Dieses Blog durchsuchen

Freitag, 24. Mai 2024

Reisebericht Venedig 2024 - La Serenissima


Venedig... Für uns beide stand die Lagunenstadt eigentlich nicht sonderlich hoch im Kurs, ist sie doch eine der meistbesuchten Städte der Welt. Im letzten Jahr waren ca 20m Menschen in der Stadt, dessen Fläche kleiner ist als die von Wiesbaden. Wenn man dann noch bedenkt, dass die Altstadtinsel nur etwa ein 30stel, nämlich knapp über 5km², davon hat, erklären sich unsere Bedenken. Außerdem liest man ja auch gerne vom Nepp um den Markusplatz, mit total überteuerten Cafés usw.
 
Das Café Florian ist das älteste und vermutlich teuerste Café der Stadt. 
Ein Espresso für 7€

Weshalb es uns trotzdem dorthin verschlug, war einfach der Gedanke, das so viele Menschen gar nicht irren können und auch das Gefühl, dass vieles nicht so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird. Deshalb buchte ich uns eine Reise dorthin, die wieder einmal mein sehr kreatives Geburtstagsgeschenk werden sollte.
Als wir kurz darauf ein paar Reiseziele erörterten die wir im Laufe des Jahres besuchen könnten, und Venedig auftauchte, war Kathrins Kommentar noch: "Ne, da will ich nicht hin." Überraschung, Überraschung... Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.
 

So reisten wir, eigentlich mehr neugierig als voreingenommen, an, denn eines haben wir in der Vergangenheit gelernt: Egal wie die Meinungen sind, man sollte sich immer ein eigenes Bild machen bevor man ein Urteil fällt.
 
Berühmtester Venezianer und Namensgeber für den Flughafen

Am Flughafen angekommen hat man mehrere Möglichkeiten in die Stadt zu gelangen. Ich beschränke mich auf unsere Wahl, die des Airport Busses. Idealerweise kann man schon im Wartebereich für das Gepäck die Tickets ziehen, und auch der Venedigpass, den wir vorab gekauft hatten, konnten wir an einem Automaten unkompliziert audrucken lassen. Der Bus fährt in ca 30-40 Min über den Damm direkt an die Piazzale Roma. Wenn man in der Stadt eintrifft, bemerkt man eine Besonderheit. Das Nahverkehrsnetz findet komplett auf dem Wasser statt. Linienbusse heissen Vaporetto und sind Boote, auf die ca 150 Leute draufpassen. Taxis sind kleinere Boote, meist schöne Holzmotorboote, wie man sie aus Filmen kennt. Und dann gibt es noch die Gondeln, die aber eigentlich nur zum Privatvergnügen rumfahren und entsprechend teuer sind. Aber eine günstige Möglichkeit gibt es in einer Gondel zu fahren... Dazu aber später mehr.
 
Ein gewohntes Bild... überall Kanäle
 
Ansonsten gibt es keinen landgestützten ÖPNV. Das liegt auch nahe, wenn man bedenkt, dass die Straßen weitestgehend noch aus der Zeit des venezianischen Reichs stammen und dementsprechend eng und verwinkelt sind. 
Apropos Venezianisches Reich: Ursprünglich als Rückzugsort vor den Langobarden und anderen kriegerischen Völkern gegründet, entwickelte sich die Stadt im Mittelalter zu einer der wichtigsten Handelsmetropolen der damaligen Zeit. Im Prinzip kam kaum eine Ware aus dem Orient an Venedig vorbei. Dies bescherte der Stadt, und später dem Stadtstaat, enormen Reichtum. Das äußerte sich nicht nur monetär, sondern auch kulturell.
 
Ein Blick nach oben lohnt oft
 
Auch wenn die Stadt in den letzten Jahrhunderten an Bedeutung verloren hat, so kann man das nicht von der Faszination, die sie auf Menschen in aller Welt ausübt, behaupten. Allein die Bauweise in der Lagune, und das allgegenwärtige Wasser, sind Merkmale, die wenige andere Städte zu bieten haben. All das hat auch Auswirkungen auf die Art und Weise wie man die Stadt am besten erkundet. Unser kleiner Reiseführer riet dringend dazu sich dem Chaos hinzugeben. Und siehe da, wir empfanden es gar nicht so schlimm. Wichtigste Voraussetzung dafür ist aber, nicht nur die Top Attraktionen wie Markusplatz und Rialtobrücke zu besuchen. Einfach treiben lassen, sich vielleicht auch etwas verlaufen, ist hier die Devise. Wir haben das eigentlich jeden Tag getan und sind irgendwie immer wieder in die Gassen gelaufen, wo am wenigsten los war und siehe da: Venedig geht auch anders. Entspanntes schlendern, kleine Läden (die mal keinen Nippes anbieten) und Espressi zu fairen Preisen. Eines ist aber sicher: So ganz entkommt man den Massen nicht, denn irgendwann kreuzt man ihren Weg.
Ja, die Stadtteile Venedigs... Sechs gibt es davon und sie heissen Sestieri. Wann immer man eine der unsichtbaren Grenzen überschreitet, die auch meist ein Kanal sind, wird man mit einem Schild an der gegenüberliegenden Hauswand erinnert. Dort steht dann oft der Name der Brücke und das neue Viertel, das man betritt. 

 Die Zeit läuft... Venezia, wir kommen
 
Aber der Reihe nach: Nachdem wir also an der Piazzale di Roma ausgestiegen waren, wollten wir ein Vaporetto zur Haltestelle nehmen, die unserer Unterkunft am nächsten lag. Doch ich wurde erstmal von einer netten Dame aufgehalten, die prüfen wollte ob ich artig meine Touristensteuer gezahlt hatte. Unsere Unterkunft hatte uns darüber bereits in Kenntnis gesetzt und da wir Übernachtungsgäste waren, konnten wir uns davon befreien lassen. Auch das hatten wir im Vorfeld erledigt, und so konnte ich der Dame den QR Code präsentieren, der mich entsprechend auswies.
Unsere Unterkunft war das Charming House DD724. Es war schnell gefunden und nachdem unser Zimmer schon vorzeitig bezugsfertig war, stellten wir fest, dass noch wirklich lange Zeit war, denn es war erst ca 13h. 
 
DD724

Erstmal stärken, und das ging prima im Corner Pub gegenüber. Eigentlich wollten wir nur eine Kleinigkeit zum mitnehmen haben, aber als wir die Auslage sahen, wurden wir schwach und verleibten uns doch ein wenig mehr ein. 
 
 

Corner Pub
 
Das schöne Wetter lud förmlich zum Erkunden ein. Es war zwar kühl, knapp über 10 Grad, aber die Sonne lachte von einem blauen Himmel. Freundlich erschien uns alles. Die Leute flanierten entlang der Kanäle, die azurblau in der Sonne glitzerten. Es schien, als habe es keiner eilig oder gehetzt wirkte. 
 

Mittags und Abends
 
Menschen saßen in  Restaurants oder Cafés und verströmten la dolce vita. Nicht nur deswegen, sondern weil es auch nicht allzuweit weg war, steuerten wir gleich den Markusplatz an. Je näher wir kamen, desto voller wurde es. Dennoch kein Grund zur Sorge, denn wir kreuzten diverse Kanäle über einige der mehr als 400 Brücken der Stadt. In den kleinen, verwinkelten Gassen fanden sich immer wieder interessante Galerien oder Auslagen mit leckeren Speisen von Restaurants als Blickfang, und so ertappten wir uns dabei, dass wir uns dem Tempo der Stadt anpassten. Man rennt nicht durch, sondern schaut sich um, versucht soviel wie möglich aufzusaugen, oder wie ich: zu fotografieren. Für mich gab es wirklich viel zu knipsen. 
 


Irgendwann erreichten wir dann doch den Markusplatz. Man sieht ihn nicht sofort, denn er wird von den Gebäuden der Prokuratien umgeben, die ihn etwas abschirmen. Man gelangt durch einen relativ unscheinbaren Torbogen drauf und dann... Ja, dann ist man drauf und es wird so einiges klar. Es ist voll, das war keine Übertreibung, obwohl es noch früh in der Saison war. Nicht so, dass man durchgeschoben wurde, aber nicht wirklich schön. Trotzdem nichts überraschendes. Dafür versteht man auch relativ schnell, selbst als kunstgeschichtlicher Laie, dass man sich an einem besonderen Ort befindet. Links und rechts von einem die Säulenarkaden der dreistöckigen Prokuratien, vor einem erhebt sich der Glockenturm "Campanile", und links davon, etwas nach hinten versetzt, der atemberaubende Markusdom. Er ist über und über mit bunten Mosaiken verziert und auch die Bauweise wirkt eher orientalisch. Das täuscht auch nicht, denn die Architektur ist dem Byzantinischen Stil sehr nahe. Hintergrund ist eine gewisse Verbindung von Venedig und Byzanz/Konstantinopel. Der vierte Kreuzzug Anfang des 13Jh hatte auch viele venezianische Soldaten in seinen Reihen, die Konstantinopel plünderten und infolge dessen auch viele Handwerker von dort in die Stadt brachte. 
Neben dem Markusdom liegt der Dogenpalast. Nicht minder beeindruckend mit seiner Fassade aus Marmor und dem Säulengang im Erdgeschoß, bildet er einen würdigen Abschluß eines atemberaubenden Ortes. 
 

 

 
 
Markusplatz
 
Wenn man bereits den Markusplatz zum Wasser hin verlassen hat und sich linkerhand durch die Massen schiebt, sieht man auf der Rückseite des Dogenpalasts die Seufzerbrücke. Eine Brücke, die direkt vom Palast, der auch Gericht war, in den Kanst führte und deren Name den vielen Seufzern der Veruteilten nachgesagt wird.
In die erste schmale Gasse mit wenigen Menschen bogen wir ein. Sie war schmal und dunkel. Fast konnte man mit ausgestreckten Armen beide Wände gleichzeitig berühren. Heraus kamen wir an einem belebten Platz, der aber nicht überlaufen wirkte. Wir wählten unbewusst irgendeine Richtung und kamen nach wenigen Minuten an der Kirche San Zaccaria heraus. Unser Reiseführer empfahl einen Besuch und so taten wir wie uns geheißen. Wir kennen das ja schon aus anderen Städten in Südeuropas, dass die Kirchen oftmals sehr pompös sind, aber was die Kirchen in Italien davon unterscheidet, ist dass hier einige der bekanntesten Künstler der damaligen Zeit sich verewigt haben. So befindet sich in San Zaccaria u.a. eines der Hauptwerke von Giovanni Bellini.
 
San Zacceria

Wir suchten uns eine weitere Gasse und liefen in nördlicher Richtung. Die Häuser in ihren Terracotta Tönen leuchteten förmlich durch die Sonneneinstrahlung, und obwohl es kalt war, wirkte alles warm und angenehm. Das die Häuser dabei oftmals etwas verfallen wirken, verstärkt auch das Gefühl in einer historischen Stadt zu sein. Offenes Mauerwerk links, Kanal rechts... Darauf dann ein Gondoliere, der (nicht singend, das haben wir nicht einmal erlebt) seine Gäste rumschippert... Mehr Kitsch geht kaum. Aber es ist einfach nur schön und spätestens hier, hatte uns die Stadt in ihren Bann gezogen. 
 


 Irgendwo in San Marco

Wir hatten erst einen Espresso intus, und so betraten wir ein Café, in dem nur zwei, drei Einheimische waren, nahmen ein Cannoli (Pistazienröllchen) und Espresso, bevor wir weiterzogen. Hierzu ein kleiner Tipp: Ein Kaffee am Tresen ist billiger als sitzend am Tisch. Man wird selten einen Einheimischen finden, der seinen Espresso sitzend zu sich nimmt. 
 
Gehört einfach dazu...

Anhand einer 50m langen Schlange merkten wir, dass wir wieder einmal an einer Attraktion vorbeikamen, die bestimmt in IG oft auftaucht. Die Libreria Acqua Alta kneiften wir uns genau aus diesem Grund und schlichen uns davon, um kurz darauf auf einer Brücke stehen zu bleiben, die direkt an einer Gabelung von zwei Kanälen stand. Es war die Ponte dei Conzafelzi mit einem sehenswerten Blick...
 

Normalerweise verlaufe ich mich nicht oft. Die Orientierung funktioniert gut und wenn ich ab und an in einen Stadtplan schaue, finde ich mich recht schnell wieder zurecht. Als wir selbigen mal zu Rate zogen um langsam den Rückweg anzutreten, suchte ich unsere Position an ziemlich verkehrter Stelle. Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass wir uns an den Reiseführer gehalten haben und uns "verlaufen" hatten. Zwar waren wir nicht weit von der Ecke wo ich uns vermutete, aber so, dass ich doch überrascht war. 
 

 
Vom Campo Santi Giovanni e Paolo orientierten wir uns in Richtung Rialtobrücke und es dauerte nicht lange bis wir uns in einem konstant stärker werdenden Strom Menschen befanden, der uns direkt hinführte. Es war witzig, denn wir brauchten keine Orientierungshilfen dafür, einfach nur der Menge folgen. Und da war sie dann auch direkt vor uns. Imposant und groß erhob sie sich über ihre Treppe und den kleinen Läden links und rechts der Stufen. Wir aber bogen erstmal ab um sie in der Totalen zu sehen. An ein ungestörtes Bild war eigentlich kaum zu denken. Jeder versuchte ein Bild zu ergattern. Aber das gehört ja auch dazu.
 
Rialtobrücke

Über die Brücke gelangten wir nach San Polo und liefen dort in südlicher Richtung. Ein paarmal mußten wir umkehren, da wir direkt in Sackgassen liefen, aber die Richtung war klar und was wir erst später bemerkten: Teile des Weges sollten jeden Abend zu unserer Strecke werden. 
Für den Abend folgten wir einer Empfehlung unserer Gastgeber. Das Estro ist eine Enoteca, die neben einer reichhaltigen Weinkarte auch schöne Menükarte mit einigen saisonalen Spezialitäten haben. Wir entschieden uns für ein dreigängiges Menü. Eine tolle hausmacher Küche, bei der vor allem meine Paccheri mit Peccorino Sauce und Artischocken herausragte. 
 

 Estro

Der frühe Vogel fängt den Wurm
 
Um 5.30h wurde ich wach und fragte mich ob ich aufstehen sollte oder nicht. Ein Blick hinaus zeigte mir, dass der dämmernde Himmel wolkenlos war. Ok, das muß man nutzen und so griff ich die Fotoausrüstung und machte mich zum Markusplatz auf. Unsere Gastgeber hatten uns die Wegdauer mit ca 20 Min angegeben, ich war diesmal in etwas über 10 Min dort. Es war ja auch noch keiner auf den Gassen unterwegs. Ok, nicht ganz, denn einige Lieferanten schleppten Kisten und Waren herum und ein paar Stadtangestellte reinigten die Plätze damit alles wieder für den Touristensturm sauber war. 
 

Der Platz war fast leer. Dennoch sah ich schon Absperrzäune stehen, die einen Grund hatten. Wir hatten gehört, dass der Papst am Wochenende kommen sollte. Da hatte ich versucht allen Eventualitäten vorzubeugen und extra die Woche vor dem 1.Mai gewählt um zusätzlichen Touristen aus dem Weg zu gehen und dann war unser Ankunftstag schon der Nationalfeiertag gewesen und es kam auch noch der Papst. Aber gut, ich schweife ab... Trotzdem war praktisch nichts los und so konnte ich relativ ungestört ein paar Bilder machen. 
 

 
Morgens

Auf dem Rückweg konnte ich dann auch besagte Lieferanten mal etwas genauer beobachten. Wie gesagt, das ganze Transportwesen läuft auf dem Wasserweg. So ist das auch mit Lieferungen für Geschäfte, Hotels und Restaurants. Es landen Lieferboote an. Diese werden von wartenden, ich sage mal Boten, entladen und dann die Waren zu den Empfängern gebracht. Tagsüber sieht man sie nicht so, denn da dürfte die Zustellung an Land etwas länger dauern. 
Nach meiner Rückkehr frühstückten wir erstmal üppig. Unsere reizende Küchenfee servierte uns lauter Leckerein, von Brötchen, Stückchen, Eiern, Müsli bis zu Kaffees und Tee. 
 

Frühstück

Wir waren, wie gesagt, im DD724 untergebracht, das auch gleichzeitig die Adresse ist. Dossoduro 724. Wenn man mal auf die Häuser schaut, wird man feststellen, dass da Zahlen draufstehen, die teilweise in die tausender gehen. Nicht jede Gasse hat einen Namen, aber jedes Haus eine Nummer. Soweit ich weiß, sind sie erstmal nach Stadtteil geordnet und dann durchnummeriert. Funktioniert im Prinzip genauso wie eine Adresse mit Straßennamen wenn man weiß wo die entsprechenden Häuser zu den Nummern stehen.
Ähnlich ungewohnt wie die Adresssuche anhand der Hausnummern gestaltet sich das Auffinden von Sehenswürdigkeiten. Die Orientierung in Venedig ist etwas herausfordernd, wenn man nicht immer mit Stadtplan oder Handy rumlaufen möchte. Das Gassengewirr und die Tatsache, dass sie manchmal enden und man umkehren muß, verwirren. So waren wir an der Uferpromenade Zattere unterwegs und wollten zum Campo Sta Margarita. Herausgekommen sind wir fast an Piazzale Roma, weil wir einmal falsch abgebogen sind. Nicht schlimm, weil man immer wieder mit tollen Ausblicken belohnt wird, aber ungewohnt. Entdeckt haben wir dabei aber die Kreuzung Tre Ponte, wo insgesamt 6 Brücken über die verschiedenen Kanäle führten. 
 
 

Warum es Tre Ponte heisst verstehe wer will
 
Dafür liefen wir auf dem Weg zurück zufällig über den Campo Sta Margarita, wodurch dann klar war wo wir falsch abgebogen waren. Dieser Platz ist einer der größeren der Stadt und einer derjenigen wo sich mit Sicherheit viel vom Alltagsleben der Venezianer aufschnappen lässt. Neben den Cafes und Osterias sahen wir Senioren miteinenader diskutieren, Kinder Fußball spielen oder aber auch einfach Marktstände bzw -boote an denen die Hausfrauen die Zutaten für das Abendessen besorgten. 
 
 

Guidecca und San Giorgio Maggiore waren auch eines unserer Ziele. Beides definitiv einen Ausflug wert. Auf der kleinen Insel S.G.M kann man wunderbar den Menschenmassen auf dem Markusplatz entkommen. Wenn es darum geht einen schönen Blick auf den Dogenpalast oder den Campanile zu haben, sollte man entweder früh dort sein, oder aber die kurze Fahrt rüber unternehmen, denn der tolle Ausblick vom Kirchturm aus, ist möglicherweise der beste der Stadt. 
 
 

 San Giorgio Maggiore Kirche
 
Auf Giudecca ist es weder überlaufen, noch angepasst. Hier findet man noch ein etwas verschlafenes Nest vor, das mit dem Trubel auf der anderen Uferseite nicht viel gemein hat. Auf unserem Streifzug entdeckten wir das Kunstprojekt CREA, dass in alten Lagerhallen Fläche für zeigenössische Kunst und Künstler bereitstellt und betreibt. Aber auch der kleine Garten hinter der Kirche Sant Eufemia ist einen Abstecher wert. Giudecca ist, trotz des Namens nicht das Ghetto der Juden (giudei) geworden. Angedacht war es wohl, aber am Ende wurden sie woanders untergebracht und ich weiß nicht ob Venedig heute stolz darauf ist, dass es angeblich das erste Judenghetto weltweit gewesen ist.
 
 
 
Giudecca
 
Für den Abend hatte ich das Dama Restaurant ausgesucht. Wir überlegten noch ob wir ein Vaporetto nehmen sollten, aber von der Dauer wäre es ähnlich lange gewesen wie zu Fuß zu gehen, weswegen wir losmarschierten. Der Weg war uns teilweise bekannt und so konnten wir einiges der Strecke ohne weitere Hilfe gehen. Hierbei hat sich auch das Verlaufen am Nachmittag ausgezahlt, weil wir so schon wußten wo wir abbiegen mussten. Und so war nur das letzte Stück, schon jenseits des Canale Grande, Neuland. 
Das Dama selbst ist ähnlich dem Estro, jedoch etwas "schicker" ohne zu stark aufzutragen. Das Essen war auch etwas raffinierter und für unsere antialkoholischen Getränke zeichnete sich der Barmann verantwortlich. Auch hier definitiv ein positives Votum. 
 
 

 Dama

Glas... 

Wenn man an Venedig denkt, dürfte einem relativ schnell auch Murano in den Sinn kommen, denn das Glas von dort ist weltberühmt und meist auch sehr schön. Für uns war es logisch auch mal dorthin zu fahren. Also haben wir den Bus 4.2 genommen und sind in knapp einer Std hingefahren. Im Laufe der Fahrt wurde es auch immer voller und der Italiener an sich nimmt auch gern mal Anteil am Leben der anderen. Wie aus einer Frage einer Dame an eine andere das halbe Boot teilgenommen hat, will ich hier mal schildern. Italiener sind ja bekannt dafür, dass sie kommunikativ sind. Besagte Dame fragte irgendwas zu Murano, das ich nicht weiter verstanden habe. Die zweite Dame antwortete, jedoch entweder zu zögerlich oder zu wenig überzeugend, so dass die Fragenstellerin sich umdrehte und (entweder mit Blicken oder Telepathie (anders kann ich es mir nicht erklären)) eine andere, ihr unbekannte Dame, aufforderte ihre Meinung zu äußern. Dies führte dazu, dass noch jemand anderes sich bemüßigt fühlte etwas zur Konversation beizutragen. Dass dies nicht die letzte Person war, die etwas sagte, erkannte man daran, dass die Fragestellerin sich in diverse Richtungen drehte und auch immer wieder etwas entgegnete. So waren innerhalb von 1-2min einige wildfremde Leute in eine gestenreiche Unterhaltung verwickelt, die sich wahrscheinlich um etwas ganz banales wie: welcher Vaporetto fährt von Murano zurück, oder sowas, drehte.
Bei Murano hatten wir gehofft, dass wir den Mengen in der Innenstadt entfliehen könnten, aber da war der Wunsch der Vater des Gedanken. Es war, wie sich schon im Vaporetto abzeichnete, ziemlich voll. Wir stiegen in Capitale, er ersten Haltestelle aus, denn wir wollten entlang des Rio Vetrai in einem der Glasläden, nach etwas nettem für daheim suchen. In den letzten Jahren haben wir es uns nämlich angewöhnt irgendetwas typisches, das uns an den Urlaub erinnert, mitzubringen.
 

Murano
 
Nun ist der Kauf von Glas eine Wissenschaft für sich. Echtes Muranoglas ist zertifiziert bzw stammt von den ansässigen Glasbläsern, die es dann in wiederum zertifizierten Shops verkaufen. Das erkennt man entweder an den Läden, die ein von der Glasbläserinnung verliehenes, nummeriertes Zertifikat an der Tür haben, oder Waren mit einem kleinen, speziellen Aufkleber haben, oder aber ein Echtheitszertifikat anbieten. So konnten wir schon recht bald erkennen, dass es scheinbar ähnliche Produkte in Preisspannen gab, die locker ein Vielfaches erreichen konnten. Da war auch bald klar, wo der Unterschied herkam. So z.b. konnte man auf einigen Aufklebern zwar gut Murano erkennen, aber das Kleingedruckte besagte, dass es nur mit der Technik aus Murano gefertigt worden ist. Aber wollen wir uns nicht mit Detailfragen aufhalten, denn es gab teilweise wirklich atemberaubend schöne Objekte zu sehen. Das diese dann auch mal schnell vierstellig oder noch mehr kosten können, überraschte dabei nicht, denn der Kreativität und dem Schwierigkeitsgrad sind keine Grenzen gesetzt. 
 

Nach ein paar Shops war unsere Idee auf Trinkgläser eingegrenzt. Auch die Modelle hatten wir schon auf 3 reduziert. Aber sowas will gut überlegt sein, und wir wollten uns Zeit lassen. Das haben wir auch und sind ins Glasmuseum gegangen, das ich hier nur wärmstens empfehlen kann. Wenn man mal gesehen hat was das für ne Arbeit ist und wie einfallsreich man sein muß zum solche Werke zu kreieren, wird man so manchen Preis verstehen.
 

Glasmuseum
Unten Farbproben
 
Hinterher beratschlagten wir bei einem Espresso und unserem ersten Eis des Jahres welche Gläser wir mitnehmen wollten, und weil etwas Süßes die Dopaminproduktion und das körpereigene Belohnungssytem anregt, wurden wir uns schnell darüber einig.
 

 
Die Stunden waren schnell vergangen und unseren angedachten Abstecher auf die Friedhofsinsel begruben wir schnell, als wir sahen was an der Haltestelle los war. Als würden alle auf einmal zurückwollen. Nachdem ein Vapo vor unserer Nase die Schotten schloß, bestiegen wir einen, der ohne Zwischenstopp zum Markusplatz fuhr. Das war dann auch ganz gut, denn so konnten wir mal sehen wie der Fortschritt für das Großereignis am folgenden Tag war. Der Markusplatz wurde teilweise bestuhlt und mit Großbildleinwänden sollte der Open Air Gottesdienst übertragen werden. Auch das Programm des Papstes war ziemlich straff. Innerhalb von ca fünf Std sollte er an drei Orten aufschlagen und am Ende den erwähnten Gottesdienst auf dem Markusplatz zelebrieren.
 
 
 
Markusplatz

Abends entschieden wir uns wieder zum Restaurant zu laufen, denn zufällig war ein Teil des Weges wieder identisch mit den beiden Vorabenden. Wir waren im Glam essen. Obwohl es sicher eines der besten Restos der Stadt ist, war es spektakulär. Ganz starke Küche, nicht eine Schwäche wurde offenbart und wir haben die Gänge förmlich verschlungen und uns alle Finger abgeleckt. Hier hat der Statthalter von Enrico Bartolini, Donato Ascani, ein wahres Feuerwerk abgebrannt und selbst unsere hohen Erwartungen noch übertroffen. 
 

 
Glam

Auf dem Rückweg, es war bereits dunkel, fühlten wir uns in den leeren Gassen wirklich ins Mittelalter versetzt. Schummeriges Licht erhellte die Pflastersteine und Wände von denen der Putz teilweise abgebröckelt war... Die Häuser teilweise ein wenig schief, genauso übrigens wie einige Kirchtürme. Es gibt mehr "schiefe Türme" als in Pisa. Jedenfalls war das einer der Momente, wo es nicht gewundert hätte, wenn uns ein paar Ritter entgegengekommen wären, oder wir das Klappern von Pferdehufen vernommen hätten. Da war dieses Gefühl, das man Geschichte atmete...
 
Nachts in Venedig

La Dolce Vita

Das Treiben lassen klappte ganz gut. Im Prinzip legten wir immer eine grobe Richtung fest mit einem bestimmten Ziel und versuchten dabei auch ein paar Sightseeingpunkte mitzunehmen. Vom Papstbesuch hatten wir praktisch nichts mitbekommen. Der Versuch einen Blick zu erhaschen war nicht von Erfolg gekrönt, wegen der weiträumigen Absperrungen und Zutrittskontrollen, und so konnten wir uns auch schon bald an unser Touriprogramm machen.
 
 
 

Abstecher in die Basilica Santa Maria Gloriosa dei Frari
 
So sollte es an einem Tag durch S. Polo und Sta Croce gehen, dann rüber nach Canareggio, um von Fondamenta Nova auf die Cimiterio Insel überzusetzen. Weil wir in der Zwischenzeit jeden Abend in diesem Bereich essen gewesen waren bzw ihn durchkreuzt hatten, kannten wir den Weg schon halb, trotzdem wird man sich, wenn man nicht die ganze Zeit mit Stadtplan oder aufs Handy guckend rumläuft, verlaufen. So erging es uns auch, aber die Stadt ist einfach zu schön um in einer graden Linie von A nach B zu laufen.
 
 

 In San Polo
 
Um die Rialto Brücke ist es echt krass. Es ist ein Gedränge und Geschiebe, gepaart mit den ganzen Leuten die Bilder von sich machen wollen... Aber zurückblickend kann ich wirklich sagen, dass man auch gut ausweichen kann und es genug schöne und relativ ruhige Ecken gibt.
 
Rialtobrücke

Nachdem wir den Weg durch die Gassen gefunden, und den Fähranleger erreicht hatten, fuhren wir auf die Friedhofsinsel. Wegen Platzmangels in der Stadt musste man sich etwas einfallen lassen, wie man mit den Verstorbenen umgeht. Unbewohnte Inseln gab es genug und so beschloß man eines Tages, eine davon als reine Friedhofsinsel zu nutzen. So ist das noch heute und obwohl sie sicher nicht der schönste Friedhof ist den wir kennen, beeindruckt er. Wenn man so ein paar Ruhestätten betrachtet und die Leute dazu sieht, besonders Kinder, ist der Schmerz gut spürbar, den die Betroffenen hatten. Auch einige der Familiengräber und Gruften reichen von pompös bis zu künstlerisch wertvoll. 
 

 
 
Cimiterio San Michele

Das Judenviertel war auch eines unserer Ziele. Leider ist es doch so, dass die Ecke, obwohl friedlich und oberflächlich betrachtet ein stinknormales Viertel, leider dauerhafte Polizeipräsenz braucht. Die jüdische Kultur wird weiterhin gelebt, aber das Viertel ist inzwischen eher gemischt. In einer kleinen Galerie kamen wir mit Rabbi Yehudah Nuson Leib Cristofoli ins Gespräch, der wirklich überaus offen und herzlich war. Er erzählte uns einerseits etwas über das Kunstprojekt "The Studio in Venice" aber antwortete u.a. auch auch meine Frage was es denn mit der Mesusa auf sich habe, die er beim Betreten der Galerie berührt hatte. 
 

 
Abends dann unser "letztes Abendmahl", wenn auch etwas üppiger als in der Bibel. Das Wistéria mag zwar Assoziationen an "Desperate Housewifes" wecken, aber wie wir nun wissen, ist es eine Pflanze der Gattung Glyzinen und auch als Blauregen bekannt. Auch hier war der Weg dorthin nicht unbekannt und das Essen hat uns durch Finesse und Kreativität begeistert. 
 

 
Wistéria

Am Tag der Abreise hatten wir noch ein paar Stunden, die wir in Richtung Castello verbringen wollten. Eingangs erwähnte ich ja, dass der Reichtum dieser Stadt nicht nur monetärer oder politischer Art war. Auch kulturell hat La Serenissima enorm viel zu bieten. Neben den Vermächtnissen aus der "Goldenen Zeit" ist auch heute noch viel los. Seien es enorm viele Galerien, die Kunst für jeden Geschmack anbieten, die Peggy Guggenheim Collection oder andere Kunstsammlungen, aber auch einfach etwas Straßenkunst. 
 


Die Figur neben der Tür soll ein Banksy sein
 
Eine Veranstaltung die zu Venedig gehört wie die Dokumenta zu Kassel ist die Kunstbiennale. Ein Event, dass darüber hinaus geht eine schöde Kunstausstellung zu sein. Musik, Tanz, Architektur usw. spielen in deren Rahmen auch eine Rolle. Schon auf dem Weg dorthin, gab es diverse Skulpturen zu sehen, die mal mehr, mal weniger meinen Geschmack trafen. Leider hatte sie Montags geschlossen, wobei meine Frau mir sicher das "leider" nicht abnimmt, denn ich bin nicht unbedingt ein Fan von zeitgenössischer Kunst. 
 
 

 Castello
 
Die dadurch gewonnene Zeit vertrieben wir uns mit einem kleinen Spaziergang durch das letzte Viertel, das wir noch nicht besucht hatten: Castello. Hier war sicherlich das Arsenal der optische Höhepunkt mit seinen beiden Wachtürmen links und rechts des Kanals. Hier wurde zu den Hochzeiten der Stadt, zwischen dem 14. und 18.JH, die gesamte Flotte gebaut und gewartet. Heute wird nur noch ein Teil davon als Werft für die Fähren und Gondeln genutzt.

 

Was wir immer wieder gerne mal machen, ist auch ein Blick in die Angebote der örtlichen Immobilienmakler zu werfen, um ein Gefühl von Lebenshaltungskosten zu bekommen. Hier in Venedig haben sie uns "positiv" überrascht, denn die Preise empfanden wir nicht als unbedingt hoch. Ohne die genauen Lagen zu kennen, gab es ansprechende Wohnungen mit qm-Preisen von unter 5000€. Aber dabei darf man zwei Dinge nicht vergessen: Venedig ist ein Käufermrkt. Seit Jahren sinkt die Einwohnerzahl auf der Altstadtinsel. Inzwischen sollen es unter 50.000 Einwohner sein. Und wo mehr Angebot als Nachfrage ist, fällt der Preis. Zweites wichtiges Kriterium, das sicherlich noch schwerer wiegt: Die Instandhaltungskosten. Gebäude, die ständig im Wasser stehen und wo es immer wieder Überflutungen gibt, haben bestimmt exorbitant hohe Nebenkosten. 
 

 
Da wir es nicht geschafft hatten mal mit einer Gondel zu fahren (diese waren eh meistens von Amis oder Chinesesn besetzt), nutzen wir eine günstigere Alternative mal in einer zu fahren: ein Traghetto. Das sind Gondeln, die einfach nur von einer auf die andere Uferseite des Canale Grande übersetzten und an festen Stationen auf Kundschaft warten. Das Ganze dauert keine fünf Minuten, kostet aber auch nur 2€ pro Nase (statt ab ca 100€ für 30 Min) und man muss weder einen Umweg machen um über eine Brücke zu gehen, noch allzu lange warten. Der Nachteil ist, dass man nicht immer alleine darin sitzt, sondern häufiger mal andere Leute mitfahren. Tipp hier: früh fahren! 
 


 Gondoliere at work
 
Ja, und das war es auch schon wieder. Wie schon eingangs vermutet: So viele Leute können gar nicht irren. Uns hat die Stadt eigentlich schon am ersten Tag gehabt. Die Einzigartigkeit des Transportwesens auf dem Wasserweg, gepaart mit dem Gefühl sich teilweise Jahrhunderte zurückversetzt zu fühlen, ist außergewöhnlich. Auch die Menschen dort waren unglaublich nett. Seien es die Mitarbeiter in den Restaurants oder die Kontrolleure auf den Fähren; alle wirkten authentisch und freundlich. Kein Gemurre oder aufgesetztes Lächeln. Für uns war es wieder einmal ein wunderbares Erlebnis einen Ort kennenlernen zu dürfen, der so viele unterschiedliche Facetten bereithält und sich von seiner besten Seite präsentiert hat.

 Wappentier und Attribut des Evangelisten Markus: der Löwe
 
Die Stadt ist aber nicht billig. Unterkünfte sind teuer und wer auf Canale Grande Blick besteht, wird mehrere tausend Euro dafür bezahlen müssen. Auch eine Vaporetto Fahrt kostet 9.50€. Aber wenn man sich im Vorfeld informiert, gibt es doch einige Möglichkeiten zu sparen bzw die Kosten im erträglichen Rahmen zu halten. 
 
 Auf Wiedersehen

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen