen.

Valkosaari

Helsinki ist eine Stadt von etwa 600.000 Einwohnern, in der Metropolregion aber kommt man auf gut 1.5Mio, was knapp einem Viertel der finnischen Bevölkerung entspricht. Die Stadt wurde 1550 gegründet und war damals Teil des schwedischen Reichs. Im Jahr 1808 fiel sie, im Zuge des Russisch-Schwedischen Kriegs, an die Russen. Seit 1917 ist Finnland unabängig und Helsinki die Hauptstadt. Das die beiden o.g. Länder noch heute Einfluß haben, sieht man immer wieder. So sind beispielsweise die Straßennamen in Finnisch und Schwedisch angeschrieben (etwa 6% der Bevölkerung sind schwedischsprachig). Richtungsschilder haben teilweise russische Beschriftung und auch sonst steht und stand Finnland immer irgendwie zwischen den beiden Nachbarn. Während des Kalten Kriegs war das Land zwar neutral, doch es unterhielt Kontakte in östlicher, wie westlicher Richtung. Dadurch war man quasi das Tor im Eisernen Vorhang und konnte die Vorteile beider Ideologien genießen.



Mit dem Bus fuhren wir weiter an die Hafenterminals für Kreuzfahrschiffe, wo jeden Tag 2-3 große Pötte anlegen und ihre Gäste für ein paar Stunden ausspucken. Wie es auch anderswo hip ist, so wird auch in Helsinki derzeit die Hafenregion neu gestaltet. Es entstehen viele neue Wohnkomplexe, die mit dem Hafencharme und Seeblick werben, und doch die Immobilienpreise nicht zügeln können. Wir schauten eines abends mal ins Schaufenster eines Immobilienmaklers und durften uns davon überzeugen, dass Preise jenseits von 5000€/m² eher die Regel als die Ausnahme sind. Überhaupt ist Helsinki recht teuer. Kleines Beispiel gefällig? Espressi kosten dort im Schnitt 3€ und den Burger, den wir auf unserer nächsten Station, in der Hietalahden Kaupahalli (alte Markthalle), gegessen haben, kam auf stolze 17€. Gut, laut Urteil eines finnischen Essportals, sind das auch die besten Burger der Stadt (Roslund) gewesen. Lecker waren sie, ohne Zweifel.
Die zweitälteste Markthalle der Stadt existiert seit über hundert Jahren, nämlich 1903 und beherbergt heute viele kleine Imbisse bzw Feinkostläden. Wenn man da durchläuft und die angebotenen Waren anschaut, läuft einem das Wasser im Munde zusammen und am Ende konnten wir uns dem auch nicht entziehen und liessen 17 grade sein.
In der Zwischenzeit, und weil die Busse nur bis 16h verkehren, sahen wir uns einem kleinen Problem gegenüber: die Zeit würde nicht reichen um noch viele weitere Stops einzulegen und dann auch noch die Fahrt zu beenden. Also mussten wir Prioritäten setzen, die bei uns definitiv auf der Besichtigung lagen. Wir stiegen an der berühmten Felsenkirche aus, die Temppeliaukion Kirkko, um uns dieses prächtige Bauwerk anzusehen. Es wurde in den Fels gebaut und am Ende wurde ein Kupferdach mit 180 Fenstern in Radialanordnung draufgesetzt. Die Wände sind unbearbeitet bzw -verputzt und vermitteln das Gefühl rauher Schönheit.


Felsenkirche

Felsen! Granitfelsen und -hügel sieht man in Helsinki allenthalben. Es gibt kaum Straßen oder Freiflächen, wo nicht irgendwelche Steine aus dem Boden ragen. Die Stadt wurde darauf erbaut und nicht immer wurde alles weggesprengt, sondern u.a. auch als Stilelement verwendet. So kann es also sein, dass man Häuser sieht, die teilweise auf einem Felsen stehen, oder diese unverändert gelassen wurden und drumherum gebaut wurde. Die Architektur ist noch so ein Thema in Helsinki. Wenn man durch die Stadt und ihre einzelnen Stadtteile streift, wird man eine Fülle von Einflüssen erkennen. Sehr dominant ist der Jugendstil/Nationalromantik mit seinen Gebäuden aus dem frühen 20.Jh, wie z.B. dem Hauptbahnhof, und der Neoklassizimus aus der Zeit vor dem 2.WK. Vielerorts kann man erkennen wie alt einzelne Stadtteile sind, weil die Gebäude meist einer Stilrichtung entsprechen, und wenn man einige 100m weitergeht, es schon wieder völlig anders wirkt. So sind die Gegensätze doch manchmal ziemlich groß, wenn überwiegend Jugendstil geprägte Viertel von jüngeren Hoods des Funktionalismus, abgelöst werden. Ohnehin erlebte das Land in den 30ern eine Revolution der Formsprachen, als Architekten/Designer wie Alvar Aalto und Yrjö Lindgren die Schlichtheit als prägendes Element verwendeten. So gelten auch heute noch viele Entwürfe finnischer Architekten als Meilensteine. Nach dem 2. WK, als Finnland über 400.000 Flüchtlinge aus den an die UdSSR abgetretenen Ostgebiete aufnahm, entstanden viele sehr schlichte Wohnkomplexe, die heutzutage mitunter ein wenig als architektonischer Einheitsbrei wirken. Dazwischen aber findet man immer wieder diese Designperlen, die finnisches Design und Architektur weltberühmt gemacht haben.




Vielseitige Architektur in Helsinki

Das Olympiastadion mit seinem Turm waren unser nächstes Ziel, jedoch mussten wir feststellen, dass es für größere Renovierungsarbeiten geschlossen ist und bis 2019 nicht besucht werden kann.

Olympiastadion

Da wir es nach 16h hatten, mussten wir den restlichen Weg per pedes absolvieren, taten das aber ohne Eile und schauten uns noch diverse Sehenswürdigkeiten an, wie den Hesperian Park, das Opernhaus oder die Finlandia-Halle. In unmittelbarer Nähe der Finlandia, direkt gegenüber des Finnischen Nationalmuseums, haben wir ein kleines Café entdeckt, dass uns zum Verweilen einlud. Das Café Huvila servierte (teuren) aber guten Espresso, Tee und leckeren Kuchen. Vor allem die Auswahl an verschiedenen Käsekuchen lässt die Wahl schwerfallen.

Café Huvila (links)

Für unser Dinner hatten wir uns im Vorfeld wieder ein Restaurant ausgesucht. Warum machen wir das? Nunja, zwei Dinge sind da zu nennen: Einmal reine Zeitersparnis, weil man nicht suchen muß und zum anderen auch immer die Sicherheit auch einen Platz zu bekommen. Wir wollten ins Saari, das auf einer kleinen Insel im Süden der Stadt liegt. Um dorthin zu gelangen, muss man eine kleine Fähre nehmen, die einen am Ufer abholt. Die Küche ist typisch finnisch mit vielen saisonalen Spezialitäten, sowie einigen Klassikern. Wir entschieden uns für eine Menüvariante und bekamen zum Start eine Auswahl an Vorspeisespezialitäten des Archipels. Mit dabei waren unterschiedliche Salate, Fischspezialitäten, sowie Rentierleber oder Schweinemedaillons. Das war ein Start nach Maß, aber auch schon so üppig, weil wir ja noch unseren Burger verdauten. Die Hauptspeise waren Lammentrecote bzw ein Rinderfilet, die mit ihren Beilagen auch klasse schmeckten. Leider konnte die Nachspeise nicht mithalten, denn die Wacholderbeeren Eiscreme auf Apfelkompott war zwar gut, aber das alles frisch geräuchert wurde, überdeckte die anderen Geschmäcker und war einfach zuviel des Guten.



Insel Sirpalesaari mit dem Ravintola Saari

Auf dem Hinweg hatten wir ein Taxi genommen und eine weitere Kostprobe der Preisgestaltung in Finnland bekommen. Der Basispreis war 9€ und es kamen noch 6€ für die Fahrt dazu. Obwohl es am Abend richtig frisch geworden war, sparten wir uns das Geld für die Rückfahrt und liefen zum Hotel. Der Wind hatte aufgeböht und trotz eines fast wolkenfreien Himmels war es mit einem Pulli doch ziemlich frisch. Jedoch nichts für die Finnen. Ich hatte das Gefühl, das für sie ab 5°C Sommer ist. Tags wie abends haben wir unzählige Einheimische in Shorts und T-Shirts gesehen und auch offenes Schuhwerk war häufig angesagt. Somit waren auch die Rollenverteilungen klar: Wie oben erwähnt, die Finnen. Die Touris: Pulli, Hände in den Taschen und ein angestrengter Blick...
Wir begeneten einer Gruppe Teenies, die zusammenstanden und auch etwas Alkohol tranken. Auf einmal kam Unruhe in die Situation und plötzlich stoben sie auseinander. Wir sahen dann auch die Ursache dafür, als ein Polizeimotorrad anrauschte. Uns kam ein junges Mädel entgegen, die dann auf einmal Kehrt machte und uns ansprach. Wir merkten natürlich sofort was Sache war, aber gingen mit ihr ein Stück und unterhielten uns. Sie erklärte, dass sie noch minderjährig sei und es bei öffentlichem Alkoholkonsum einen Eintrag ins Führungszeugnis geben könnte. Nach wenigen Minuten wähnte sie sich auch schon wieder in Sicherheit und machte sich auf die Suche nach ihren Freunden. 
Wir haben es uns ja angewöhnt ein paar Worte in der Landessprache anzueignen. Ich habe es aber noch nie erlebt, dass mir eine Sprache so schwer fällt. Ein "Danke" oder "Guten Tag" will mir einfach nicht in den Kopf. Dabei ist es, wenn man die Wörter liest, oft selbsterklärend was da steht. Im Supermarkt wollten wir uns Wasser ohne Kohlensäure kaufen. Mangels Ansprechpartner schüttelten wir also die Flasche und nahmen dann eine mit. An der Kasse fragten wir vorsichtshalber, ob es eine mit oder ohne Kohlensäure sei. Natürlich war es eine mit und beim genaueren hinsehen, sollte es eigentlich klar gewesen sein: Kolsyra klingt ja irgendwie ähnlich. Jedoch habe ich im später erfahren, dass es sich dabei um schwedisch handelte. Aber es erschliesst sich alles eben erst auf den zweiten Blick. Und so eierte ich die ganze Zeit herum und konnte mir "kiitos" nicht behalten...
Am Tag drauf stand die Fahrt nach Suomenlinna auf dem Programm. Es war noch etwas windiger geworden, trotz des überwiegend sonnigen Wetters. Einzig die Nationalflaggen dürfte das gefreut haben, die an fast jeder Hauswand hingen. Die Überfahrt startete, wie fast alle Touren, am Marktplatz und dauerte etwa 20Min. Suomenlinna ist UNESCO Weltkulturerbe und besteht aus mehreren, miteinander verbundenen Inseln. Es handelt sich dabei um eine Seefestung, die von den Schweden um 1750 erbaut wurde, um das Reich gegen die russische Bedrohung zu schützen. Im Russisch-Schwedischen Krieg von 1808/09 wurde die Festung belagert und schliesslich kapitulierten die Schweden, woraufhin Suomenlinna (und weite Teile Finnlands) in die Hände Russlands fiel und für mehr als 100 Jahre Marinestützpunkt wurde.


In Finnland gibt es keine funktionierenden Telefonzellen mehr. Das stimmt wirklich!

Heute leben dort etwa 800 Menschen in recht traditioneller Weise und verdingen sich ihren Lebensunterhalt oft mit Gastronomie und Kunsthandwerk, das sie vor Ort verkaufen. Auf der Insel gibt es ansonsten eine Kirche, eine Kadettenschule, die eigentliche Festung mit vielen Geschützen und das einzig verbliebene U-Boot des Landes, die "Vesikko". Ein Spaziergang über die Insel war für mich wie eine Zeitreise in meine Kindheit. Weniger die Bauten und Sehenswürdigkeiten, als die Natur und die Lebensweise ließen mich in Erinnerungen schwelgen. Die vielen Wiesen, Bäume und Büsche bilden unheimlich viele Spielmöglichkeiten für Kinder und ich konnte mich gedanklich sehr gut zurückversetzen.




Suomenlinna

Es gibt einen Hauptweg über den man viele der Sehenswürdigkeiten erreichen kann. Man kann aber selbstverständlich auch selbstständig auf Erkundungsgang gehen, was wir auch teilweise taten. Auf der Insel wird, Gott sei Dank, nicht soviel Pathos versprüht, sondern relativ sachlich mit der ganzen Historie umgegangen. Es wird eher darauf geachtet, die Anlage selbst wirken zu lassen, was auch gut gelingt. Somit entsteht beim Besucher einerseits ein idyllisches Bild, weil die Zeit viele Wunden geheilt hat, auf der anderen Seite stehen die Geschütze und Mauern als Mahnmal dafür, dass die Freiheit eines der höchsten Güter der Menschheit ist.




Was ist Finnland ohne einen Saunabesuch? Wie Disneyland ohne Micky Maus oder wie ein Mercedes ohne Stern. Wir hatten das Glück, dass unser Hoteltarif die kostenlose Nutzung der Sauna beinhaltete und da wir ziemlich durchgefroren waren, war das eine ideale Idee bevor wir ins Restaurant gehen wollten. Somit waren wir für ein paar Saunagänge im Kämpspa und haben uns wieder auf Betriebstemperatur gebracht.
Unser letztes Restaurant war das "Ravintola Kuu", das bereits seit 50 Jahren die kulinarische Szene der Stadt mitprägt. Gelegen im Stadtteil Töölö (schonmal ein Wort gesehen, das mehr Umlaute als andere Buchstaben enthält?), befindet es sich in einem unscheinbaren Haus. Beim betreten fühlt man sich unwillkürlich an den Kalten Krieg erinnert, denn die Tapeten und Einrichtung scheinen noch aus jener Zeit zu stammen. Erst beim zweiten Bilck bemerkt man, dass es ein gewünschter Effekt ist, und noch später wird alles klar, denn die Schönheit des Restaurants offenbart sich auf den Tellern. Nach einem Gruß aus der Küche ging es los mit zweierlei Saibling (gedämpft und roh) an einer Blumenkohlcreme und frischen Kräutern.
Zwischendrin bemerkten wir wie diverse potentielle Gäste wieder weggeschickt wurden, weil sie keine Reservierung hatten. Merkt ihr was?

Gericht im Ravintola Kuu

Die Hauptgänge mit Ochsenbrust, Spargel und Meerrettichsauce bzw. einem Rentierfilet mit geschmorter Gerste an einer Portweinsauce, sowie die köstlichen Desserts rundeten ein vollkommenes Esserlebnis ab. Abschließend kann ich sogar behaupten, dass der Kontrast zwischen Nostalgie an den Wänden und moderner Kochkunst, mehr als gelungen ist.
Wieder wählten wir den Verdauungsspaziergang um ins Hotel zu kommen. Aufgrund der Nähe zu einer Sehenswürdigkeit und dem praktischen Umstand, dass es gegen 22h noch hell war, machten wir uns nochmal auf, um das Sibeliusdenkmal aufzusuchen. Jean Sibelius ist der wohl berühmteste Komponist des Landes und genießt einen legendären Status.

Sibeliusdenkmal

Wir gingen noch durch verschiedene Stadtteile, die zwischen sozialistischem Pomp und der schlichten Architektur der finnischen Schule erbaut worden waren, aber alle eines gemeinsam hatten: es war fast menschenleer. Das hatten wir schon in den Tagen zuvor festgestellt, dass es abends nicht sonderlich bevölkert war. Auf den Straßen waren kaum Menschen zu sehen, und hier hat man einen Unterschied zu anderen Städten, wie Stockholm oder St Petersburg, ganz zu schweigen von südeuropäischen Städten, bemerkt. Das Nachtleben, auch wenn wir es nicht explizit gesucht haben, hat sich auch nicht aufgedrängt.


Nix los, abends...

Am Tag der Abreise hatten wir noch etwas Zeit bis zum Abflug. Diese verbrachten wir auf einem Ausflugsboot, das durch die Inselwelt vor Helsinki schipperte und nochmal andere Perspektiven auf die Stadt ermöglichte, sowie auch mehr Informationen zu den umliegenden Inseln gab.

 
Hinterher stärkten wir uns noch in der alten Markthalle, die heute einen Foodcourt beherbergt. Eine Sache ist mir dabei aufgefallen. Während hier und anderwo Foodtrucks ein großer Trend sind, konnte ich das in Helsinki gar nicht beobachten. Sobald ich etwas drüber nachdachte, bildete ich mir ein den Grund zu wissen, denn wer wird sich bei -15°C draussen hinstellen und kochen, bzw sich in die Kälte stellen um ein Lachsbrötchen zu kaufen? Auf dem Markt aber haben wir nochmal zuschlagen müssen. Der Muikut weckte unseren Probiergeist und so haben wir uns eine Portion der Kleinen Maränen geholt, die man komplett essen konnte. Diese kleinen panierten und frittierten Fische sind eine echte Leckerei und wir hätten wohl noch eine Portion gegessen, wenn wir nicht hätten losziehen müssen.


Markthalle

Ja, und als wir schon auf dem Weg zum Bahnhof waren, um den Airport-Express zu nehmen, kamen wir noch am Magnum-Store Helsinki vorbei. Dort kann man, wie auch in einigen anderen Städten, Magnums nach eigenem Geschmack kreieren.
Das war sie also, unsere kleine Reise nach Helsinki. Unser Fazit fällt sehr positiv aus. Die übersichtliche Stadt bietet eine gute Infrastruktur und man kann auch vieles zu Fuß erreichen. Sie erlangt ihr ganz persönliches Flair durch die Lage am Meer, sowie die vielen Grünanlagen und Teiche/Buchten. Außerdem ist die Architektur und das Design der Finnen sehr präsent und man zeigt es auch mit Stolz. Modernes und historisches liegen nah beieinander und ergänzen sich in einer Art und Weise, wie ich es noch nirgendwo anders wahrgenommen habe.
Die Finnen sind ein recht spezieller Schlag Mensch, die wir als sehr freundlich, aber auch als etwas verrückt erlebt haben.
Alles in allem also eine Stadt, die viel mehr Aufmerksamkeit verdient, aber vielleicht auch gerade wegen des fehlens selbiger, so authentisch daher kommt.
Kiitos, Helsinki.


Ein paar weiterführende Links:

http://www.visitfinland.com/de/helsinki/
http://www.visithelsinki.fi/de
http://www.spottedbylocals.com/helsinki/


Freitag, 30. Oktober 2015

Reisebericht Medhufushi Island Resort- Malediven 2015

Nach mittlerweile sieben Jahren haben wir wieder einmal die Malediven besucht. Die Qual der Wahl ist beträchtlich und wenn man gewisse Vorstellungen hat, wird sie irgendwie nicht leichter.
Unsere Reisezeit war für Oktober festgelegt und es sollte eine Insel in einem guten Tauchgebiet sein. Außerdem wollten wir mal in ein anderes Atoll, als dem Nord-Male, und ein gewisser Komfort sollte auch gegeben sein. Soweit so gut! Eine solche Insel zu finden ist zunächst einmal nicht so schwierig. Wenn aber der finanzielle Rahmen nicht unendlich ist, wird es schon weniger. Trotzdem war das Angebot durchaus beachtlich und Matthias, unser Mann wenn es um die Planung der meisten unserer Reisen geht, wird sich sicherlich das ein oder andere mal die Haare gerauft haben.



Wie auch immer... Wir entschieden uns für Medhufushi im Meemu Atoll. Das liegt etwa 140km südlich des Flughafens von Male und wird per Wasserflugzeug angeflogen. Unsere Anreise auf die Malediven erfolgte über Colombo auf Sri Lanka. Zwar sind wir keine Freunde von Gabelflügen, und sind gern bereit auch etwas mehr dafür zu bezahlen, aber hier haben 200€ pro Nase doch den Ausschlag zugunsten von Sri Lankan Airlines gegeben. Der Abflug erfolgte bei ziemlicher Kälte und während des Flugs war es auch irgendwie nicht besser. Den ganzen Flug über war es nicht möglich die Klimaanlage auf ein erträgliches Maß zu stellen und somit nur mit mehreren Decken auszuhalten. Dafür liefen unsere Stewardessen in ihren bauchfreien Uniformen herum als wäre nix... Wir Luschen, die wir teilweise in Winterjacke den Flug absolvierten.
Dann funktionierte auch das Entertainmentsystem nicht. Die ganze Anreise über keine Filme und Musik... Irgendwie kam mir die Zahl 200 in den Sinn... Dafür war aber das Bordessen sehr lecker und eines der besten, das wir je hatten. Ich weiss nicht ob es an der Sri Lankischen Küche liegt oder der Qualität der Zutaten, aber das hat hier mal ausdrückliches Lob verdient.
Der Flug verging wie im Flug... Ich weiss nicht ob die Kälte und das Essen den Schlaf förderten, aber von den 10 Std habe ich nur etwa 3-4 wach erlebt. In Colombo hatten wir dann 3 Std Aufenthalt bevor es weiterging. Bis wir dann zu underem endgültigen Ziel abhoben, vergingen wieder 2,5 Std. Über die Atolle ging es in etwa 45min. Unter uns sahen wir Inseln, Thilas und Giris. Die Farben wechselten von tiefstem dunkelblau bis zu türkis und durchliefen dazwischen alle Schattierungen. Ein wirklich toller Anblick den ich jedem nur empfehlen kann.

Male von oben


Eindrücke aus dem Wassertaxi

Medhufushi erreichten wir am späten Nachmittag. Wieder kam mir die Zahl 200 in den Sinn und ich vergaß sie erst beim Begrüßungscocktail, den wir in der Lounge über dem Wasser nahmen. Der Empfangsbereich ist ein wenig das Aushängeschild der Insel. Vom Jetty, an dem die Wasserflugzeuge halten, sieht man schon das Gebäude, das sich ein wenig zeltförmig in der Lagune ausbreitet. Von oben sind in Form eines Kreuzes vier Gebäude angeordnet, die miteinander verbunden sind. Darin findet sich ein à la carte Restaurant, die Vilu Bar und großzügige Sitzgelegenheiten.


Poolbereich und Vilu Bar im Hintergrund

Von dort ging es in unser Zimmer, das auf der Lagunenseite lag und auch in unmittelbarer Nähe zu den öffentlichen Bereichen, die sich im Zentrum der Insel befinden. Wir hatten im Vorfeld um ein Zimmer auf der Lagunenseite gebeten. Zum einen ist es die Sonnenuntergangsseite und zum anderen stellte sich unsere Ecke als diejenige mit dem weitläufigsten Strandabschnitt heraus. Somit war das wirklich wie gewünscht. Was aber nicht so war wie gewünscht, war die Größe des Zimmers. Platz kann man nie genug haben, finde ich, und das war auch ein bisschen ein Grund weshalb meine Wahl auf diese Insel gefallen war. Auf der Seite wurde unser Zimmer mit 65qm beworben, was wirklich üppig klingt. Als wir es betraten bot sich zwar ein gefälliger Anblick, aber gefühlt schrumpfte es auf die Hälfte. Zu dritt war da nicht mehr wirklich viel Platz gewesen. Die Größe des Bungalows erschloß sich dann beim Blick ins Bad, das ungefähr die gleichen Ausmaße hatte wie das eigentliche Zimmer. Zusammen mit der Terrasse machten die 65qm dann auch Sinn. Dennoch wird hier, meiner Meinung nach, Augenwischerei betrieben.

Unser semi detached Bungalow

Unsere Terrasse bei gutem Wetter

...und bei schlechtem Wetter

Aber von solchen "Kleinigkeiten" wollten wir uns nicht den Urlaub verderben lassen und so gingen wir bald zum Abendessen. Es wird im Hauptrestaurant als Büffet angeboten. Die Auswahl und Qualität, das kann ich jetzt schon sagen, sind überdurchschnittlich gut. Es gibt diverse Stationen für internationales wie asiatisches Essen und im Laufe einer Woche finden auch Themenabende statt, die dann z.B. TexMex als Schwerpunkt haben. An einigen Ständen wird auch frisch zubereitet und die Köche sind wirklich sehr liebenswert. Wie wir nach und nach erfuhren, kamen alle aus verschiedensten Ländern der Region. Es waren Inder, Sri Lanker oder Jungs aus Bangla Desh. Aber dazu später mehr. Mittlerweile setzt sich auch eine gewisse ökologische Einstellung durch, die zum Ziel hat, weniger Müll zu produzieren. So wird das Wasser auf Medhufushi selbst abgefüllt und in Mehrwegglasflaschen angeboten. Leider ist man für die restlichen Getränke noch nicht soweit und so gibt es Softdrinks immernoch in Plastikflaschen, die wir auch immer wieder aus dem Wasser fischen mussten.
Ach ja, eine häufig gestellte Frage betrifft die Verpflegungsform. Soll man HP, VP oder AI buchen? Auf Medhufushi kostet eine Flasche Wasser 7USD! Bei einem benötigten Konsum von mind 3 Flaschen pro Tag, kommt man recht schnell auf eine beträchtliche Summe, wenn man kein AI wählt. Vom Essen her würde HP sicherlich reichen, aber die Getränke schlagen voll zu Buche.

Im Restaurant

Die erste Nacht schliefen wir wie ein Stein. Für den kommenden Tag hatten wir nichts vor und so wachten wir irgendwann auf und gingen zum Frühstück. Auch hier wieder ein vielfältiges Angebot und für jeden Geschmack etwas dabei. Dananch war entspannen angesagt. Am Strand war nichts los und wir konnten uns in der Sonne aalen und das tolle Wasser genießen.
Leider blieb das Wetter nicht die ganze Zeit über stabil. Eigentlich war es sogar ziemlich wechselhaft. Von traumhaften Sonnentagen bis zu heftigen Gewittern hatten wir alles dabei. Zwar ist derzeit Südwestmonsun, was als "Regenzeit" bezeichnet wird, aber erfahrungsgemäß gibt es auch hier viele schöne Tage. In Gesprächen mit diversen Leuten vor Ort wurde mir aber bestätigt, dass es in diesem Jahr eher ungewöhnlich sei. Ohnehin verändere sich das Wetter deutlich. Juli und August sei ziemlich schlecht gewesen, dafür der September und der frühe Oktober recht gut. Wir kamen offenbar in die Zeit des Monsunwechsels, was tendenziell eher früh ist, denn der ist normalerweise eher im November bis frühen Dezember zu erwarten. Das Wetter wird also überall extremer und schwerer vorherzusagen. Wer wenig Regen haben möchte, sollte sein Reisezeit auf Februar bis April ansetzen.



Verschiedene Wetterkonstellationen

Wie eingangs erwähnt, wollte ich ja Tauchen. Das Meemu Atoll kannte ich bis dato nicht und mir gefiel die Vorstellung, dass es nur zwei Urlaubsinseln gibt und somit relativ ungestörtes Tauchen möglich ist. Mit der Werner Lau Basis hatte ich im Vorfeld schon die Formalitäten geklärt und ein Tauchpaket vorgebucht, was sich preislich wirklich lohnt. Die Preise unterscheiden sich beträchtlich zu den vor Ort bezahlten. Insgesamt war die Ersparnis etwa 200€... 200? Woher kam mir das denn bekannt vor?

Langnasen Büschelbarsch

 
Weissspitzen Riffhai

Zum Glück waren zu diesem Zeitpunkt relativ wenig los und wir waren insgesamt etwa 6 Taucher im Schnitt. Die Ausfahrten finden zu wirklich humanen Zeiten statt. Morgens geht es um 9h los und nachmittags um 14.30h. Ansonsten werden noch 2 Tank Dives angeboten und Ganztagestouren. Die letzten beiden sind aber eher den langsamen Dohnis geschuldet, denn mit einem flotteren Motor wäre bei den Fahrten eine deutliche Zeitersparnis zu erzielen.
Was hatte das Atoll denn nun an Spots zu bieten? Versprochen werden unberührte Thilas, Giris und Steilwände. All das gibt es und ich kann bestätigen, dass die Qualität überwiegend gut ist. Ich durfte insgesamt an 10 verschiedenen Spots tauchen und insbesondere die Thilas im Atollinneren, wie Medhufushi Thila und Picasso, sind wunderbar bewachsen und beherbergen tolle Schwärme verschiedenster Gattungen. Der Korallenbewuchs ist an einigen Spots dicht und gesund, es gibt aber auch ein paar Stellen an denen Schäden zu beobachten sind. Dennoch überwiegt der positive Eindruck.



Eindrücke vom Tauchen

Die Spots an den Aussenriffs bzw Kanälen waren alle sehr nah an unserer Insel. Um den Kanal zwischen Mulaku und Muli gibt es mehrere Spots, von denen einer mit Abstand der beste ist. Boahura Express hat mir bei beiden TG, die ich dort absolvierte, tolle Begegnungen gebracht. Haie, große Thunfische und Mantas waren immer zugegen. Mehr zu diesem Spot hier.

Manta

Alles in allem waren die TG entspannt und einfach. In der Auswahl der Basis gibt es etwa 50 Spots, die für alle Könnenstufen etwas bieten, aber sie werden nicht ständig angefahren. Dies hängt damit zusammen welche Saison ist (in der Regenzeit wird eher die Ostseite betaucht, in der Trockenzeit die Westseite). Außerdem sind einige Spots einfach wirklich weit weg und nur auf Ganztagestouren zu erreichen. Aber mit einem schnelleren Dhoni wären sie sicherlich auch häufiger betauchbar. Die Spots im Inneren des Atolls sind tendenziell einfach. Selbst auf der Außenseite waren die Spots, während meines Aufenthalts, unkompliziert. Die Strömung war moderat und außer der Tiefe gab es kaum nennenswertes Gefahrenpotential.


Ein paar Impressionen

Auf der Insel arbeiten viele Menschen. Mit einigen kommt man in Kontakt, wie den Köchen, Servicepersonal oder Masseurinnen. Jedoch gibt es auch eine beträchtliche Zahl, die im Hintergrund dafür sorgen, dass die Insel funktioniert. Leider gibt es auf der Insel keine Möglichkeit der gesamten Belegschaft Trinkgelder zukommen zu lassen, denn man muss jeden einzelnen tippen. Dies ist ein Zustand der vielerorts schon lange abgeschafft wurde indem es eine Box gibt die allen zugute kommt. Ich habe das Gefühl, dass hier bewusst vorwiegend die Einheimischen bevorzugt werden, denn direkten Kontakt zu den Gästen hatten nur sie. Die Ausländer, die uns am nächsten kamen, waren die Köche. Aber irgendwie wird die Trinkgeldübergabe immer ein komischer Akt, weil man weder allen etwas geben kann, noch jemanden vor den Kopf stoßen möchte. Somit bleibt es oft bei einem verstohlenen Händedruck der die Übergabe besiegelt.
Aber gerade wenn man sich mal mit den Ausländern unterhält, die viele tausend Kilometer von ihren Familien auf einem 1000x100m großen Eiland leben, gerät man ins Grübeln. Da war unser Roomboy, der seit 9 Jahren dort arbeitet und nicht einmal in seinem Urlaub (1 Monat nach einem Jahr) zurück nach Bangla Desh gefahren war. Er lebt dort mehr oder weniger ununterbrochen in Gemeinschaftsbehausungen mit 3-7 weiteren Kollegen. Die Jungs werden nicht immer wegen besseren Gehältern auf die Malediven getrieben. Einige könnten daheim durchaus genausoviel verdienen. Der Antrieb ist viel pragmatischer. Während ihrer Zeit dort, können sie einfach nichts ausgeben und viel mehr sparen.
Die Mitarbeiter bekommen meist Jahresverträge und am Ende der Laufzeit möglicherweise eine Verlängerung angeboten. Viele fahren danach erstmal heim und kehren u.U. wieder. Aber einige freuen sich auch, wenn sie wieder dauerhaft zu ihren Familien können. Die Einzelschicksale stimmen schon durchaus nachdenklich. Zwar gibt keiner offen zu, dass er nicht zufrieden ist, aber ich kann mir vorstellen, dass das Leben dort auch kein Zuckerschlecken ist. Umso deutlicher ist die Freundlichkeit und Freude derjenigen, wenn man sich ganz normal mit ihnen unterhält. Selbst wenn sie sprachlich nicht so sattelfest sind, freut sich jeder darüber wenn ein Tourist sie als Mensch behandelt und nicht als Bediensteten. Vor allem, und das trifft auf alle Länder zu die wir bereist haben, ist ein Danke und Guten Tag in der Landessprache ein echter Türöffner...

Ein Traum...

Auf der Insel war der hohe Anteil von Asiaten auffällig. Vor allem aus dem Reich der Mitte kamen viele. Koreaner, Taiwanesen und Japaner waren aber auch zahlenmäßig hoch vertreten. Das Verhalten der Chinesen wird oft kritisiert, weil sie doch in unseren Augen recht unbeholfen und ohne Manieren durch das Leben manövrieren. Auch wir mussten erleben wie der Spruch: "Andere Länder, andere Sitten" zutraf. Beim Essen wird der Teller vollgemacht und dann vieles zurückgelassen (auch bei Europäern verbreitet), oder man läuft im Tauchanzug durch das Restaurant, weil es danach zum Schnorcheln geht. Die inzwischen recht weit verbreiteten Selfiesticks gehören scheinbar zur Standardausrüstung eines jeden Asiaten. Kaum einer, der keinen hatte... Am schlimmsten aber finde ich, wenn Nichtschwimmer (was auf viele Asiaten zutraf) zum Schnorcheln fahren und dann den Ausflug, mit Schwimmflügeln und Rettungswesten, auf Korallen stehend verbringen. Ein ganz klarer Fall von Gleichgültigkeit von Seiten des Inselmanagements. Hier muss etwas passieren um auch in Zukunft ein intaktes Atoll zu gewährleisten.
Im Prinzip hatten wir kein Problem mit den Gästen aus Fernost. Es war nur zu beobachten, dass die Mentalität teilweise schwer mit unserer kompatibel war. Es mangelt halt ein wenig an einer weitsichtigen Einstellung zu den örtlichen Gegebenheiten und dem empfindlichen ökologischen Gleichgewicht. Aber woher soll es auch kommen wenn die Bildung mit dem zunehmenden Wohlstand nicht Schritt halten kann?

Auf dem Weg ins Spa

Während unserers Aufenthalts haben wir uns auch den Luxus von Massagen gegönnt. Im Vergleich zu Massagen in Thailand oder Indonesien, kann man auf den Malediven wirklich von Luxus sprechen, wenn man sich die Preise anschaut. Dennoch war uns danach und so haben wir im schönen Spa hervorragende Massagen von balinesischen Masseurinnen bekommen. Der Blick aufs offene Meer und leise Chillout-Klänge waren eine ideale Verbindung, sich voll und ganz entspannen zu können.

Blick vom Spa

Nachdem ich mein Tauchpaket abgetaucht hatte, blieben noch zwei Tage zum relaxen. Zum Glück waren diese Tage von schönem Wetter geprägt und wir konnten wirklich nochmal komplett abschalten, uns der Urlaubslektüre widmen und baden. Somit bleibt am Ende ein positives Fazit mit kleinen Eintrübungen. Die Insel ist sehr schön (der Strand ist nicht überall zum Sonnenbaden geeignet) mit schönen Unterkünften. Das Personal ist total herzlich und zuvorkommend. Die Qualität des Essens lässt (für ein Buffet) kaum Wünsche offen.
Die Kehrseite war das Wetter (keine Schuld der Insel) mit 4 Sonnentagen und 5 Regentagen, und ein paar Kleinigkeiten, die ich weiter oben bereits erwähnte. Aber sie fallen am Ende nicht groß ins Gewicht, so dass wir Medhufushi guten Gewissens weiterempfehlen können.
Shukuryya Medhufushi


Samstag, 1. August 2015

Reisebericht Siladen Bunaken 2015 Teil 3

Die letzte Station unserer diesjährigen Reise nach Indonesien führte uns wieder nördlich des Äquators und war eine bekannte. Auf Siladen hatten wir schon im letzten Jahr Urlaub gemacht und uns so wohl gefühlt, dass wir sie als Abschluss der anstrengenden Rundreisen vorgesehen hatten.

Die Sonnenuntergänge dort sind toll

Der Transfer klappte sehr gut und weil ein Abschnitt der Straße zum Meer wohl neu war, ging alles gefühlt auch schneller als im Vorjahr.
Das Resort hat in der Zwischenzeit eine neue Leitung bekommen, Ana und Miguel, die uns freundlich begrüßten. Eine lange Einweisung entfiel, weil wir ja Wiederholungstäter waren und so konnten wir schon bald unseren Bungalow beziehen. Während wir unsere Sachen auspackten, klingelte das Telefon und man fragte uns ob wir nicht gern ein Upgrade haben wollten. Das ließen wir uns nicht zweimal sagen und so hieß kurz darauf: Umziehen in einen Beachbungalow. Dieser war dann auch eine ganze Ecke größer und der Blick vom Bett direkt auf das Meer war schon klasse.


Unser Beachbungi

Bisher haben wir auf unseren Reisen noch kein zweites mal in einem Hotel übernachtet. Dieses Jahr hatte es sich angeboten, weil wir noch eine Woche am Strand entspannen und Tauchen wollten. Es hätte auch noch andere Möglichkeiten gegeben, aber da wir uns so wohl gefühlt hatten, fiel die Entscheidung nicht allzu schwer.





Wie ich bereits im letzten Bericht erzählt hatte, kamen wir nicht gesund aus dem Süden Sulawesis. Die ganzen Fahrten im klimatisierten Auto und dann das Aussteigen in der Hitze zollten ihren Tribut und wir waren schön verschnupft. Somit war für mich erstmal nicht an Tauchen zu denken, denn mit Schnupfen taucht es sich schlecht.
Unsere Wiederkehr blieb natürlich nicht unbemerkt und etliche Mitarbeiter, die auch schon letztes Jahr dort arbeiteten, begrüßten uns wie alte Bekannte. Sicherlich waren sie für unser Wohl zuständig, aber trotzdem konnten wir mit einigen auch Dinge besprechen, vor allem da es nach einem Jahr einiges zu erzählen gab.



Auch Valentina und Stefan von der Tauchbasis waren noch Basisleiter und da wir die beiden inzwischen auch etwas besser kennen, gab es auch hier ein großes Hallo und an einem Abend aßen wir gemeinsam. Noch Basisleiter sage ich bewusst , denn inzwischen haben sie den Posten weitergereicht und widmen sich anderen Aufgaben. Ich bin sicher wir werden ihnen noch das ein oder andere mal begegnen.






Seit das Management gewechselt hat, wurden auch Kleinigkeiten verändert. Wie heißt es zwar so schön: Never change a winning team; aber bei einem Wechsel der Führungsriege muß natürlich auch die eigene Handschrift erkennbar sein. So wurde ein komplett neuer Umkleide-/Geräteraum für die Taucher gebaut, der wirklich kaum Wünsche offen lässt. Die Baumaßnahmen erstreckten sich aber nicht nur darauf, sondern es gibt nun auch 4 neue Villas, die die neue Topkategorie bilden. Außerdem haben die beiden Manager auch immer den Kontakt zu den Gästen gesucht, sei es durch gemeinsame Tische bei den Mahlzeiten oder auch für den kurzen Plausch zwischendurch.
Ich glaube, dass ich es bereits letztes Jahr erwähnt hatte, aber im Resort versteht man sich wirklich darauf ein gewisses Familiengefühl zu vermitteln, wenn man es selbst zulässt. Nicht jeder will das und das wird auch respektiert. Aber jeder der es zulässt wird sich dabei ertappen, dass er Hotels später mit dem Siladen vergleicht. Hinterher hatten wir das Gefühl, dass die Betreuung und das gesamte Resort nochmal etwas besser geworden waren, was gar nicht so einfach ist.




Zu den Mahlzeiten gibt es auch nicht viel zu sagen, außer, das aufgrund der Belegung vom üblichen Buffet abgewichen wurde und stattdessen ein à la carte Menue angeboten wurde. Jeder konnte sich bei der vorangehenden Mahlzeit aussuchen was er gern zur drauffolgenden haben wollte. Die Qualität war hervorragend und lud förmlich ein Dinge zu testen, die man sonst möglicherweise nicht ausgewählt hätte. So konnten wir auch hier fremdartige Obstsorten probieren, oder aber indonesische Spezialitäten, die in Sulawesi angesiedelt sind. Dabei ist nicht alles Gold was glänzt, aber wer es nicht probiert wird sich auch nie ein Urteil bilden können und so halten wir es gerne. Erstaunlicherweise fallen wir damit recht selten auf die Nase.



Ansonsten gibt es nicht allzuviel zu erzählen, denn ich konnte die ganze Zeit nicht Tauchen, weil ein Druckausgleich nicht möglich war. Außer einen Tag Schnorcheltrip ging bei mir nichts. Deshalb hatten wir die Zeit wirklich zur Entspannung. Somit bestand unser Tagesablauf aus: Ausschlafen, Frühstücken, am Strand oder Pool lümmeln, Mittagessen, Nickerchen und später Baden, Abendessen und wieder Schlafen. Zwischendurch haben wir noch ein wenig mit den Leuten gequatscht und es uns gut gehen lassen.






Im Laufe der Tage die wir dort verbrachten, haben wir auch einige nette Menschen kennengelernt, was eben durch die Tatsache erleichtert wurde, dass die Resortleiter jeden gern am Essenstisch willkommen hießen. Und wie das natürlich oft so ist, plaudert man gern über die vergangenen Urlaubserlebnisse und nicht selten gewinnt man dadurch neue Inspirationen für künftige Reisen. Interessant wird es, wenn man mit Leuten zusammenkommt, die ähnliche Ziele bereist haben wie man selbst und ihre Erfahrungen zu hören.
Alles in allem haben wir das Siladen noch ein bisschen mehr in unser Herz geschlossen und hoffen, dass wir, entgegen unserer Einstellung, irgendwann wiederkehren können.




Das war sie nun, unsere Reise durch Indonesien. Wir hoffen, dass Du etwas Spaß beim lesen hattest und evtl. auch der Wunsch nach Entdeckung geweckt wurde. Wie gesagt, können wir alles, wie wir es erlebt haben, empfehlen. Jedoch würden wir es so nicht mehr machen. Bei den Rundreise würden wir uns 1-2 Tage mehr Zeit lassen oder den ein oder anderen Programmpunkt rausnehmen um es etwas zu entschleunigen. Auch sind zwei Wochen Rundreise, und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten, wie ständig aus dem Koffer leben, nicht gerade erholsam. Trotzdem, und gerade rückblickend, haben wir ganz tolle Erlebnisse gehabt, für die wir ein paar Stunden Schlaf gerne geopfert haben.