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Sonntag, 8. Juli 2018

Reisebericht Tokio 2018 Teil 2

Wenn man ein paar Tage in Tokio ist, wird man feststellen, dass die Stadt, wie sie sich einem darstellt, anders wirkt als einem die Medien vermitteln. Bevor wir dorthin fuhren, hatten wir ein Bild von Hektik, ständig vollen U-Bahnen und Leuchtreklame in nicht endenden Hochhausschluchten.
Was wir erlebten war deutlich mehrschichtiger. All das Erwähnte gibt es natürlich auch, aber es existiert noch viel mehr darüber hinaus. So sind die Stadtteile durchaus unterschiedlich und haben auch oft eine eigene Identität. Wir empfanden Tokio eher wie beispielsweise das Ruhrgebiet, wo etliche Städte ein großes Ganzes bilden, was auch zutreffend ist, da Tokio keine eigenständige Kommune ist. Es wechseln sich Hochhäuser mit Reihenhäusern und engen Straßen ab. Weltstadt trifft Kleinstadt und während man in manchen Ecken überwiegend Anzugträgern begegnet, bekommt man in anderen mehr Menschen in traditionellen Klamotten zu sehen. Außerhalb der Hauptverkehrszeiten kann man auch fast immer einen Sitzplatz in der Bahn ergattern.

...so wie diese Herren hier

In Shinjuku befindet sich der Hanazono Schrein (für uns auch gern der Han Solo Schrein), den wir besuchen wollten, weil es dort sonntags einen Flohmarkt gibt. Als wir dort ankamen, war davon jedoch keine Spur. Doch statt gähnender Leere erwartete uns Volksfeststimmung. Hunderte Menschen schoben sich durch das Areal, vorbei an Ess- und Plunderständen, und hatten sichtlich Spaß. Für uns war es zwar nicht das Erwartete, aber weil wir relativ spät aufgestanden waren, ideal für etwas Streetfood. So ließen wir uns auch anstecken und liefen erstmal umher um uns einen Überblick über die Leckerein zu verschaffen. Am Ende entschieden wir uns für gebratene Nudeln und Yakizakana vom Ayu Fisch. Wirklich eine gute Wahl und weil wir noch nicht genug von Streetfood hatten, gab es hinterher noch Tintenfisch am Spieß.
Was auffällig war, war das viele ein blaues Oberteil mit japanischen Schriftzeichen trugen. Wie sich herausstellte waren es Helfer, die ein sog. Matsuri abhielten. Dabei handelt es sich um ein Schreinfest, das durch die lokale Community organisiert wird. Wir blieben noch eine Weile und konnten auch der Prozession mit dem tragbaren Schrein beiwohnen und erlebten wie sich die Japaner ganz gelöst und entspannt gaben. Irgendwie anders als was wir zuvor erlebt hatten.






Schreinfest im Hanazono

Der Stadtteil Shinjuku ist auch für seine vielen Wolkenkratzer bekannt, doch zuerst kommt man am Bahnhof an, und dort erlebt man am besten, was ich schon beschrieben hatte: Über-oder Unterirdisch. Wir sind ewig unterirdisch gelaufen und konnten so erleben wie sehr viele Gebäude auf diese Art und Weise vernetzt sind. Man kann, und das vermute ich ist auch einer der Gründe für diese Bauweise, bei schlechtem Wetter oder der sommerlichen Schwüle (zwischen Juni und Oktober ist Regenzeit mit extremer Luftfeuchtigkeit, und auch gelegentliche Taifune finden den Weg hierher) will man nicht unbedingt draußen sein.
Wir kamen so am Tokyo Metropolitan Building an, dem Verwaltungsgebäude der Präfektur Tokio.
Der Doppelturm ist eines der bekanntesten Gebäude der Metropole und beherbergt auf den 45.OG beider Türme Aussichtplattformen, deren Besuch kostenfrei ist. Die Aussicht von dort ist, vor allem wegen der weiteren Hochhäuser im Viertel, sehr empfehlenswert, denn man bekommt einen guten Eindruck der Umgebung.







 Shinyuku

Danach sind wir noch kurz in den Shinjuku Park und durch das Viertel, bevor wir in den Yoyogi-Park gefahren sind. Dort gibt es sonntags, ähnlich Speakers Corner in London und Central Park in NYC, Artisten, Redner und sonstige Selbstdarsteller, die ein Kontrastprogramm zum sonst meist disziplinierten Tokio liefern.

Yuu doing a upside-down peg manual...

Entspannt im Yoyogi Park

Hola Takeshi, oder wie uns ein Spanier die Situation rettete...
Wir schlenderten durch den Park und stellten fest, dass hier wirklich einiges anders war. Die Menschen waren ganz entspannt und vertieft in ihre Tätigkeiten. Sei es lesen, oder Frisbee spielen, Tanzen oder  Musik machen... Es wirkte alles viel vertrauter und weniger fremdartig als andere Dinge, die wir bis dahin erlebt hatten. Während wir herumspazierten, es war schon später Nachmittag, und uns einzelne Künstler näher ansahen, gesellte sich ein älterer Japaner zu uns und sprach uns an. Wo wir denn herkämen und was wir so machen, wollte er wissen. Da Frau mir sonst immer vorwirft, ich lasse mich von jedermann anquatschen und komme dann nicht mehr los, überließ ich ihr diesmal die Wortführung...
"Wir seien Touristen und wollten uns Tokio anschauen", entgegnete sie. Das wollte er genauer wissen und fragte ob wir Touristen seien oder Traveller? Das sei nämlich ein Unterschied, denn Touristen würden in 5* Hotels absteigen und sich wenig für die Lebensweise interessieren, und Traveller würden richtig eintauchen in die Kultur usw. "Na das kann ja interessant werden," dachte ich mir. "Mal sehen wie sie da wieder rauskommt."
Nach ein paar weiteren schrägen Aussagen, die meiner Meinung nach das Gespräch in eine komische Richtung lenkten, kam unverhofft ein Typ vorbei, der sich lauthals mit seinem Spiegelbild im Handy unterhielt und neben uns hielt. Er nahm uns auch auf und lallte auf spanisch, Handy in der einen Hand, Rotweinflasche in der anderen, das wir zwei Touristen wären die von Takeshi vollgequatscht würden. Dem Japaner war das sichtlich unangenehm und er wollte uns wegziehen, jedoch ließ der Spanier nicht locker und meinte in seiner Muttersprache "Hallo Takeshi oder Suzuki... So heisst ihr doch sowieso alle, dir versaue ich jetzt die Tour." Dann schimpfte er noch etwas auf Japaner im allgemeinen. Während der eine eine souveräne Show ablieferte, der andere ein wenig den Faden verlor und Kathrin, sichtlich erleichtert über die Wendung des Gesprächs, den Neuankömmling auf spanisch bat uns von ihm zu befreien, genoss ich die Situation in vollen Zügen... Der Spanier ließ  sich nicht zweimal bitten und wollte den Japaner dann noch zum Weintrinken einladen und bearbeitete ihn solange, das wir den Moment der Schwäche zur "Flucht" nutzen konnten. Ein wenig Spott, ob der souveränen Gesprächsführung musste Kathrin sich dann doch noch von mir anhören, aber lachen konnten wir beide darüber.

Am Abend hatten wir einen Tisch in der Tapas Molecular Bar. Genaugenommen war es kein Tisch, denn es gibt dort lediglich acht Plätze am Tresen. Wir wurden freundlich in Empfang genommen und nach einem schnellen Cocktail an unseren Platz geleitet. Die anderen Gäste kamen auch kurz darauf und so konnte es losgehen. Chef Kento stellte ich vor und erklärte kurz den Ablauf des Abends. Wir sollten auch die Box vor uns öffnen, die einem kleinen Werkzeugkasten nachempfunden war. Darin befanden sich auch überwiegend "Werkzeuge". Eine kleine Schaufel, ein Maßband, eine Mini-Mistgabel usw. Mit den Worten: "Die werden Sie heute noch alle brauchen", ging es dann los.
Wie sich herausstellte, war Chef Kento ein überaus eloquenter und geselliger Gastgeber, der nicht nur alle Gänge erklärte, sondern auch noch für Small-Talk zu haben war.
Die Gänge selbst waren so phantasievoll wie ihre Namen: Onion-soup, eine Geleekugel, gefüllt mit der Suppe, oder Zigarre, in Teig gerollte Ente mit Sesamasche, sorgten für bleibende Erinnerung. Auch unser Mocktail-Pairing war vorzüglich und hervorragend abgestimmt.
Im Laufe des Abends stellte ich für mich fest, dass ich selten einen so unterhaltsames Dinner auf derart hohem kochtechnischen Niveau hatte wie dort. Es setzte sich ein richtiges Glücksgefühl ein. Als es zu den Desserts kam, wurde es klassische Molekularküche. Mit flüssigem Stickstoff wurde ein Müsli-Marshmellow-Eis zu einem wahren Vulkan... aber seht selbst:

Leider ließ sich das Video dazu nicht hochladen,
deshalb nur ein Bild



Ein paar Leckerein aus der TMB

Kennt ihr Superdry?
Nun, irgendwie kam mir im Vorfeld die Idee vielleicht beim Shopping mal nach ein paar Klamotten der Marke mit den Kanji Zeichen Ausschau zu halten. Zwar waren wir am Ende nicht shoppen gewesen, dennoch fiel mir irgendwann ein, dass ich keinen Laden, ja nicht einmal jemanden mit den auffällig bunten Shirts gesehen hatte. Also musste ich der Sache auf den Grund gehen und suchte mal im Internet.
Mir schwante schon was und bald wurde ich fündig. In Japan kennt das praktisch keiner und es wird auch nicht getragen. Die Firma ist aus Großbritannien und praktisch nur in der westlichen Hemisphäre bekannt. Die Zeichen darauf heißen auch soviel wie "Extreme Dürre/Trockenheit, tu es" Dabei ist wohl die Übersezung des eigentlichen Namens Superdry etwas schief gelaufen und kein Japaner versteht den Sinn hinter dem Kanji. Danach packte ich mein SD Shirt auch ganz nach unten in den Koffer und zog es erst wieder zuhause an...

Für den folgenden Tag hatten wir eine Walking Tour gebucht. Witzigerweise war uns ein Spanier avisiert worden und wir wollten, falls wir ihn schon am Vorabend erlebt hätten, mit "Hola Takeshi" begrüßen. Nun, das war dann aber nicht der Fall und er war auch, allen Vorurteilen zum Trotz, sehr pünktlich in der Lobby. Nach einer kurzen Begrüßung zogen wir auch schon los und unser erstes Ziel war der weltbekannte Fischmarkt Tsukiji. Bekannt ist er vor allem für die Thunfischauktion, die jedes Jahr für unglaubliche Ergebnisse sorgt. Dabei handelt es sich aber um die Neujahrsauktion, bei der einzelne Fische mehrere hunderttausend Euro kosten können. Die normalen Auktionen finden mehrfach in der Woche statt und als Interessierter hat man die Möglichkeit sie mitzuerleben. Jedoch ist das inzwischen so ein Hype, dass man ziemlich früh dort aufschlagen muss. Es gibt jeden Tag für 120 Leute Zutritt, und wenn man der 121. ist, schaut man in die Röhre. Dies führt dazu, dass man immer früher am entsprechenden Eingang sein muss, derzeit etwa gegen 2h morgens. Die Auktionen finden aber erst um 5.15h und 5.45h statt. Dazwischen wartet man in einem engen Raum ohne Sitzgelegenheit usw. Wie ihr seht, klingt das nicht wirklich verlockend und deshalb hatten wir uns auch dagegen entschieden die Auktion zu erleben. Aber im Herbst soll der Markt endlich umziehen und vielleicht ändert sich dann auch das Prozedere.
Trotzdem kann man den Fischmarkt besuchen. Dabei sollte man beachten, dass es einen inneren und äußeren Markt gibt. der Innere ist erst ab 10h zugänglich und mit etwas Glück sieht man noch etwas von der Thunfischverarbeitung. Sergio kennt diese Besonderheiten natürlich und führte uns zielstrebig erstmal zum Inneren Markt um noch etwas vom Großmarkt zu erleben. Als wir so durch die alten Hallen schlenderten und bei den einzelnen Ständen in die Wassertanks und Styroporkisten schauten, dachte ich mir was wir Menschen doch für Unmengen aus dem Meer ziehen. Jeden Tag Tausende von Fischen und das ohne Rücksicht auf Verluste... Wenn sich das nicht irgendwann mal rächt.


Man beachte den Bart


Tsukiji

Dann sahen wir auch noch einen Stand an dem ein Thunfisch zerlegt wurde. Man macht sich oft keine Vorstellung was für große Fische das sind. Aber auch die Kugelfische (Fugu) gab es dort viele. Für mich als Taucher eigentlich ein sehr trauriges Bild. Auch der Müll, der dort produziert wird war beachtlich. Die leeren Styroporkisten lagen in Bergen rum und wurden mit Baggern weggeschafft. Verpackungen sind auch so ein Thema. In Japan wird vieles umverpackt. Seien es die Einwegservietten im Restaurant oder die Badutensilien im Hotel. Ebenso auch Obst und Gemüse. Man legt Wert auf sowas. Aber so langsam rührt sich etwas und das Umweltbewusstsein steigt.
Nachdem wir den Inneren Markt verlassen hatten liefen wir über den Äußeren, der in vollem Gange war. Dort reihen sich Imbißstand an Gewürzhändler usw. Die schmalen Gassen bersten vor Kundschaft und zwischendrin kreuzen immer wieder die Elektrokarren der Fischverkäufer den Weg. Die Vielzahl der Düfte ist nicht immer angenehm, aber sie zeugt von Vielfalt und unterschiedlichen Geschmäckern. Jedenfalls gibt es alle paar Meter andere Leckerein. Von plattgewalztem Oktopus über Suppen bis zu den unterschiedlichsten Fischsorten und natürlich Sushi, ist alles vorhanden. Wir probierten Unagi (Aal) und Krabbenfleisch am Spieß, was beides sehr lecker war.


Ein Händler mit seinem Maguro-bocho

Vom Markt aus begaben wir uns zu den nahegelegenen Hamarikyu Gärten. Dabei handelt es sich um einen Park, der seinen Ursprung im 17Jh hat, aber heute als wichtiges Beispiel der Edo-Zeit gilt. Ein Spaziergang offenbart den Hang zur Perfektion, der noch heute tief in der japanischen Kultur verankert ist. Wenn man die Bäume und deren wunderschöne Zuschnitte sieht, kann man sich vorstellen wie lange und mit welcher Geduld daran gearbeitet wurde, wie uns Sergio erklärte. Im Teehaus inmitten des Parks legten wir eine kurze Rast ein und entschieden uns für Tee und etwas Gebäck.


Hamarikyu Gärten

Wenn wir schon einen kundigen Ausländer als Guide hatten, konnten wir auch unbefangen Fragen stellen, die uns unter den Nägeln brannten. Nachdem wir seinen Werdegang und die Gründe für seine Wahl gehört hatten, wollten wir natürlich wissen wie das Leben als gaijin ist. Er erläuterte es uns an einem kurzen Beispiel: Wenn man vom Kollegen angesprochen wird uns er dir vom gestrigen Abend berichtet und das er nicht viel geschlafen hat und deshalb auch fast die Bahn verpasst hat usw, nur um irgendwann auf den Punkt zu kommen und mit unterwürfiger Geste nach einem Stift fragt... So sollten wir uns die Anfangszeit in dieser fremden Kultur vorstellen. Ein wahrer Kulturschock. Aber das hat sich gelegt und mit der Zeit steigt die Akzeptanz und man selbst würde auch davon profitieren. So ist seine Ungeduld einer zenartigen Haltung gewichen.
Uns interessierte aber auch wie Beziehungen in fremden Kulturkreisen funktionieren. Auch dazu hatte er eine Geschichte parat: Auch wenn es funktionierende Beziehungen gibt, berichtete er überwiegend von negativen Erfahrungen. Bekanntlicherweise sind Japaner nicht sonderlich direkt. Deshalb wurde einem Freund, beim Besuch der Familie dessen japanischer Freundin, der Unmut über ihre Wahl anhand der Auswahl der Speisen gezeigt. So bekam er weniger ein Festmahl serviert, als Fast-food. Selbst das Kennenlernen ist meist kein Zufall. Es sind meist gleiche Interessen, die Mann und Frau zusammenführen. Vereine oder sonstige Clubs sind da ein hilfreicher "Heiratsmarkt". Auch sonst ist die Integration in den japanischen Kulturkreis nicht sonderlich einfach: Traditionalisten legen extrem viel Wert auf Etiquette und Bräuche. Ein Ausländer muss sich dafür mächtig ins Zeug legen um nicht ständig ins Fettnäpfchen zu treten.

Taxi sind wir auch gefahren

Für die Mittagszeit hatte Sergio einen Vorschlag zum Essen. Es ist ein Restaurant, dass sich auf die alte Tradition des Tai-Chazuke zurückbesinnt bei der die Fischstücke und Meeresfrüchte in einer Schüssel mit Reis serviert und dann mit Tee übergossen wird. Dazu gibt es Miso-Suppe und ein paar Pickles. Anders, aber es war durchaus lecker, auch wenn es nicht unser Favorit der japanischen Küche geworden ist. Die Bestellung nimmt übrigens ein Automat an. Es ist wie ein Geldautomat wo man seine Wahl trifft und bezahlt. Mit dem Ausdruck geht man dann zur Bedienung, die einem kurz darauf auftischt. Wir standen wie die Ochsen vorm Berg und wenig später kam eine ältere Dame herrein, die am Automat bestellte als sei es das normalste der Welt.


Was nehmen wir denn heute mal?

Gestärkt ging es dann durch die Einkaufsstraßen um den Ueno Bahnhof. Insbesondere die Ameyoko Straße, die direkt unter der Bahntrasse liegt, erfreut sich großer Beliebtheit. Einst blühender Schwarzmarkt in der Nachkriegszeit, ist es heute aber mehr eine Aneinanderreihung von billigen Ramschläden, wie ich fand. Originelles oder Überraschendes war leider wenig zu sehen. Weiter ging es in den Ueno Park, wo Sergio uns den Kiyomizu Kannon-do, Tokios angeblich ältester Tempel (wobei ich da immer etwas skeptisch bin, weil sie manchmal gar nicht so alt sind, sondern irgendwann einmal wieder erbaut wurden weil sie zuvor zerstört oder beschädigt waren). Dennoch ein schöner kleiner Tempel, vor allem einer der wenigen buddhistischen Tempel, die wir gesehen haben. Unweit davon liegt der Hanazono Inari Schrein, der durch seine schönen Torii betreten wird und durch seine überschaubare Größe auch recht verwinkelt ist und viele Details zum entdecken bietet.



Im Ueno Park

Yanaka ist ein recht traditionelles Viertel. Ich hatte es ja schon erzählt, dass wir auch recht bürgerliche Viertel erlebt haben. Hier waren wir in einem. In diesem Viertel, bzw in einigen Straßenzügen, wie der Yanaka Ginza, dreht sich alles um Katzen. Man trifft sich zwar nicht oft an, aber dafür umso mehr Nippes mit den Fellpfoten als Motto. T-Shirts, Stempel, Cafés sind nur einige dieser Dinge. Zeit sich wieder zu stärken mit einem guten Cappuccino oder Kaffee bei Yanaka Coffee um die Ecke. Die passenden Süßspeisen, gab es etwas die Straße runter. Manjus sind eine Art süße Dumplings, die mit unterschiedlichen Füllungen daherkommen. Grüner Tee, Kirsche oder Pudding u.a. Es dürfte für jeden etwas dabei sein und sie sind wirklich eine Sünde wert.

Auch wenn das meiste Bilder waren, gab es auch echte Katzen

Manju

Bei einem Gang durch den Stadtteil, konnten wir uns von der Andersartigkeit zu den bekannteren Vierteln überzeugen. Alles wirkte kleinstädtisch und wir fanden uns inmitten von kleinen Häusern und engen Straßen wieder. An einer Straßenecke sahen wir einen kleinen Schaukasten mit Puppen und einen Pfeil der zum dazugehörigen Laden zeigte. Wir liefen hin und obwohl der Laden zu war, lag ein Ordner mit Fotos aus. Man kann sich dort, nach Fotovorlagen, eine Puppe anfertigen lassen.

Wer ist echt? Wer nicht?

Durch das Labyrinth der Gassen lotste uns Sergio souverän zum Nezu Schrein, einem Highlight. Wir fanden es fast verlassen vor und hatten es praktisch für uns allein. Hier war wiederum viel Platz und er ist von alten Bäumen umgeben, die die besinnliche Stimmung noch verstärkten. Der Torii-Gang hier ist äußerst fotogen und wir hielten uns eine ganze Weile hier auf um die Atmosphäre einzusaugen.



Nezu Schrein

Der Tag neigte sich dem Ende und Sergio wollte uns noch eine Sache zeigen. Dafür mussten wir mit der Bahn zur Nagatcho Station fahren. Nach einem kurzen Walk standen wir vor dem ehrwürdigen New Otani, das zu den Olympischen Spielen 1964 errichtet wurde und auch Drehort des James Bond " Man lebt nur zweimal" war. Im Inneren hielten wir uns nur kurz auf und folgten Sergio dann nach draußen. Der Garten des Hauses ist das was er uns zeigen wollte. Was soll ich sagen? Ein wunderschönes Gelände, das sicher so manches andere Hotel auch gern seinen Gästen bieten würde. Die Pfade schlängelten sich um Bodendecker und alte Bäume, wichen Teichen aus und endeten an kleinen Wasserfällen. Ein sehr idyllischer Ort um die Zeit auszublenden.
Damit verabschiedeten wir uns von einem hervorragenden Guide, der uns von seiner Agentur CityUnscripted zugeteilt worden war und sich als kundiger und  offener Gastgeber herausgestellt hat.


New Otani

An diesem Abend stand Sushi auf unserem Speiseplan.  Im Gegensatz zu allen anderen Restaurants hatten wir hier ein relativ spätes Seating. Alle anderen Restaurants begrüßten uns zwischen 18 und 19h, und die letzten Bestellungen werden zwischen 20h und 21h angenommen. Wir haben selten eine Stadt erlebt, in der so früh zu Abend gegessen wird. Jedoch muss man zur Verteidigung sagen, dass die Menüfolgen meist um die 2h dauerten und wir nie vor 20h wieder draußen waren. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass trotz der Vorgabe so spät wie möglich zu reservieren, es praktisch unmöglich war das erfüllt zu bekommen.
Das Ziel war das Ikina Sushidokoro Abe in einem der Mori Tower in Minato. Nach etwas Sucherei hatten wir es dann auch gefunden und kamen in eine typische Sushibar. Die Begrüßung war freundlich und wir bekamen Sitze am Tresen, wie wir es gewünscht hatten. Vorneweg sei gesagt, dass man bei Sushi in Japan recht offen sein sollte. Japanisches Sushi ist nämlich etwas anders als westliches. California Rolls und sonstigen Schnick-Schnack kennt man dort nicht bzw tischt es nicht auf. Es ist alles sehr typisch und traditionell und saisonal. So gab es beispielsweise kein Unagi, weil derzeit keine Saison dafür war, wobei ich mich fragte was ich am Morgen in Tsukiji gegessen hatte? Sei es drum, mit einer Bilderkarte und einer halbwegs englisch sprechenden Bedienung schafften wir es zu ordern und konnten schon kurz darauf zusehen wie es vor unseren Augen zubereitet wurde. Hatte ich schon gesagt das wir spät waren? Wir waren die letzten Gäste bis auf auf eine Nomikai-Gesellschaft im Separee, die schon gut gelaunt war.
Unser Sashimi kam in Blumenform und war, wie nicht anders zu erwarten, frisch und lecker. Die Sushiplatte kam auch wenig später und wir konnten uns über teilweise unbekannte Sorten hermachen. Alles ohne Fehl und Tadel, aber irgendwie ging es recht schnell und die Sprachbarriere machte es zu einem kurzen Besuch. Nach etwas über einer Std waren wir schon wieder raus.

Sushi

Auf dem Heimweg stellten wir fest, dass Tokyo Tower nicht allzuweit entfernt lag und so beschlossen wir noch einen kleinen Abstecher dorthin zu machen bevor wir heimfuhren.

Ich komme nicht drauf...

Am letzten Tag waren wir wieder auf eigene Faust unterwegs und sind zuerst nochmal nach Yanaka gefahren um nochmal etwas durch die Straßen zu laufen und den Jomyo-in Tempel zu besuchen. Er ist bekannt für seine unzähligen Jizo Statuen und Reliefs zu sehen. Es gibt sie dort in verschiedenen Größen und sie sind überwiegend in Reihen angeordnet. Ein Mönch hatte sich vorgenommen eintauschen solcher Figuren anzufertigen. Als er jedoch fertig damit war, beschloss er das sein nächstes Ziel 84.000 sein sollten. Man sagt, dass sie dort alle versammelt sind.
Unweit davon liegt der Friedhof von Yanaka, der auch einen Besuch lohnt. Beschaulich ist es dort und teilweise imposant sind die Gräber der dort Beigesetzten. Je nach gesellschaftlichem Stand und Reichtum können Gräber und Grabsteine ziemlich üppig ausfallen.
Kurz vor dem Bahnhof befindet sich noch der buddhistische Tempel Tennoji mit seinem großen, sitzenden Buddha und dem pittoresken, kleinen Garten.







Yanaka Friedhof und Tennoji

Nachdem wir nochmal kurz in Asakusa und Kappabashi waren, wollten wir noch in das hippe Viertel Shimokitazawa. Es ist bekannt für seine alternative Szene mit vielen Second-hand Läden, Cafés und Bars, sowie Antiquitätenshops. Und wirklich: hier ist viel Retro und weniger modern und fortschrittlich. Es wirkt etwas als wäre die Zeit stehengeblieben und wären nicht die ganzen Kids mit Handys, könnte man sich in der eigenen Jugend wähnen. Eigentlich spielt sich alles um den gleichnamigen Bahnhof auf relativ kleiner Fläche ab. Die Straßen und Gassen sind eng und kaum für Autos geeignet. Es reiht sich ein Second Hand Shop an den anderen, unterbrochen von Cafés in denen die "wirklich" hippen Kids sitzen und ihre Einkäufe vergleichen und zügig in den sozialen Netzwerken posten.  Wir fanden einen kleinen Laden für Pfannkuchen und bekamen so richtig Lust. Also nichts wie rein und Crepes bzw Pancakes mit Erdbeeren bestellt... Waren die lecker!
Wir ließen uns weiter treiben und bemerkten auch viele verschlossene Türen, die wohl erst abends Einlass gewähren. Eine jedoch war geöffnet, hatte jedoch nichts mit abendlichem Vergnügen zu tun. Es war eine Tierhandlung. Allerdings etwas anders als wir sie kennen. Es gab dort sechs oder sieben komplett saubere, verglaste Käfige mit automatischem Futterdosierer, in denen die Tiere, maximal zwei pro Gehege, angeboten wurden. Dabei handelte es sich um Welpen und kleine Katzen. Die Mitarbeiter sahen in ihren weißen Kitteln eher aus wie Tierärzte.
Uns waren in den vorangegangenen Tagen schon etliche Tokioter mit ihren Haustieren aufgefallen. Nicht selten wurden sie in Kinderwagen rumgefahren oder in sündhaft teuren Taschen getragen. Ein recht putziger Anblick wie sie sich um ihre Tiere kümmern. Ein Grund dafür erschloss sich uns beim Blick auf die Preisschilder in dem Geschäft. Ab umgerechnet 2000€ ging es los und nach oben sind in diesem Land sicher kaum Grenzen gesetzt. Ob in Deutschland Haustiere auch viel teurer sein sollten? Vielleicht würde man sich deren Anschaffung dann genau überlegen und sie nicht bei der besten Gelegenheit wieder abgeben.
Die hohen Preise erklären möglicherweise auch die vielen Tiercafés in der Stadt. Dort kann man ab etwa 10€ eine halbe Std mit Katzen, Igeln oder dem neusten Trend: Eulen, verbringen. So muß man nicht so tief in die Tasche greifen und bekommt jederzeit seine Dosis Haustier...





Shimokitazawa

Unser letztes Abendmahl führte uns ins Narisawa. Die Philosophie von Yoshihiro Narisawa beruht auf der traditionellen Landwirtschaft, die in Einklang mit Wäldern und Meeren existiert. Eine regionale und saisonale Küche wird dem Gast versprochen und das überzeugte uns.
In einem sehr schicken Raum mit Blick in die offene Küche harrten wir der Dinge die da kommen sollten. Einer der Ober erklärte uns den Ablauf und nahm die Getränkebestellung auf.
Der erste Gang hieß passenderweise "Wald" und optisch erinnerte es an Waldboden. Geschmäcker von Moosen und Nadelbäumen entfalteten sich im Mund und trotz des Ungewohnten, war es ein Genuss. Ein am Tisch gebackenes Brötchen für jeden von uns war ebenfalls ein Hingucker. Oder das Wagyu mit Kirschcreme...



 Narisawa

Unser letzter "Touripunkt" war die bekannte "Piss Alley", die ihren Namen daher hat, dass aufgrund der beengten Verhältnisse es früher keine WC`s gab und man sich einfach am Wegesrand entleerte.
Wenn man sie denn gefunden hat, wundert man sich wie sowas inmitten der modernen Stadt existieren kann. Leider waren wir pappsatt, denn sonst wären wir mit großem Vergnügen dort eingekehrt und hätten die lecker aussehenden Yakitori-Spieße probiert.


Piss Alley

Was bleibt nun unter dem Strich? Im Vorfeld der Reise haben wir uns natürlich informiert und sind nicht nur einmal über Berichte gestolpert, wie langweilig die Stadt sei. Für uns waren gerade die unerwarteten Momente und Begegnungen diejenigen, die uns am meisten beeindruckt haben. Von den Medien wird oft ein recht vorgefertigtes Bild und Meinung geliefert, dass man mitunter enttäuscht ist, wenn es eben doch anders ist. Für uns gab es soviel Unerwartetes zu sehen, das wir hier hoffentlich einigermaßen treffend wiedergegeben haben.
Für uns war es ein gelungener Einstieg in die Welt Nippons. Wenn das eine der am wenigsten beeindruckenden Orte des Landes ist, sind wir gespannt auf mehr!
Die Stadt selbst ist inzwischen recht einfach zu entdecken, weil der Nahverkehr meist auch auf Englisch verfügbar ist. Ansonsten darf man natürlich viel Fremdartiges erwarten und lässt sich auch hoffentlich auf diese Gelegenheiten ein.
Arigato Tokyo!

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