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Freitag, 13. Oktober 2017

Reisebericht Lissabon 2017 Teil 2

Wir hatten mit dem Wetter richtig Glück. Jeder Tag war sonnig und warm, und erst abends kam etwas Wind auf. So war es ein leichtes morgens loszuziehen, frühstück zu holen und sich daheim zu stärken. Da der Saftladen Liquid um die Ecke war, war jeder einmal dran uns die ersten Vitamine des Tages zu holen.
Unser Tagwerk sollte aus einem Walk von Alcantara kommend bestehen. Wir hatten wieder eine der Karten aus dem Lisbon Walker gezogen und der Spaziergang klang vielversprechend. So stiefelten wir los, am Rathaus vorbei auf der Rua do Arsenal wo es noch viele kleine Tante Emma Läden gibt, bis zum Cais do Sodré. Dort liegt auch der Mercado da Ribeira. Es ist eine der bedeutensten Markthallen der Stadt, die heute aber besser unter dem Namen Timeout Market bekannt ist.


Mercado da Ribeira

Timeout ist eine Zeitschrift/Webseite für Ausgehtips in einer Stadt. Da der Mercado da Ribeira in der jüngeren Vergangenheit eher ein trostloses Dasein fristete, war die Idee der Stadverwaltung dieses Traditionsgebäude neu zu beleben und deshalb einen Teil für neue Konzepte zur Verfügung zu stellen. Die Macher der Zeitschrift kamen mit der Idee einen Foodstall einzurichten und gewannen die Ausschreibung. Nach einem Jahr Umbau, wurde der Markt 2014 eröffnet. Seitdem ist er zu einer weiteren Erfolgsgeschichte der Stadt geworden. Inzwischen läuft der Markt wieder rund. Ein Teil des Areals ist weiterhin ein Gemüsemarkt, der sowohl die Hausfrau als auch den Spitzenkoch versorgt. Die zweite Halle aber inzwischen eine der größten Attraktionen der Stadt. In ihr finden sich dutzende kleine Imbisse mit klasse Küche. Sogar ein paar der bekanntesten Köche der Stadt haben sich mit einer Dependance niedergelassen. Wir deckten uns erstmal mit etwas Obst für unterwegs ein, bevor wir einen kleinen Streifzug durch den Timeout Market machten. Was wir sahen, war äußerst vielversprechend. Burger, Sushi, Fisch und Käse. Eis, Pizza, Steaks und Portugiesische Spezialitäten... Mehr gefällig? Geht hin!



Timeout Market

Aber was schön ist, dieses Projekt hat auch das ganze Viertel belebt. Was vor 5 Jahren eher etwas angestaubt war, um es milde auszudrücken, ist heute ein belebtes und vor allem beliebtee Nachbarschaft. Um die Ecke gibt es die Pink Street, die eine der angesagtesten Ausgehstraßen ist, und es ist auch nicht weit nach Santos, einem aufstrebenden Viertel am Tejo.
Obwohl die Stadt inzwischen ziemlich angesagt ist und es mir unheimlich spaß macht neue Orte zu entdecken, ist es für mich auch immer wieder wie heimkommen. Ich erinnere mich an früher und zwangsläufig an Orte die heute nicht mehr existieren. Vieles hat sich verändert, und glücklicherweise meist zum Besseren. Dennoch hat das Tempo auch hier angezogen, an einem Ort am Rande Europas, der lange Zeit auch diese Position in den Köpfen der Menschen einnahm. Ich denke vielen Bewohnern geht das mitunter zu schnell, und da ich mich nicht ganz ausnehmen kann, freuen mich immer wieder Orte, die so sind wie früher. Dazu gehören auch die klassischen Cafés bzw Kneipen, die für die Lisboetas zum Leben dazu gehören, wie die Zugehörigkeit zu einem der städtischen Fußballclubs. Wir kehrten immer wieder in diese Cafés ein um eine bica zu nehmen, den eigentlichen Namen für einen Espresso, der aber auch immer mehr aus dem Sprachgebrauch verschwindet. Auch dem Tempo geschuldet?

Bica, heißt das hier!

Ein wirklich gutes Cafe, befindet sich genau an der äußersten Ecke des Mercado da Ribeira. Ehrlicher Kaffee, der hier auch noch bica genannt wird und ein Kneipier, der sich nicht Barista nennt. Hier findet man noch das typische Lissabon.
Wir nahmen die Tram 18 nach Alcantara, die direkt vor dem Mercado abfährt. Das schöne ist, dass es oftmals noch eine der alten Wägen ist, die die Gäste befördert. Somit kann man auch getrost auf die 28 verzichten, die die meiste Zeit des Tages total überfüllt ist und nur wenig von dem bietet, was die herrliche Strecke bereit hält.
Unsere Halt war in Santo Amaro, das praktisch direkt unter der Brücke liegt. Dort befindet sich ein Aussichtspunkt, der kaum erwähnt wird, und deshalb einer meiner Lieblingsorte ist. Die Capela de Santo Amaro hat einen kleinen Vorplatz, der eine herrliche Sicht bietet, und besonders zu Sonnenuntergang einen Besuch wert ist.



Santo Amaro

Auf dem Weg zurück stellten wir fest, dass es ein sehr warmer Tag war. Was normalerweise Plan B ist, bot sich hier auch als Alternative zur Abkühlung an. Es handelt sich dabei um das Carris Museum. Carris ist der örtliche Personennaverkehrbetreiber. Die Straßenbahnen und Busse gehören ebenso dazu wie die Metro. Wir waren die einzigen Besucher und es sollte ein besonderer Besuch werden. Neben den ganzen Objekten, Schautafeln und Multimediapräsentationen gab es eine Fahrt mit einer antiken Straßenbahn auf dem Gelände das auch als Depot und Werkstatt dient. Dabei kamen wir mit unserem Fahrer ins Gespäch und schon bald schwelgte ich in Erinnerungen, die ich mit einem äußerst fachkundigen Gesprächspartner teilte. Es war wieder eine Reise in die Vergangenheit und wenn ich so auf Schilder einiger Busse und Trams schaute, war es als wäre ich erst gestern mit ihnen gefahren. Wir erfuhren auch hier etwas über Tempo, nämlich das dort mal 5.000 Leute arbeiteten und heute nur noch wenige hundert. Außerdem wissen wir nun wieviele der alten Trams noch durch die Stadt tuckern bzw in den Depots schlummern. Es sind etwa 50 Stück, die noch regelmäßig fahren und auch ein Stück Geschichte sind. Obwohl ich schon immer mal das Museum besuchen wollte, führte uns der Zufall dorthin.



Museu da Carris

Bevor wir unseren Spaziergang begannen, kehrten wir in die LX Factory ein, die um die Ecke des Carris Zentrums besteht. Es ist eine alte Weberei, deren Gemäuer lange Zeit leer standen, bevor sie vor einigen Jahren von jungen Kreativen entdeckt wurde. Heute ist es ein Kreativpark, wo kleine Unternehmen der Dienstleisungsbranche und Industrie, genauso wie Künstler, Shops und Restaurants ihre Existenz führen. Dieser Ort ist die Verschmelzung von Gründerzeit und Dot.Com Zeitalter. Ein unheimlich interessantes Konzept, das durch seine Vielfalt und Vielseitigkeit ein Sammelbecken und Ideenschmiede für die aufstrebende Jugnd des Landes wird.



LX Factory

Wir hatten besonderes Gefallen am Buchladen "Ler devagar", Lies langsam, der Laden Orangemoods oder der Tattooshop Queen of Hearts. Außerdem haben wir lecker Empanadas im El Chanta gegessen.


Ler devagar

So gestärkt machten wir uns auf den Heimweg durch das alte Hafen- und Industriegebiet der Stadt. Alcantara war seit jeher mit dem Hafen verbunden. Hier standen viele alte Kontore und Depots, die zur Weiterverteilung der Produkte dienten. Heute sind viele dieser Gebäude entweder abgerissen oder umgebaut. An ihre Stelle sind neue Wohnhäuser getreten, die dem alten Gesicht des Stadtteils einen jugendlichen Anstrich geben. Die alten Fabriken sind oft renoviert und nun Museen oder andere öffentliche Gebäude. Insgesamt verändert sich hier schon seit relativ langer Zeit etwas. Angefangen hat es direkt am Ufer, als dort Bars und Nachtclubs entstanden. Inzwischen hat der Boom die zweite und dritte Reihe erfasst, und es entsteht vor allem neuer Wohnraum.




Von Alcântara zum Cais do Sodré

Uns zog es direkt zum Ufer, wo wir die alten Docas sahen, dann am Terminal für Kreuzfahrtschiffe und entlang der alten Lagerhallen, die heute Museen, Restaurants und Büros beherbergen. Schon auf der anderen Straßenseite kamen wir nach Santos, dem alten Hafenarbeiterviertel, und erlebten auch dort einen Stadtteil im Umbruch. Neben vielen alten Gebäuden, gab es schon einige renovierte und neue Häuser. Zum Abschluß kamen wir wieder beim Mercado da Ribeira an, bevor wir uns für den Abend frisch machten.



Abendliche Stimmungen

Am Abend haben wir einen weiteren aufstrebenden Koch besucht, der sein Domizil hinter der Basilica da Estrela aufgeschlagen hat. Es handelt sich um Alexandre Silva, der für sein Restaurant "Loco" viel gelobt wird, und für uns war das Grund genug ihm unsere Aufwartung zu machen.
Das Restaurant ist schon beim Näherkommen ein Blickfang. Beim Betreten fällt sofort der "schwebende" Olivenbaum auf, der einen guten Teil des Entrées in Anspruch nimmt. Auch hier hat man sich auf wenige Tische beschränkt, was recht angenehm ist. Was erfreulich war, und das war das einzige Restaurant in dem das der Fall war: der Chef war persönlich zugegen und hat mitgekocht.
Man wählt zwischen zwei Menüs. Eines mit 14 Gängen oder einem mit 18. Wir entschieden uns für die erste Variante und eine antialkoholische Getränkebegleitung. Aber zuerst sollten jeder von uns  einen von zwei Schlüsseln aussuchen. Man sagte uns, es würde am Ende alles einen Sinn ergeben.  Gesagt, getan und dann ging es auch schon bald los. Die Küche ist auch hier, eine überwiegend moderne Interpretation der heimischen Klassiker, wobei auch nicht vor anderen Einflüssen zurückgeschreckt wird. So bekamen wir natürlich auch Bacalhau und Chourico Varianten.
Eine Sache, die uns sehr gut gefallen hat, war, dass die Gerichte von den jeweiligen Köchen gebracht und präsentiert wurden. Auch der Chef persönlich ließ es sich nicht nehmen vorbeizuschauen. Die Präsentation der Falschen Jacobsmuschel mit Kaviar war für uns vielleicht der Höhepunkt. Uns wurde offenbart, dass es sich eigentlich um Bacalhau, also Kabeljau, handelte und der Kaviar eigentlich eingefärbte Fischeier sind. Als Erklärung hieß es, dass sich das Team auch um ökologische Gesichtspunkte Gedanken gemacht hat und eine gewisse Nachhaltigkeit walten lassen wollte. So sollten eben keine überfischten Bestände noch zusätzlich belastet werden, sondern man entschied sich einfach mit den unbedenklichen Produkten etwas neues zu kreiren. Chapeau! Manch einer wird sagen: "Dann bietet es doch nicht an, bevor ihr einen billigen Abklatsch serviert". Ich entgegne aber: Nein! Es ist auch wichtig darüber zu sprechen und darauf aufmerksam zu machen. Das geschieht nicht einfach damit, dass man es nicht macht, sondern es auch begründet. Auch der obligatorische Kaffee wurde nicht als schneller Espresso serviert, sondern uns aufwendig vor den Augen gebraut. Insgesamt bleibt also ein Eindruck einer liebevoll bis ins Detail durchdachten Reise durch die Küche des talentierten Mr. Silva.
Was es mit den Schlüsseln auf sich hatte, wollt ihr sicher wissen: Nunja, ich könnte hier eine Überraschung breittreten. Aber wie sagte der Koch am Anfang: Am Ende wird alles einen Sinn ergeben. Deshalb, und weil es wirklich ein stimmiges Gesamtbild abgegeben hat, werde ich es nicht verraten.



Im Loco

Die Mouraria ist ein Viertel, dass wir noch nicht besonders kannten, weswegen wir es für den nächsten Tag auf den Plan genommen hatten. Doch zunächst sind wir im Zick-Zack durch die Baixa. Von der Praca do Comercio, die sich heutzutage wirklich als standesgemäßer Platz präsentiert (es war mal ein Parkplatz!), haben wir uns wieder durch die kleineren Straßen der Baixa treiben lassen, nicht ohne mal in das ein oder andere Geschäft zu schauen.

Praca do Comercio

Im Anschluß daran trafen wir uns mit meinem Cousin zum Mittagessen, der uns wieder eine geheime Perle mitten in der Stadt zeigte. Der Palacio da Independência ist zwar öffentlich, schaut aber nicht einladend aus, wegen einer Schranke und wahrscheinlich auch weil er keine eigene Webseite hat. Doch wenn man mal reingeht, ist man in einer anderen Welt, in der die Zeit langsamer zu laufen scheint. Inmitten der verwitterten, angrenzenden Mauern wird es plötzlich ganz still und der Trubel vor den Toren ist kaum mehr wahrzunehmen. Eine Oase in der Stadt und ein kleines Restaurant, das überwiegend den Gästen des angrenzenden Ministeriums dient, bietet auch jedem, der sich dorthin verirrt ein typisch portugiesisches Essen. Das nutzen wir für ein ausgiebigen Lunch bevor wir einen Blick in das Hauptgebäude warfen, jedoch erfahren mussten, dass man dort wiederum nur mit Termin reinkommt.

Palacio da Independência

In unmittelbarer Nähe liegt die Kirche Sao Domingos, die bei einem Brand 1959 schwer beschädigt wurde und bis auf ein neues Dach praktisch unverändert dort steht. Wie seigte mein Cousin so schön: Es zeigt die Vergänglichkeit allen Irdischen, auch der Kirche.


Sao Domingos

Danach ging es in die Mouraria. Zuerst betraten wir ein Haus, bei dem ich mich fragte, ob das überhaupt erwünscht sein. Es sah total heruntergekommen aus, und ich war mal auf die Überraschung gespannt, die Quim uns ankündigte. Zwar erschien es uns, mal ganz schön gewesen zu sein, jedoch muß das lange her gewesen sein. Beim Betreten des Treppenhauses allerdings, war uns klar was er meinte. Es ist komplett mit Azulejos ausgekleidet, die auch schon ziemlich alt sind. Wie damals üblich, und heute nicht mehr so, erzählten die Wandbilder eine Geschichte. In diesem Fall das Leben von Josef von Nazareth. Je weiter wir hinaufstiegen, desto beeindruckter waren wir. Gepaart mit dem morbiden des Verfallenen Hauses, gaben die doch gut erhaltenen Azulejos einen tollen Kontrast ab.
Oben angekommen, fanden wir uns wiederum in einem kleinen Dachgarten wieder, der einen Blick über die Dächer offenbarte.

Hinter den Kulissen

Lissabon bietet viele solche Orte. Kürzlich las ich, dass Lissabon die Stadt der Patina sei. Wir treffend! Es ist eine Stadt in der sich hinter fast jeder noch so abweisenden Haustüre und Eingang eine museumsähnliche und beeindruckende Welt befinden kann. Man muss sich nur trauen auch dahinter zu schauen. Gerade die alten, öffentlichen Häuser, sofern sie nicht verschlossen sind, sind es durchaus wert, dass man sie mal betritt und sich hineinziehen lässt. Man wird sich wundern was es alles zu entdecken gibt. Wir jedenfalls haben nicht schlecht gestaunt und uns gewundert, dass nicht mehr für deren Erhalt getan wird. Allerdings hege ich die Hoffnung, dass mit dem Geld, das ins Land kommt, auch solche Perlen entdeckt werden und eine angemessene Würdigung erfahren werden um auch in 50 Jahren noch die Geschichten der Vergangenheit erzählen zu können.
Mouraria... Eines der geschichtsträchtigsten Viertel der Stadt, wird nun langsam wiederentdeckt. Der Name geht auf die Mauren zurück, die nach der Wiedereroberung der Stadt im Jahre 1147 durch D.Afonso Henriques, nicht mehr innerhalb der Stadmauern leben durften und sich entlang der Rua da Mouraria ansiedelten. Im Laufe der Zeit bildete sich dort ein Gemisch der Kulturen wie es kaum woanders in der Stadt existierte und noch existiert. Heutzutage leben dort viele Asiaten und Menschen aus den ehemaligen Kolonien, aber auch viele alteingessesene Familien. Hier kann man auch als Besucher die Vielfalt der Kulturen erleben, wie beispielsweise in indischen, afrikanischen oder brasilianischen Restaurants.





Mouraria

Das Viertel ist bekannt dafür, die Wiege des Fado zu sein. Jene melancholische, gesangliche Ausdrucksform, die inzwischen über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist und sogar zum Kulturerbe der Menschheit von der UNESCO erhoben. Es hat sich was getan in der Mouraria, die ich schon lange nicht mehr besucht habe. Viele Künstler haben in den schmalen und verwinkelten Gassen ihre Werke hinterlassen und auch die Bausubstanz wird inzwischen aufpoliert. Vor allem der Bezug zum Fado wird hier mit Stolz gelebt und gezeigt. Bilder und Konterfeie berühmter Sänger/innen findet man immer wieder. In ihren weit verzweigten Gassengewirr kann man sich gut verlaufen, das es noch so existiert, wie es im Mittelalter gebaut wurde. Hintergrund und Unterschied zur Baixa z.B. ist, dass die Viertel am Hang vom Erdbeben 1755 weitestgehend verschont wurden, und nicht nach den Plänen des Marquês de Pombal wieder aufgebaut werden mussten. Bei unserem Streifzug durch das Viertel jedenfalls stellte sich die Frage warum die Mouraria eigentlich im Schatten des Nachbarviertels Alfama steht?




Über die Escadinhas de S. Cristovao, an der sich ein bekanntes Fado-Graffitti befindet, verließen wir die Mouraria und setzten unsere Tour in nördlicher Richtung fort. Wir bewegten uns, parallel zur Av. da Liberdade auf der Rua Portas de S. Antao und deren Verlängerung, kamen wir vorbei an einem der kaum bekannten Standseilbahnen. Es gibt insgesamt drei, wovon die "Gloria" und "Bica" inzwischen totale Touristenattraktionen sind. An der Calcada do Lavra gibt es eine gleichnamige Bahn, die kaum Besucher befördert und somit noch zu den "geheimeren" Tipps gezählt werden darf.
Unser Ziel war ein weiteres nettes Café, nämlich das im Hospital S. Marta, das an einem klassischen Garten im Hof des Krankenhauses liegt. Kaum frequentiert und somit eine weitere Oase der Ruhe, konnten wir uns dort entspannen von dem inzwischen mehrstündigen Marsch.
Lissabon ist geteilt! Eine Stadt in der sich zwei Fronten gegenüberstehen und die ihre Überzeugung ziemlich rigoros verteidigen. Die Lager sind als Benfiquistas und Sportinguistas bekannt und i.d.R. bekommt man die Zugehörigkeit schon mit in die Wiege gelegt. Es sind die beiden Großclubs der Stadt, Benfica und Sporting. Der dritte Club aus Belem, spielt heutzutage kaum noch eine Rolle.
Als bekennender Benfiquista ist für mich ein Stadionbesuch, während der Besuche, Pflicht. So war es auch diesmal, als wir ein Ligaspiel besuchten. Mit gleichgesinnten Cousins schauten wir uns ein Ligaspiel an. Es ist immer eine willkommene Gelegenheit um sich mit ein paar Angehörigen zu treffen und die gemeinsame Leidenschaft zu teilen. Am Ende war der Sieg hart erkämpft, und deshalb war das Publikum sehr geteilter Meinung über die Art und Weise des Erfolgs.
Das in Lissabon inzwischen viel getan wurde, merkt man auch daran, dass Radfahrer inzwischen immer mehr im Stadtbild vertreten sind. Wärend vor 10 Jahren bestenfalls mal am Wochenende Radfahrer zu sehen waren, die ihrem Ausgleichssport nachgingen, gibt es heutzutage schon viele, die ihre Besorgungen auf dem Velo erledigen. Dies ist auch dem Umstand geschuldet, dass es immer mehr Radwege gibt, die es ermöglichen sich einigermaßen ungefährdet zu bewegen. Ein Umstand, der sich auch in diversen Fahrradverleihen niederschlägt. Gerade entlang des Tejo ist ein fast durchgängig befahrbarer Weg von Parque das Nacoes bis Belem entstanden, der unsere Neugier geweckt hat. Wir liehen uns zwie fahrbare Untersätze bei Bikeiberia in der Nähe des Cais do Sodré. Es dürfte einer der größten Verleihe sein und er bietet neben Verleih auch geführte Touren für jeden Geschmack an. Die Räder waren leider etwas runtergerockt, weswegen wir beim nächsten mal sicher woanders leihen würden, aber für unsere Absichten reichte es.


Mit dem Rad nach Belem

Wir starteten am Café Ribeira das Naus, wo wir uns erstmal stärkten. Danach ging es weiter in westlicher Richtung, nach Belem. Beim Radweg muß man etwas Abstriche machen. Er ist nicht immer eindeutig markiert und hat z.b. auch keinen separaten Belag usw. Dennoch findet man meistens die vorgeschlagene Route, die grob gesehen, entlang der Av. Brasilia fürht. Diese ist meistens auch recht schön, nämlich dann, wenn sie an den belebten Spots des Ufers entlangführt, also an Cafés, Bars und Restaurants. Das ist aber, vor allem im Mittelteil, nicht immer so, und man befährt auch die Rückseite des Containerhafens. Dennoch kein Grund zur Sorge, denn ab Alcantara ist es wirklich bilderbuchmäßig. Man fährt unter der Brücke durch und die Perspektiven und Ausblicke laden immer wieder zu Stops ein, um das Panorama zu genießen. Wenn man dann nach Belem reinkommt, erblickt man zuerst das neu errichtete Architektur und Technikmuseum "MAAT". Allein die Form, mit der Aussichtsplatform zwingen zu einem Stop. Von oben hat man dann einen fabelhaften 360° Blick über dend Fluß und die Dächer Belems.


Das Maat

Direkt dahinter liegt das ehemalige E-Werk, das heute das Elektrizitätsmuseum beherbergt. Danach kommt man schon nach Belem und es wurde voller. Busladungen von Touris wurden angekarrt und wieder abtransportiert. Bei dem Wetter und der Location auch kein Wunder, denn gehört der Stadtteil doch zu den beliebtesten Attraktionen der Stadt, auch weil hier einige der wichtigsten Sehenswürdigkeiten recht nah beieinander liegen. Aufgrund der vielen Menschen und weil sich grade die Gelegenheit in Form eines eintreffenden Eisverkäufers bot, nutzten wir die Gelegenheit um uns zu erfrischen. Der Wagen war von Pizprieto, das köstliche hausgemachte Eissorten mit ganzen Fruchtstücken usw anbietet.
Danach erreichten wir bald das Entdeckerdenkmal und weiter vorne die Torre de Belem, ein Weltkulturerbe. Den Titel merkte man auch, denn die Schlange vor dem Kassenhäuschen war beträchtlich.
Das alles ließen wir hinter uns, denn wir wollten noch woanders hin. Wir hielten kurz beim Museu do Combatente, das sich im Forte do Bom Successo befindet. Das Fort wurde 1780 errichtet und diente als letzte Verteidigungslinie für Belem. Hier wurde ein Mahnmal und Denkmal für alle gefallenen portugiesischen Soldaten errichtet, die im Ausland im Dienst fielen. Entlang einer Mauer wurden alle Namen eingraviert.

Museu do Combatente

Unser Ziel aber war die Fundacao Champalimaud, die eine Forschungseinrichtung für medizinische Zwecke, aber auch Klink ist. Drumherum kann man, unweit von den Hauptsehenswürdigkeiten von Belem, relativ ruhig und ohne Menschenmassen, die Sonne und den Ausblick genießen.

An der Fundacao Champalimaud

Auf dem Rückweg wählten wir den Weg durch Belem. Wir hatten festgestellt, dass das Rad ein ideales Fortbewegungsmittel war. Trotz der diversen Fotopausen und entspannten Fahrweise waren wir top in der Zeit und konnten zuerst noch ein Kaffee am Museu do Combatente nehmen bevor wir die Stadtautobahn am Entedeckerdenkmal unterquerten und uns zum Jardim Botanico Tropical begaben. Der Eingang liegt etwas versteckt hinter dem Hieronymuskloster. Dort finden sich viele tropische Pflanzen und auch Tiere, die frei herumlaufen. Der Park selbst ist nicht sonderlich groß und innerhalb etwa einer Stunde gut zu besuchen. Es gibt etliche kleine Wege und Sitzgelegenheiten unter exotischen Bäumen. Leider ist der kleine Stadtpalast Condes da Calheta, am oberen Ende, geschlossen gewesen. Dort findet sich eine Xylothek mit über 3000 Exponaten und ein Informationszentrum für Interessierte. Auch das über 100 Jahre alte Gewächshaus war zu Wartungszwecken geschlossen. Dafür haben wir viele zutrauliche Tiere, wie Enten, Fasane usw.





Jardim Botânico

Um die Ecke liegt die Antiga Confeitaria de Belem,  besser bekannt wegen deren Hauptprodukt, den Pasteis de Belem. Vor dem Rückweg wollten wir dort noch ein, zwei Pasteis essen. Als wir jedoch um die Ecke bogen, standen wir quasi am Ende der Schlange, die gute 50m lang war. Obwohl die meisten zwar die Pasteis zum mitnehmen kaufen wollten, war es selbst drin so voll, dass wir unverrichteter Dinge wieder abzogen. In Jahrzehnten, die ich dort hingehe, ist mir das zum ersten mal passiert.

Ribeira das Naus

Zu Abend aßen wir dann endlich mal im TimeoutMarket. Es war nicht zu voll dort und somit konnten wir entspannt rumlaufen und uns umsehen. Am Ende jedoch entschieden wir uns für ein Menü am Tresen eines der Stände. Das Cozinha da Felicidade ist eine Dependance von Susana Felicidade, die noch das Pharmacia im Museu da Farmacia betreibt. Wir hatten klasse Schweinebäckchen auf Süßkartoffelpüree und hervorragende Kroketten mit Entenfleisch an Orangenkompott.


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