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Dienstag, 15. Juli 2014

Reisebericht Kapverden - Sal 2014

Der Fischadler zog kreisend seine Bahnen über uns und den Strand hinweg und hielt Ausschau nach seinem Frühstück. Als er den Schwarm Fische sah, der sich ca 100m vor uns befand, wurden seine Kreise enger und irgendwann hielt er seinen Körper nur noch in den Nordostpassat, der ihn förmlich in der Luft stehen ließ. Kurz darauf setzte er zum Sturzflug an und griff sich zielsicher einen Fisch aus der brodelnden Suppe. Während ich das beobachtete, vernahm ich die Worte von Anne, mit der wir eine Rundfahrt über die kleine Insel machten. Aber dazu später mehr.



Sal ist eine von neun bewohnte Inseln der Kapverden. Sie ist wohl die touristisch am besten erschlossene, jedoch kein Vergleich mit europäischen Touristenzentren. Im Prinzip gibt es dort erst seit ca 15 Jahren Hotels und so etwas wie halbwegs organisierten Tourismus. Man hört so Vergleiche wie "die Kanaren in den 60ern" oder auch eine Aussage von Anne, die mir ziemlich treffend erscheint: "Ihr seid zwar auf den Kapverden, aber denkt nicht ihr hättet sie hiermit schon gesehen. Sal ist nur das Tor zu den Kapverden." Wer sich ein wenig näher mit diesem Reiseziel auseinandersetzt, wird schnell merken, dass allein von den klimatischen Bedingungen gravierende Unterschiede von Insel zu Insel herrschen. Während Sal eine reine Wüsteninsel ist, auf der kaum etwas wächst, sind Santiago und Fogo z.B. recht grün und Landwirtschaft ist dort gut möglich.


Wüste wohin das Auge reicht


Was kann man also auf Sal machen? Die Insel ist ein Mekka für Surfer und Kiter. Der konstante Wind aus Nordöstlicher Richtung schafft beste Bedingungen für diese Sportarten, fast das ganze Jahr über. Auch Tauchen und sonstiger Wassersport sind gut möglich. Desweiteren haben wir auch Anbieter für Quadtouren, Jeepsafaris oder Radtouren gesehen.




Wir haben uns bewusst gegen eine Bleibe in einem der ca 6/7 Hotels internationalen Standards entschieden und stattdessen eine Apartment in Santa Maria gemietet. Es lag mitten im Ort und zum Strand waren es keine 10 Minuten. Santa Maria ist das Touristenzentrum am südlichen Ende der Insel. Entsprechend hat sich der Ort entwickelt und bietet eine gute Auswahl an Restaurants und Bars, sowie einige Shops für Surfbedarf oder allerlei Nippes, der meist von Kontinetalafrikanern, wie Senegalesen oder Gunieesen, angeboten wird. Ohnehin haben wir festgestellt, dass es eine Zweiteilung der Bevölkerung gibt. Zum einen sind da die Kapverdianer und zum anderen Schwarzafrikaner, die den beschwerlichen, 500km langen Weg über das Meer gewagt haben. Jedoch klappt das Zusammenleben recht gut und weder haben wir Spannungen zwischen den Einheimischen bemerkt, noch musste man sich als Tourist irgendwie belästigt fühlen. Alles läuft unter dem Motto: "No stress" ab. Man wird zwar angesprochen, aber ein klares Nein versteht jeder und ein kurzer Plausch mit den Verkäufern ist kostenlos und immer willkommen.


Blick zum Fischersteg und Strand


Wie ich schon sagte, ist Santa Maria im Vergleich zu anderen Orten auf der Insel, gut erschlossen. Es herrscht ein stückweit Goldgräberstimmung und man hofft auf mehr Gäste, was auch Investoren anlockt. Im Zuge dessen kommen natürlich auch viele Menschen die hoffen ein Stück vom Kuchen abzubekommen und ein besseres Leben zu erreichen. Wir haben jedoch das Gefühl, dass das Glück nur wenigen hold ist und die einfache Bevölkerung bestenfalls vorübergehend profitiert. Das "big business" liegt in den Händen von Ausländern, vornehmlich Italienern, die insbesondere in der Gastronomie und Hotelerie, sowie dem Markt für Immobilien, den Ton angeben. Dabei sind Preise für Immobilien wahrlich keine Schnäppchen. 5-6stellige Beträge muss man schon für eine mittelgroße Wohnung zahlen.



Santa Maria


Unsere Hauptbetätigung war der alltägliche Gang an den Strand. Wir hatten schon seit einigen Monaten keinen Urlaub mehr gehabt und konnten uns dort prima entspannen. Die Qualität des Strandes ist hervorragend. Er ist sauber, das Wasser ist superklar und es gibt Platz für alle. Während ich einmal so vor mich hindöste, forderte mich Kathrin auf mal die Lauscher zu spitzen. Doch so sehr ich mich konzentrierte, ich konnte nichts als rauschen vernehmen... Genau! Nichts als rauschen war dort oftmals, und wir mussten schauen ob wir nicht auf einmal allein am Strand lagen. Herrlich! Keine nervigen Eisverkäufer, oder sonstiger stress... Interessanterweise kamen die Einheimischen erst am späten Nachmittag an den Strand. Tagsüber waren eher wenige zu sehen, aber dann kamen viele von ihnen und man merkte wie der Strand belebt wurde. Dazu muß man aber erwähnen, dass Juni/Juli Nebensaison ist und auch einige Ladenbesitzer Urlaub machen, bevor es im August richtig losgeht.


On the Beach


Abends waren wir immer essen und haben diverse Restaurants ausprobiert. Allesamt waren sie lecker und zu empfehlen. Wir haben bewusst darauf geachtet nicht immer in den gleichen Laden zu gehen, sondern vielen eine Chance zu geben. Hier gebe ich mal eine Übersicht von den Restaurants, die wir besucht haben und ausnahmslos empfehlen können. Pastis, Barracuda, D'Angela, Sal Beach Club . Frischer Fisch wird überall serviert und das schmeckt man auch. Ob es ein günstigeres oder teureres Restaurant ist, gut gegessen haben wir überall.

Das Barracuda


Die WM Spiele haben wir entweder im Beach Club oder im Tubarao Azul geschaut. Letzterer ist eine Bar, die auch Snacks serviert, wie frisch gegrillte Spiesse oder gelegentlich auch Fisch. Wir fanden es schön auch mal in die heimische Community eintauchen zu können. Es war mal was anderes nicht unter seinesgleichen zu sein und stattdessen einfach mal der Fremde zu sein. Jedenfalls wurden wir sehr freundlich empfangen und haben schnell Leute gefunden, die sich mit uns unterhalten haben.
Leider ist aber nicht alles Gold was glänzt und wir haben dort eine Unart festgestellt, die gerade für afrikanische Reiseziele bekannt ist: Touristinnen bändeln recht oft mit Einheimischen an (oder umgekehrt). Ohne über den Einzelfall urteilen zu wollen, aber meist ist doch ein gewisses Eigeninteresse bei einer der Parteien dabei und wir haben auch einen Fall einer Touristin erlebt, bei der der Vater ihres Kindes sich aus dem Staub gemacht hatte.
Aber es gibt auch viel positives zu berichten, nämlich z.B. das Engagement für Meeresschildkröten, die Sal oft als Brutplatz aufsuchen. Turtle SOS ist eine Hilfsorganisation, die Schildkrötennester entweder schützt oder an einen geschützten Ort verlegt. Dabei werden die Gelege überwacht, die Schildkrötenmütter markiert und auch erzieherische Aufgaben erfüllt um das Bewusstsein in der Bevölkerung dafür zu schärfen. Wir haben uns die Aufzuchtstation angeschaut und uns ausführlich die Tätigkeiten der Organisation erklären lassen. Für alle, die den Laden besuchen wollen, er befindet sich etwas versteckt, hinter der Bude der Touristeninfo, die an der Fußgängerzone zum Strand und Fischersteg liegt. Die Aufzuchtstation liegt am Strand des Hotel Riu.

Schildkrötengelege


Am letzten Tag stand noch etwas Aktivprogramm an, nämlich eingangs erwähnte Inseltour. Zugegebenermaßen gibt es relativ wenig touristisch reizvolles, aber trotzdem haben wir die Insel und ihre Menschen sehr schätzen gelernt, auch gerade wegen ihrer Lebensfreude, trotz der alltäglichen Schwierigkeiten, die sie zu meistern haben.
Auf dem Programm stand die Fahrt entlang der Westküste, wo mir auch der Fischadler aufgefallen war. Wir besuchten das Städtchen Palmeira mit dem Überseehafen, der als Landestelle für alle Frachter und Tanker dient. Weiter besuchten wir das "Blaue Auge" bei Buracona, bei dem es sich um eine Höhle handelt, dessen Dach eingestürzt war und wodurch um die Mittagszeit die Sonne scheint und dadurch eine hellblauen Fleck erzeugt.



Das Blaue Auge und das Drumherum


Dann ging es durch die Wüste, die mich sehr an die Atacama erinnerte, in einen Slum nördlich von Espargos. Dort hat Anne ein Kinderhilfsprojekt, das sie gemeinsam mit einigen Frauen aus dem Slum ins Leben gerufen hat und mit viel Herzblut unterstützt. Es fängt bei so alltäglichen Dingen an wie Obst für die Kids, geht über Malstifte und Schulunterlagen, bis zu sauberem Trinkwasser, das über ein selbst finanziertes Sammelbecken den Bewohnern Zugang zu fließendem Wasser ermöglicht. Es waren rührende Begegnungen und man konnte sehen, dass sich hier Leute zusammengetan haben, die lieber geben als nehmen. Diesen Kindern wird eine Zukunft geboten oder zumindest ein Einstieg in eine bessere Zukunft. Bleibt zu hoffen, dass dieses Vorbild Schule macht und es mehr Engagement geben wird, damit viel mehr von der verheißungsvollen Zukunft der Insel profitieren können.


Kinderhilfsprojekt Terra Boa


Unser nächstes Ziel war Pedra do Lume wo die Salinen von Sal liegen. Daher leitet sich auch der Name der Insel ab, denn bekannt wurde Sal durch den Abbau von Salz. Diese befinden sich in einem Krater und vom Rand hat man einen guten Blick darüber. Man kann sie auch betreten, doch das stand nicht auf dem Programm dieser Tour. Inzwischen werden sie auch nicht mehr kommerziell ausgebeutet, sondern der neue Eigentümer verdient wohl sein Geld über Eintrittsgelder der Touris.

Saline von Pedra do Lume


Weiter ging es entlang der Ostküste an einen kleinen Küstenabschnitt wo man Riffhaie vom Strand aus beobachten kann. Während der Ebbe müssen sie in seichtem Wasser verharren, weil das vorgelagerte Riff den Zugang zum Meer, wodurch man sich ihnen gefahrlos nähern kann. Ein ortskundiger Guide brachte uns in gute Position, von wo aus man die Flossen sehen konnte.
Ein Picknick in einer selbstgebauten "Lodge" eines Freundes rundete das ganze Event noch sehr lecker ab. Wir bekamen allerlei Spezialitäten serviert und haben den ganzen Tag wirklich genossen.


An der Ostküste mit Lodge


Alles in allem haben wir eine Insel mit einigem Potential vorgefunden. Der Tourismus entwickelt sich erst, jedoch ist es wichtig Fehler anderer Nationen zu vermeiden und eine vernünftige Balance zwischen Ertrag und Beteiligung aller an den Gewinnen zu finden. Wir haben unheimlich freundliche Menschen erlebt, aber auch viel Armut, und soziale Ungleichgewichte. Wer die heile Welt der Hotelanlagen verläßt wird mit viel Exotik belohnt und kann, trotz der möglicherweise mangelnden Infrastruktur, ursprüngliches und unverdorbenes Land und Menschen erleben. Wenn das mal kein Grund ist dorthin zu fahren?

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