Dieses Blog durchsuchen

Sonntag, 5. Juli 2015

Reisebericht Südsulawesi und Toraja Teil 2

Von Surabaya wurden wir auf unsere nächste Etappe gebracht. Wir flogen nach Ujung Padang, oder wie es heute wieder heisst: Makassar. Es lief alles reibungslos und wir waren weitestgehend pünktlich und wurden bereits erwartet. In der Schwüle des späten Nachmittags empfing uns Fierdaus, unser Guide für die nächsten Tage. Das Klima war schon spürbar anders und wir schwitzten aus allen Poren.
Fierdaus, oder Fier, wie wir ihn nennen durften, erklärte uns auf dem Weg zum Hotel ein wenig über die Stadt und deren Bewohner. So sind die Bewohner der Stadt in der Mehrheit Makassaren und Bugis. Auf diese zwei Volksstämme ist die Gründung der Stadt vermutlich im 14. Jh. zurückzuführen. Die Stadt selbst war im 16. und 17. Jh Hauptumschlagplatz für Gewürze und seit jeher ein strategisch günstig gelegener Posten für diverse Vorhaben im Laufe der Geschichte. Noch heute ist die Stadt im innerasiatischen Handel, vor allem mit Hölzern, Gewürzen und Kaffee, eine wichtige Drehscheibe und wir konnten an den Ausmaßen des Hafens erahnen, dass es sich um keine unbedeutende Anlegestelle handelt.



Unser Hotel war das Aryaduta an der Uferpromenade, dessen Lage natürlich klasse war und bei dem auch die Lobby gefielen. Auf dem Superiorzimmer angekommen, stellte sich aber schnell Ernüchterung ein. Das Zimmer, war zwar ordentlich groß, aber derart abgewohnt und dreckig, dass ich mich fragte wie der Kontrolleur, der das Zimmer in dem Augenblick verlassen hatte, als wir eintraten, es absegnen konnte. Im Bad stank es, die Möbel waren verranzt usw. Doch für eine Nacht und weil wir so müde waren, ließen wir mal fünfe gerade sein und gingen bald zu Bett, weil wir früh raus mussten.
Nachdem wir gefrühstückt und uns wegen des miserablen Zimmers beschwert hatten, checkten wir aus und machten uns mit Fierdaus und dem Fahrer Basri auf den Weg in Richtung Norden. Zunächst aber besuchten wir Fort Rotterdam, das heute noch weitestgehend so existiert, wie es Ende des 17. Jh von den Holländern umgebaut worden war, nachdem sie Makassar erobert hatten. Inmitten der Mauern, dessen Form einer Schildkröte nachempfunden sind, befinden sich noch die typischen Häuser, die sich deutlich von den restlichen Gebäuden in der Umgebung unterscheiden. Hoch gebaut und mit Giebeldach und Fenstern, sehen sie doch ganz anders aus als die flachen Häuser mit ihren, an einen Hut erinnernden Dächern. Jedenfalls fand dort an diesem Tag ein Treffen von vielen Vereinen und jungen Leuten statt, mit denen wir auch immer mal auf einen Plausch anhielten.

Die Jugend von heute und ihre Haustiere

Dann aber ging es weiter und aus der Stadt hinaus. Wir fuhren in Richtung Maros, wo wir in der Nähe eine erste Sehenswürdigkeit besuchen wollten. Der Wasserfall von Bantimurung wird als idyllischer Ort beschrieben an dem dutzende verschiedene Schmetterlingsarten existieren. Als wir hinkamen war aber von Oase nicht viel zu merken. Die Autos stauten sich und die Parkplatzsuche gestaltete sich schwierig. Deswegen wurden wir einfach rausgeworfen und begaben uns zum Eingang wobei wir uns nur in die Lawine von Menschen einreihen brauchten, die sich in die gleiche Richtung wälzte.


Naturpark Bantimurung

Von den versprochenen hunderten von Schmetterlingen waren bestenfalls ein paar zu sehen, dafür aber befanden sich hunderte von Menschen dort, die diese Kaskaden und Wasserbecken als natürlichen Wasserpark nutzten. Wo wir hinschauten waren Menschen im Wasser oder drumherum, wo sie mit Freunden und Familie den Sonntag verbrachten. Aber da war noch etwas. Überall standen Fahnen mit Werbung und es schien irgendeinen besonderen Anlass zu geben, denn es liefen auch viele Menschen in Trachten rum. Wie wir erfuhren fand an diesem Tag das Stadtjubiläum statt.

Der Schmetterling ist etwa so groß wie eine gespreizte Männerhand und ihn sahen wir nicht in Bantimurung, sondern in unserem Hotel in Toraja.

Schick für den großen Tag

Wie ich ja schon erwähnte wurden wir gerne fotografiert. Ein Umstand den wir auch für uns beanspruchten, denn umgekehrt fotografierten wir auch gerne. Was wir dort erlebten, stellte aber alles bis dato dagewesene in den Schatten. Während wir uns umschauten und fotografierten, durften wir auch in den Bereich eintreten, der für die geladenen Gäste vorgesehen war. Auffällig viele Menschen in Trachten und auch eine Bühne über einem der Wasserbecken auf der drei Moderatoren munter plapperten und die Zuschauer unterhielten. Es muß wohl an unseren "unauffälligen" Touristenklamotten gelegen haben, denn auf einmal wurden wir angestupst und sollten uns zur Bühne drehen, während wir im Hintergrund durch die Boxen hörten: "Turisti, Turisti". Es folgte wildes Winken, das uns bedeutete auf die Bühne zu treten. Ganz Gentleman schob ich Kathrin vor und während sie auf dem "Catwalk" zur Bühne lief, setzte ich mich ab und blieb am Ufer um das Ganze mal wirken zu lassen. Währenddessen wurde Kathrin auf der Bühne schon mit großem Hallo begrüßt und mit Fragen gelöchert: Wo kommt ihr her? Wo wollt ihr hin? Wie gefällt euch Indonesien? usw. Irgendwann fiel dann auch auf, dass ich in der illustren Runde noch fehlte und wurde doch noch hochgebeten. Es gab die obligatorischen Selfies und als wir da so standen und von dutzenden Augenpaaren angeschaut wurden, dachte ich mir: "Es fehlt nur noch das Fernsehen." Und da sollen wir keine Starallüren entwickeln??? Am Ende zogen wir lachend ab und ich kann mich nur wiederholen: Das ist ein Erlebnis gewesen, dass man weder igendwo buchen kann, noch irgendwo käuflich ist. Man muss einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.

Unser Blick von der Bühne auf die Ehrenplätze

Das Moderatorenteam und Kathrin

Der Besuch des Terrains wurde nicht ganz so lange wie gedacht, denn aus dem nichts goss es wie aus Eimern. Während wir uns also wieder Richtung Ausgang bewegten, wurden wir doch ziemlich nass, trotz eines Schirmes.
Wir fuhren entlang des Nationalparks Bantimurung, der Wasserfall ist nur ein kleiner Abschnitt des Ganzen, in Richtung Sengkang. Wieder einmal sahen wir wunderbare Landschaften, die sehr ursprünglich waren und wo sich Wildnis und von Menschenhand geschaffenes Nutzland abwechselten. Wir erfuhren, dass auf Sulawesi, zumindest im Süden, die Regenzeit noch nicht ganz zu Ende war. Ein Unterschied zu Java, denn dort regnete es praktisch kaum noch. Das war auch wieder ein Beleg dafür, wie groß dieses Land ist und das Wetter auch ziemlich unterschiedlich sein kann. Dies ist ein Effekt der sog. Wallace Linie, die u.a. Sulawesi von Java trennt.
Am späten Nachmittag erreichten wir dann die kleine Stadt Sengkang, wo als Wahrzeichen ein Düsenjet an einer Straßenkreuzung steht. Das Hotel BBC, in dem wir übernachteten war ganz neu eingerichtet oder gebaut. Jedenfalls war alles tip-top, nur hatte man vergessen der Bleibe etwas Flair einzuhauchen. Es wirkte doch alles etwas steril und eher wie in einem Krankenhaus. Aber es war kein Vergleich zur Nacht zuvor.
Am Abend gingen wir mit Fier und Basri in ein typisches Restaurant essen. Es lag gegenüber des bereits erwähnten Jets und bot in traditioneller Atmosphäre überwiegend Meeresfrüchte und Fisch an. Vielleicht leitet sich daraus auch der Name des Restaurants ab: Lesehan Jetpur. Wie sich herausstellte war das eine hervorragende Wahl gewesen. Man sitzt in kleinen, durch Bastmatten abgetrennten Separees und das Essen wird idR geteilt. Wir hatten tolle Garnelen und einen leckeren Red Snapper. Dazu gab es noch diverses Gemüse und sehr geschmackvolle Saucen. Das irgendwann mal der Strom ausfiel, und es im Laden komplett dunkel war, störte dabei nicht. Durch die niedrigen Wände, auch nach außen, reichte es, dass ein schlauer Besucher seinen Wagen anschmiß und das Licht einschaltete.

Unser Essen im Lesehan Jetpur

Der nächste morgen sah etwas besser aus, als der vorherige endete, denn es regnete nicht. Wir hatten einen Programmpunkt ausfallen lassen müssen, den wir so nachholen konnten. So machten einen kleinen Bootsausflug auf den Tempe See. Mit einem Langboot fuhren wir zunächst den Fluß entlang bis an den Stadtrand, bevor wir den See erreichten. Dieser See hat viele Funktionen. Er ist Wasserlieferant, Acker, Wohngebiet und auch Fischgrund. Er erinnerte uns an den Inle See in Myanmar, den wir schon besuchen durften. Der See ist auch sehr flach, aber dafür mit etwa 350km² sehr groß. Man trifft dort auf schwimmende Äcker auf denen Wasserhyazinthen, Tomaten oder Wassermelonen gepflanzt werden. Er dient aber auch vielen Vögeln, insbesondere Reihern, als Lebensraum. Im Zentrum des Sees gibt es auch ein schwimmendes Dorf, das Bugis bewohnen.

Schwimmende Häuser mitten Im See

Bugis bei der Morgenwäsche

Auf dem See gibt es Wegsysteme zwischen den "Beeten"

Als wir durch das Land der Bugis fuhren, die den größten Anteil der Bevölkerung im zentralen Bereich Sulawesi Selatans stellt, sahen die Ortschaften irgendwie anders aus als zuvor. Man erkennt recht schnell das in ihrem Leben Wasser eine große Rolle spielt, denn sie sind ein Seefahrervolk und auch wenn sie im Landesinneren leben, sind ihre Häuser doch anders gebaut als die beispielsweise der Makassaren. Die Häuser sind auf Pfählen errichtet. Das hat viele Vorteile. Einerseits gibt es in der Regenzeit keine überfluteten"Keller". Zum anderen kann man den Bereich als "Stall" nutzen. Der interessanteste Grund aber ist folgender: Man kann das Haus einfacher versetzen. Ja, richtig gelesen. Falls mal ein Umzug ansteht, kann man einfach die Pfähle absägen und den Rest, Stück für Stück, woanders hinbringen. Ich dachte zwar, das kommt in diesen Gegenden nicht wirklich vor, aber Fier belehrte uns eines Besseren.

Gut, wenn man auf Pfählen gebaut hat

Bei weiterhin schlechtem Wetter fuhren wir weiter in nördlicher Richtung und erreichten das Meer. Die Küste war überwiegend von Mangroven bewachsen und dafür weniger Strand, soweit wir es erkennen konnten. Plötzlich gab Fier ein Signal und der Wagen fuhr links ran. Mit den Worten "Da ist eine Hochzeit. Mal sehen ob wir zusehen dürfen" sprang er aus dem Auto und öffnete uns die Tür. Kurz darauf erreichten wir die zeltähnliche Feststätte. Fier erklärte einem Herrn die Situation, der uns kurz darauf bedeutete einzutreten. Ich schob Kathrin wieder mal vor... ihr wisst ja schon warum. Diesmal ging ich aber mit und vorbei an einem Spalier von festlich gekleideten Damen, die uns entzückt anlächelten, betraten wir das Zelt. Augenblicklich waren die Blicke auf uns gerichtet, während wir nach vorne gingen, wo das Brautpaar auf einer Art Bühne saß. Wir machten brav unsere Aufwartung und gratulierten ihnen, doch beide starrten uns mit teilnahmsloser Miene an. Ohnehin empfanden wir die beiden nicht grade als glücklich, wie es eigentlich zu erwarten gewesen wäre.

Im nachhinein glaub ich wir haben gemüffelt

Dafür waren alle anderen umso mehr aus dem Häuschen und forderten uns auf mit auf die Bühne zu gehen. So kam es dann, dass zwei Touristen für etwas "Ungleichgewicht" in der Reihe der passend gekleideten Gäste sorgten. Im Anschluß wurden wir umgehend zum Essen eingeladen und sagten dankbar zu. Natürlich fehlten die üblichen Bitten nach Fotos nicht, während wir unsere Teller leerten. In der Zwischenzeit kam auch schon ein weiteres Paar Touristen an und wir konnten grinsend das Prozedere beobachten, dem wir uns kurz zuvor unterzogen hatten.

Vor der Bühne

Was mich aber beschäftigte, war die Tatsache, dass das Brautpaar nicht einmal lächelte. Sie saßen wie versteinert dort oben, während die Aufmerksamkeit von ihnen auf uns "Partycrasher" abschweifte und die Gäste gut gelaunt um uns Touris herumturnten. Ich hatte das ungute Gefühl ihnen die Feier zu versauen und zog Fier beiseite, der ebenfalls gut gelaunt sein Mittagessen verschlang. "Nein, nein..." das habe nichts zu bedeuten entgegnete er auf meine Bedenken. Sie würden so schauen weil sie einer ungewissen Zukunft entgegenblickten und nun ganz andere Aufgaben zu bewältigen hätten als bisher. Darüber würden sie sich Gedanken machen. Aber warum sie denn nicht mitfeiern würden, wollte ich wissen. Das sei so üblich, denn die Gäste wollen immer einen freien Blick auf sie haben. Deswegen müssten sie dort oben sitzen.
Nachdem wir aufgegessen hatten, und zig Fotos später, verabschiedeten wir uns und wünschten noch eine schöne Feier... Und wir wurden verabschiedet wie Freunde. Es war wirklich witzig und eine Ehre an einem solchen Ereignis teilgenommen zu haben.

Wer ist hier der Partyking?
 
Über Palopo kamen wir unserem eigentlichen Ziel näher. Wir machten noch kurz Pause um die Tua Palolp Mosche zu besuchen, die inzwischen über 400 Jahre alt ist. Für Fier und Basri war es eine Gelegenheit zum Gebet, und für uns eine um ein kurzes Gespräch mit dem Imam zu führen.
Danach ging es weiter nach Rantepao, gelegen im Hochland von Toraja. Dazu mussten wir erstmal in die Berge. Die Wolken hingen tief und schon bald wurden wir von ihnen verschluckt während wir die Serpentinen durch den Urwald hochfuhren. Das diffuse Licht und der dichte Bewuchs vermittelten ein komisches Gefühl, doch auf der anderen Seite fuhren wir auch an kleinen Wasserfällen und Dörfern vorbei, die sehr reizvoll waren.

In den Bergen

Auf einmal ging es dann Bergab und wir wussten, dass wir den höchsten Pass hinter uns gelassen hatten und uns im sagenumwobenen Toraja Hochland befanden. Die Ebene liegt auf ca 7-800m und ist von höheren Bergen eingerahmt. Schon bald klarte es auch etwas auf und wir bekamen Gewissheit als wir die typischen Häuser, die Tongkonan, des hier beheimateten Volkes sahen. Die Dächer sind überdimensional mit nach oben gebogenen Giebeln. Im weitesten Sinne erinnern sie an Sättel oder Schiffe.



Torajaland

Während wir die letzten Kilometer zum Hotel zurücklegten, fuhren wir an bildschönen Reisfeldern vorbei und staunten über dieses Bild, bei dem die Berge und der Himmel den Rahmen für diese faszinierende Kulisse bildeten. Wir hatten das Gefühl in Mittelerde, dem Land der Hobbits angekommen zu sein. Die Mystik dieses Ortes, dem der Ruf lange vorausgeeilt war, hatte uns bereits gefangen genommen...
Unser Hotel, das Toraja Heritage, hat im Toraja Stil errichtete Gästezimmer und wir bewohnten eines dieser Häuser. Die Zimmer waren sehr schön und großzügig bemessen, was uns das Ankommen  erleichterte. Auch der Drink in der Bar, vor dem Abendessen, hat gut geschmeckt, wenn sie doch nur die Weihnachtsmusik weggelassen hätten, die im Hintergrund lief...

Unser Zimmer im Heritage

Am folgenden Morgen ging es früh los, denn wir hatten einiges vor. Glücklicherweise regnete es nicht, auch wenn es noch stark bewölkt war. Unser erstes Ziel war Kete Kesu, ein Dorf in dem die Tongkonan noch in der ursprünglichen Weise stehen und gebaut werden. Ursprünglich deshalb, weil die Häuser neueren Datums schon mit Wellblechdächern gefertigt werden, während hier noch natürliche Baumaterialien, wie Bambus, Verwendung finden. Die Häuser selbst haben immer eine Nord-Süd-Ausrichtung, was den Dörfern eine gewisse Ordnung verleiht. Sie stehen idR auf vier Pfählen die meist aus Palmholz sind, und gerade Nagetieren keine Möglichkeit bieten hinaufzuklettern, und sind aufwendig mit traditionellen Motiven bemalt.



Kete Kesu mit Pavillon für eine Totenzeremonie

Wir sahen auch wie ein Bambuspavillon für eine Totenzeremonie gebaut wurde, die einige Wochen später abgehalten werden sollte. Es wirkte alles sehr friedlich und wir hatten das Gefühl als stünde die Zeit still, während wir umherschlenderten und uns diese fremdartigen Bauwerke näher anschauten. Wir durften auch in eines hinein und bekamen erklärt, dass sie aus drei kleinen Räumen bestehen. Ein Aufenthaltsraum in der Mitte mit eine kleinen Kochstelle, und am vorderen und hinteren Ende jeweils die Schlafräume für Eltern und Kinder, bzw die Verstorbenen bis sie beerdigt wurden. Das kann durchaus einige Monate oder Jahre so gehen, dass die Toten Teil des Alltags werden, denn sie werden auch nicht als "Tote" bezeichnet, sondern als "Kranke". "Ja, der Opa liegt krank im Haus" hieße dann soviel wie unser verstorbener Opa liegt einbalsamiert daheim und wartet darauf irgendwann beerdigt zu werden. Heutzutage aber werden diese Tongkonans nur noch selten als Wohnungen genutzt, sondern sind meist ein Familienerbe und das eigentliche Wohnhaus steht dahinter und kann auch durchaus imposant sein, da viele Toraja ausgewandert sind, es durch Tüchtigkeit zu respektablem Wohlstand gebracht haben, und die Daheimgebliebenen davon profitieren lassen.



In Kete Kesu

Das Volk der Toraja pflegt einen Ahnenkult, der sehr archaisch anmutet. Obwohl die gut 500.000 Toraja inzwischen überwiegend zum Christentum konvertiert sind, gibt es noch etwa 5%, die komplett den alten Traditionen verschrieben sind. Ohnehin scheint die Konfession keine große Rolle zu spielen, denn eigentlich dreht sich alles nur um den Ahnenkult. Wenn man sich die Gepflogenheiten so betrachtet, wird man unwillkürlich an Voodoo erinnert, wenn auch ohne die Bedrohlichkeit, die dem karibischen Kult anhaftet. So scheint der Tod im Leben der Toraja die übermächtige Rolle zu spielen und im Endeffekt richtet sich vieles in deren Leben darauf aus. Wenn man dann eine der berühmten Totenzeremonien besucht, erscheint es verständlich, warum die Toraja schon zu Lebzeiten die Weichen für die Zeit nach dem Tod stellen.


Obwohl Toraja überwiegend Christen sind, hängen sie noch alten Traditionen nach. Je mehr Büffelhörner vor dem Haus stehen, desto höher der gesellschaftliche Rang

In der Heimat der Toraja gibt es regelmäßig größere oder kleinere Bestattungen. Eigentlich geht es nur darum ein gut funktionierendes Kommunikationsnetz zu haben um erfahren wann und wo sie stattfinden, damit die Touristen erleben können, weswegen die meisten dorthin reisen. So war es auch bei uns. Erst fuhren wir eine Weile ziellos umher, wie es schien, und dann doch recht zielstrebig in einen abgelegenen Ort in den Bergen.

Die Enkel des Verstorbenen

Als wir dort ankamen mutete die Veranstaltung zunächst einem Dorffest an, denn die Leute standen herum und schwätzten. Andere waren gerade mit der Bewirtung von Gästen beschäftigt usw. Schon bald fand Fier einen Herrn, der offenbar ein Neffe des Verstorbenen war. Es ist üblich, dass man der Familie ein Gastgeschenk mitbringt, und wenn man sie nicht kennt, reicht eine Stange Zigaretten aus. In Indonesien raucht gefühlt eh jeder zweite und somit liegt man damit goldrichtig. Nachdem wir das Präsent übergeben hatten, gingen wir in den Hof und wurden vorbeigeleitet an Pavillons und Pfahlhäusern wo sich scheinbar einzelne Gruppen eingefunden hatten. Dieser Eindruck bestätigte sich, denn jeder Gruppe, seien es Familienmitglieder, Kollegen, Nachbarn usw, wurden eigene Unterstände angeboten. Wir standen unter einem Pfahlbau und betrachteten wie einzelne Gruppen angekündigt wurden und ihr Gastgeschenk mitbrachten, das natürlich viel bedeutsamer war als unseres. Es ist üblich, und dafür sind diese Zeremonien bekannt, dass sie in großen Schlachtfesten münden. Es werden Schweine reingetragen und Wasserbüffel reingeführt und jedem steht das gleiche Schicksal bevor: der Weg zum Schafott, gelinde gesagt. Sie alle werden geschächtet und ausgeblutet, bevor sie dann zerkleinert werden, und unter den Besuchern aufgeteilt. Das mag manchem zwar den Magen umdrehen, aber wenn man bedenkt und beobachtet, mit welcher Hingabe und Liebe vor allem die Büffel gehalten werden, relativiert sich dieser ungewohnte Brauch. Die Wasserbüffel sind Statussymbole und werden gehegt und gepflegt wie hierzulande beispielsweise Autos. Und tatsächlich haben wir während unserer Reise  keinen Büffel arbeiten sehen. Immer standen sie herum und grasten auf saftigen Wiesen, oder lümmelten sich im Schlamm. Sie können auch durchaus beachtliche Preise erzielen, die einen arm machen, wenn die Farben stimmen. Es gibt schwarze Büffel, graue und weiße. Die teuersten sind aber die hälftig schwarz/weiss gemusterten, die fünfstellige Euro-Preise erreichen können.



Die Totenzeremonie
Festplatz für eine richtig große Totenzeremonie

Eine solche Zeremonie ist aufwendig und teuer. Sie kann bis zu einer Woche dauern und besagte Tieropfer sind sehr kostspielig, wenn man, je nach gesellschaftlicher Rangordnung (es gibt insgesamt drei Kasten), teilweise dutzende Büffel opfert. Denn erst wenn genug Büffel geopfert wurden, die den Toten ins jenseits führen, kann er Frieden finden.
Über allen Teilnehmern der Trauerfeier, wacht, aufgebahrt in der Höhe, der Verstorbene, der in einem Sarg über dem ganzen Trubel thront. Während wir das also beobachteten und nur langsam die Zusammenhänge anfingen zu begreifen, fragte ich mich warum der Übergang ins Reich der Toten so bedeutungsvoll in dieser Kultur verankert ist. Leider habe ich darauf keine Antwort gefunden oder bekommen, denn diese Tradition wird schon seit Jahrhunderten weitergegeben und praktiziert und irgendwann einmal ist die Erklärung, der es im Endeffekt nicht bedarf, wohl verloren gegangen.




Alles wird verwertet und aufgeteilt

Auf unserem Streifzug durch die Region sind wir, bei dem oben erwähnten Ort Kete Kesu, auch an einem Felsen gewesen, an dem die Särge der Toten, die oftmals die Form von Schweinen oder Büffeln hatten, herumstanden, hingen oder lagen. Teilweise völlig verwittert und so das die Gebeine schon herausfielen und umherlagen, mutete es etwas gruselig und befremdlich an wenn die Schädel, wie eine Armee der Toten aufgereiht, teilweise noch mit Zigaretten dekoriert worden waren.




Gräber und Särge

In Lemo besuchten wir eine Nekropole der Adelskaste. Es ist die höchste Stufe in der Gesellschaft und das besondere an ihnen ist, dass sie ihre Gräber und Mausoleen mit sogenannten Tau-taus schmücken dürfen. Das sind Holzpuppen, die nach dem Antliz der Verstorbenen gefertigt werden, sowie die Gräber und die lebenden Familienmitglieder bewachen sollen. Sie werden meist in einer gewissen Höhe aufgestellt und das sieht dann aus, als stünden oder säßen sie auf einem Balkon und schauen auf uns herab. Dass sie in luftiger Höhe sind hat auch einen praktischen Grund, denn inzwischen sind auch Sammler solcher Figuren aufgetaucht und Grabräuber haben bereits Figuren entwendet. Fakt ist jedenfalls, dass man echte Tau-Taus nicht ausführen darf, da sie als Kulturgut des Landes besonderen Schutz genießen.

Grabfelsen von Lemo

Jedenfalls kamen wir an die Felsenwand, in der auch noch Gräber hineingemeisselt wurden (und auch heute noch werden), und trafen einen Studienkurs von jungen Indonesiern, die ihrem Professor lauschten. Aber mit mit der Aufmerksamkeit war es vorbei als sie uns erblickten. Wieder war eine kleine Fotosession mit uns angesagt, worauf aber der Prof durchaus souverän reagierte und sich gleich selbst mit uns ablichten ließ.

Lemo

Hatte ich eigentlich bereits erwähnt, dass wir in der Zwischenzeit bei strahlendem Sonnenschein unterwegs waren? Nein? Naja, dann sei es hiermit geschehen, denn die Wolken hatten sich bald nach unserem Aufbruch am morgen verzogen und ein richtig schöner Tag hieß uns dort willkommen. Bei besten Wetter fuhren wir am späteren Nachmittag noch an einen besonderen Ort, der für mich im Nachhinein, wenn ich eins benennen sollte, sogar das Highlight war.


Man beachte den Sarg oben rechts!

Felsen und Höhlen von Londa

Bei Londa befindet sich ein riesiger Karstfelsen in dem es Höhlen gibt, die ebenfalls als Grabstätten genutzt werden. An deren Eingang schauen wieder Tautaus von der "Ahnengalerie" auf uns Besucher herab und es hängen dutzende Särge in schwindelerregender Höhe. Es war uns ein Rätsel wie einige dieser Särge dort hingekommen sind, wo wir sie ausmachen konnten. In der Höhle selbst war es stockdunkel und nur im Schein der Gaslampe unseres Guides konnten wir erkennen, dass jeder Spalt und Zwischenraum mit Särgen, Opfergaben oder auch nur Schädeln vollgestopft war. Ein makaberer Anblick war besonders eine Stelle an der zwei gekreuzte Oberschenkelknochen und zwei dazugehörige Schädel uns anschauten. Es soll ein Paar gewesen sein, das sich liebte, aber deren Liebe verboten war, weil es sich um Cousins handelte. Deswegen wurde ihnen ein Begräbnis im Sarg verwehrt und sie konnten erst im Tod zueinander finden.




In den Höhlen von Londa

Beim Abendessen, einem Toraja Buffet, konnten wir das Erlebte nochmal aufarbeiten. Dennoch waren die Eindrücke so vielseitig, dass wir eigentlich noch Tage brauchten um das alles sacken zu lassen.
Am folgenden Tag ging es wieder nach Makassar. Das es in Strömen regnete wertete den vorangegangenen Tag noch deutlich auf. Wer hätte gedacht, dass wir mit dem Regen dort eingetroffen waren und es zum Abschied nochmal kräftig regnete, und wir derartiges Glück bei unserer Tour hatten? Deswegen fiel der Besuch auf dem Viehmarkt, der sonst etwas ausgiebiger ausgefallen wäre, sprichwörtlich ins Wasser. Leider hatten wir uns erkältet und wir wollten im Hinblick auf unsere nächste Etappe nicht noch richtig krank werden. Netterweise ermöglichte Basri es uns trotzdem einen kurzen Blick darauf zu werfen, indem er vorbeifuhr und Fier erklärte uns noch ein paar Dinge dazu. Jedenfalls bekamen wir endlich einmal einen der seltenen Prachtbüffel zu sehen, die Höchstpreise erzielen.



Der kleine Büffel im Vordergrund ist einer der Topkategorie

Wie ihr seht, drehte sich dort alles um den Tod und doch war die Erfahrung, die wir gemacht haben sehr lebendig. Die vielen Eindrücke waren unheimlich intensiv und mitunter gingen sie uns auch etwas nahe. Die außergewöhnlich authentische Lebensweise ist sicherlich ein Kulturbestandteil Indonesiens, den es unbedingt zu bewahren gilt. Endlich konnten wir uns den langgehegten Wunsch erfüllen mal in diesen Landstrich zu reisen und vieles mit eigenen Augen sehen.


Was ein Wetterchen und Aussicht

Die Rückfahrt führte uns raus aus dem Talkessel und vorbei an Reisfeldern, die gerade abgeerntet wurden. Am Ausfalltor von Tanah Toraja war Kathrin gerade dabei ein Foto zu machen als eine Horde Rocker angefahren kam. Aber seht einfach selbst...

Und meine Frau wieder mittendrin...


Der TÜV würde sich freuen

Ja, wo willst du denn hin?

Nach etwa 8 Stunden weiterer Fahrt erreichten wir am frühen Abend Makassar und unser Hotel Aryaduta. Wir waren gespannt ob die Kritik etwas gebracht hatte. Und siehe da, wir bekamen eine kleine Suite, die zwar nur für eine Nacht unsere Bleibe wurde, aber es war alles sauber und gepflegt. Warum nicht gleich so?

Reisernte

Unser Fazit: Eine zweite Rundreise geht nicht spürbar an einem vorbei. Die warmen Temperaturen draußen und die Klimaanlage im Auto, und das im regelmäßigen Wechsel, sind ein Killer gewesen und haben uns eine schöne Erkältung besorgt. Trotzdem war auch diese Rundreise hochinteressant und das Erlebte werden wir hoffentlich nie vergessen. Aber es gilt auch hier, dass wir sie im Nachhinein anders gestaltet hätten. In Tanah Toraja hätten wir gerne einen weiteren Tag verbracht um das Programm etwas zu entschleunigen. Aber im Endeffekt war es ein wundervolles Erlebnis, das zu den ganz großen Erfahrungen auf unseren Reisen zählt.

Unser nächstes Ziel war die Insel oben rechts

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen